Frau liegt auf der Coauch mit Migräne

Warum Migräne so oft mit der Menstruation kommt

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Viele Frauen mit Migräne kennen das Problem: Kurz vor oder während der Menstruation werden sie von Migräne-Attacken heimgesucht. Dahinter könnte ein Entzündungsbotenstoff stecken, der auf zyklusbedingte Hormonschwankungen reagiert. Die gute Nachricht: Es stehen bald Medikamente zur Verfügung, die helfen können.

Calcitonin Gene-Related Peptide“ - kurz CGRP - heisst die körpereigene Substanz, die Attacken provozieren kann. Bei Migräne wird sie vermehrt im Gehirn ausgeschüttet. Daraufhin erweitern sich die Blutgefässe im Gehirn stark. Die so provozierte Entzündungsreaktion könnte einer der Gründe für starke Kopfschmerzen bei Migräne sein, vermuten Forschende schon länger.

Östrogenschwankungen bewirken Entzündungsreaktionen

„Experimente mit Tieren liefern Hinweise, dass Schwankungen von weiblichen Hormonen – insbesondere von Östrogen – zu einer verstärkten Freisetzung des Entzündungsbotenstoffs CGRP im Gehirn führen“, erklärt Dr. Bianca Raffaelli vom Kopfschmerzzentrum der Klinik für Neurologie am Charité Campus Mitte.

Mit ihrem Team hat die Forscherin untersucht, ob der Zusammenhang zwischen weiblichen Hormonen und der Ausschüttung von CGRP auch beim Menschen besteht. Dazu bestimmten die Forschenden bei Migränepatientinnen zweimal im Verlauf des Zyklus den CGRP-Spiegel: einmal während der Monatsblutung sowie zum Zeitpunkt des Eisprungs.

Oft höhere Konzentration von CGRP bei Frauen mit Migräne

Ein Vergleich mit nicht von Migräne betroffenen Frauen zeigte: Zu Beginn der Menstruation war die Konzentration von CGRP bei Migräne-Betroffenen deutlich höher als bei den gesunden Kontrollpersonen.

„Wenn der Östrogenspiegel zur Einleitung der Periode sinkt, schütten die Migränepatientinnen vermehrt CGRP aus“, so Raffaelli. „Das könnte erklären, warum die betroffenen Frauen kurz vor und während der Monatsblutung häufiger Migräneattacken erleben.“

Migräne nimmt nach den Wechseljahren ab

Dafür spricht auch, dass die Einnahme der Pille bei manchen Frauen die Migräne deutlich bessern kann. Sie bewirkt, dass der Östrogenspiegel gleichmässiger verläuft. Auch dass zu Beginn der Wechseljahre die Migräne oft schlimmer wird, die Beschwerden am Ende der Wechseljahre aber oft deutlich abnehmen können, spricht für einen Zusammenhang.

Und: Der Zusammenhang zwischen Östrogenschwankungen und Migräne könnte ausserdem erklären, warum Frauen dreimal häufiger unter Migräne leiden als Männer.

Therapie auf den Zyklus abstimmen?

Vielversprechend scheint daher der Einsatz von Medikamenten, die die Ausschüttung von CGRP hemmen, die zur Behandlung von Migräne entwickelt wurden. Solche Medikamente sind bereits zugelassen, derzeit aber noch nicht verfügbar. Zu klären ist die Frage, ob es sinnvoll sein könnte CGRP-Hemmer abhängig vom Zyklus zu verabreichen, so Raffaelli.

Welche Auslöser gibt es noch?

Allen betroffenen Patientinnen werden die Medikamente allerdings nicht helfen können: „Es gibt auch Frauen, die auch ohne Hormonschwankungen Migräne bekommen. Wir vermuten, dass bei ihnen andere Prozesse im Körper eine Rolle bei der Entstehung einer Attacke spielen. Denn CGRP ist nicht das einzige entzündliche Peptid, das Migräne auslösen kann“, so die Neurologin.

Die Ergebnisse müssen noch an Studien mit mehr Teilnehmerinnen erhärtet werden. Ausserdem will das Forschungsteam untersuchen, welche körperlichen Prozesse durch den Menstruationszyklus konkret beeinflusst werden und so zur Entstehung von Migräneattacken beitragen könnten – zum Beispiel die Funktion der Blutgefässe oder die Erregbarkeit des Gehirns.

Ausserdem wollen die Forschenden auch den Zusammenhang von CGRP-Spiegel und Migräne bei Männern unterschiedlicher Altersgruppen untersuchen.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Bianca Raffaelli et al.: Sex Hormones and Calcitonin Gene–Related Peptide in Women With Migraine: A Cross-sectional, Matched Cohort Study, Neurology, 22. Feb 2023, DOI: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000207114
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