Vater und Sohn machen Picknick

Warum Männer im Sommer mehr Hunger haben

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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UV-Strahlung der Sonne bewirkt, dass die Haut grössere Mengen des Appetit-Hormons Ghrelin freisetzt. Warum nur – und wieso gilt das nur für Männer?

Sonne macht hungrig: Männer erhöhen ihre Nahrungsaufnahme in den Sommermonaten von März bis September um rund 300 Kilokalorien am Tag. Das zeigt zumindest eine israelische Studie mit 3000 Teilnehmenden. Für die untersuchten Frauen galt das nicht.

Hungerhormon im Blut

Um den Ursachen des Phänomens auf die Spur zu kommen, setzten die Forschenden um Prof. Carmit Levy von der Universität Tel Aviv Freiwillige 25 Minuten lang der Mittagssonne aus und analysierten anschliessend ihr Blut. So stellten sie fest, dass das Sonnenbad den Spiegel des appetitanregenden Hormons Ghrelin im Blut der Männer steigen liess, nicht aber den der Frauen.

Normalerweise wird Ghrelin überwiegend im Magen-Darm-Trakt gebildet. In diesem Fall aber, stellten die Forscher anhand von Hautproben fest, waren es die Fettzellen der Haut, die mit der Ghrelin-Produktion auf eine Schädigung durch UV-Strahlen reagieren.

Ghrelin hilft Genschäden zu reparieren

Das erscheint durchaus sinnvoll: Tatsächlich erfüllt Ghrelin neben der appetitanregenden Wirkung noch viele weitere Funktionen im Körper. Unter anderem unterstützt es die Reparatur von DNA-Schäden in Zellen – und genau das braucht die sonnengeschädigte Haut.

Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Eiweissstoff p53, der die Ghrelin-Ausschüttung in den Hautfettzellen anstösst. Das Protein ist der Wissenschaft vor allem für die Hemmung von Tumorwachstum bekannt.

Versuche mit Mäusen bestätigten den Zusammenhang: Unter UV-Einfluss frassen männliche Nager mehr – und sie legten ein intensiveres Futtersuchverhalten an den Tag. Anders war das bei Mäusen, bei denen man das Gen zur Produktion von p53 ausgeschaltet hatte. Bei genetisch derart veränderten Männchen löste UV-Licht keinen zusätzlichen Appetit aus.

Östrogen blockiert den Mechanismus

Über die Eigenschaften von p53 lässt sich zudem erklären, warum Frauen nicht mit grösserem Appetit auf Sonnenlicht reagieren: Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen hindert das Protein daran, den Befehl zur Ausschüttung von Ghrelin zu geben.

Was zunächst also vielen eher ungünstig erscheint – nämlich die zusätzliche Kalorienaufnahme –, erweist sich letztlich als durchaus nützlich für Männer.

Hinzu kommen weitere positive Effekte von Ghrelin: Es senkt auch den Blutdruck, was Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirkt – und es reduziert Entzündungsreaktionen, was ebenfalls das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall senkt. „Ghrelin könnte der Faktor sein, der erklärt, warum Sonnenexposition Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirkt."

Lichttherapie gegen Appetitlosigkeit

Menschen, die unter Appetitlosigkeit leiden, beispielsweise aufgrund einer Chemotherapie, könnte eine Lichttherapie helfen, schreiben die Forschenden. Auch dieser positive Effekt dürfte sich allerdings auf Männer beschränken.

Autoren- & Quelleninformationen

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Shivang Parikh et al.: Food-seeking behavior is triggered by skin ultraviolet exposure in males, Nat Metab, 15. Juli 2022, DOI: https://doi.org/10.1038/s42255-022-00587-9
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