Welt-Alzheimertag: Jeder dritte Fall vermeidbar
Die Zahl demenzkranker Menschen wird weltweit und auch in der Schweiz weiter dramatisch steigen – sofern nicht gegengesteuert wird. Dass dies prinzipiell möglich ist, beweist erneut eine Studie aus den USA. Ihr zufolge liesse sich eine von drei Alzheimererkrankungen verhindern.
Das persönliche Risiko, an Alzheimer zu erkranken, setzt sich aus einer Vielzahl genetischer Faktoren einerseits und Umweltbedingungen wie dem Lebensstil andererseits zusammen. Während man das Erbgut nicht grundsätzlich verändern kann, lässt sich über Umweltfaktoren einiges bewirken, wie Forschende der University of California in San Francisco errechnet haben.
Acht Risikofaktoren, die man beeinflussen kann
Dazu konzentrierten sie sich auf acht bekannte Demenz-Risikofaktoren: körperliche Inaktivität, Rauchen, Depression, Diabetes mellitus, Adipositas oder Bluthochdruck im mittleren Lebensalter sowie Schwerhörigkeit. Ein weiterer Faktor, den die Forschenden berücksichtigen, war eine geringe Bildung, die ebenfalls das Alzheimerrisiko erhöht. Dies allerdings kann der Einzelne schwerlich beeinflussen – hier ist insbesondere das Bildungssystem gefragt.
Für jeden einzelnen Faktor errechneten die Forschenden den Anteil der Alzheimererkrankungen in der Bevölkerung, die auf den jeweiligen Faktor zurückzuführen waren. Realistischerweise gingen die Forschenden nicht davon aus, dass man Risikofaktoren auf Null herunterfahren könnte, sondern gingen von einer Reduktion um jeweils 25 Prozent aus.
Zugrunde lagen Daten der BRFSS-Erhebung („Behavioral Risk Factor Surveillance System“), die in Kalifornien 9.836 und in den gesamten USA 378.615 Personen über 18 Jahren erfasst hatte.
Rund ein Drittel weniger Betroffene
Das Ergebnis: Mit einer Reduktion der Risikofaktoren um 25 Prozent liessen sich die Alzheimerfälle in Kalifornien um 28,9 Prozent reduzieren, US-weit wären es sogar 36,9 Prozent.
Die Unterschiede ergaben sich, weil die verschiedenen Risikofaktoren unterschiedlich stark in der jeweiligen Gruppe ins Gewicht fielen. In einer Personengruppe beispielsweise, in der mehr Menschen übergewichtig oder inaktiv sind, lässt sich mit entsprechenden Lebensstiländerungen mehr erreichen als in einer Gruppe mit ohnehin eher aktiven und schlanken Menschen.
So betrug der Einfluss eines niedrigen Bildungsstandes in Kalifornien 14,9 Prozent (USA 11,7 Prozent), einer Adipositas 14,9 Prozent (USA 17,7 Prozent) und von körperlicher Inaktivität bzw. Bewegungsmangel 10,3 Prozent (USA 11,8 Prozent).
Wenn die Gesellschaft altert
Insgesamt liessen sich durch eine Reduktion der kombinierten Risikofaktoren um 25 Prozent 40.000 Demenzfälle allein in Kalifornien und 445.000 Fälle in den gesamten USA verhindern. Derzeit leiden in Kalifornien 199.246 und US-weit 2.287.683 Menschen unter Demenz. In neun von zehn Fällen handelt es sich dabei um Alzheimer.
Aktuell leben in der Schweiz Schätzungen zufolge rund 150.000 Menschen mit Demenz. Aufgrund des wachsenden Anteils alter Menschen in der Bevölkerung rechnen Mediziner damit, dass diese Zahl, sofern man nicht gegensteuert, bis zum Jahr erheblich steigen wird.
Autoren- & Quelleninformationen
- Bundesamt für Gesundheit (BAG), Zahlen & Fakten zu Demenz, Stand: 16.09.2022, unter: www.bag.admin.ch (Abrufdatum: 19.09.2022)
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Österreichischer Demenzbericht, Stand: 28. Jänner 2020, unter: www.sozialministerium.at (Abrufdatum: 19.09.2022)
- Hoffmann CM et al. Importance of Accounting for Regional Differences in Modifiable Risk Factors for Alzheimer's Disease and Related Dementias: The Case for Tailored Interventions. J Alzheimers Dis 2022 Jul 30. doi: 10.3233/JAD-220278
- Livingston G. et al. Dementia prevention, intervention, and care: 2020 report of the Lancet Commission. The Lancet Commissions 2020; 396: 10248, p413-446, August 08, 2020
- Pressemitteilung, Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN), 19.09.2022