Frau boxt

Warum Frauen besser mit Viren fertig werden

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Frauen besitzen - anders als Männer - zwei X-Chromosomen. Auf diesen sitzt auch jeweils ein bestimmtes Gen, das die Immunabwehr beeinflusst. Das könnte erklären, warum Frauen Viren oft erfolgreicher abwehren als Männer.

Höherer Schutz trotz geringerer Anzahl an Killerzellen

Ob Grippe oder Sars-CoV-2: Frauen, die sich einen Virusinfekt eingefangen haben, kommen mit den Erregern oft deutlich besser zurecht als Männer. Das ist auf den ersten Blick umso verblüffender, als sie über weniger Natürliche Killerzellen (NK) verfügen als Männer. Das sind Abwehrzellen, die unter anderem von Viren befallene Körperzellen abtöten.

"Unklar war, warum die höhere Anzahl von NK-Zellen Männer im Vergleich zu Frauen nicht besser vor Viruserkrankungen schützt“, erklärt Timothy E. O’Sullivan von der David Geffen School of Medicine an der University of California in Los Angeles.

Weibliche Killerzellen sind effektiver

Der Forscher und sein Team haben nun in Experimenten mit Mäusen eine mögliche Erklärung für das scheinbare Paradox gefunden: Dank des zweiten X-Chromosoms besitzen weibliche Körperzelle ein weiteres Exemplar des sogenannten UTX Gens, das als sogenannter epigenetischer Immunregulator fungiert. Es reduziert zwar die Anzahl der natürlichen Killerzellen, steigert aber zugleich deren antivirale Schlagkraft.

Normalerweise dienen die Gene auf dem zweiten X-Chromosom als stille Reserve. Die enthaltenen Gene werden grösstenteils nicht abgelesen. Anders scheint es jedoch bei UTX zu sein.

„Es ermöglicht Frauen, Virusinfektionen effizienter zu bekämpfen ", sagt Co-Senior-Autorin Maureen Su, Professorin für Mikrobiologie, Immunologie und Molekulargenetik.

Hormone haben keinen Einfluss

Die Aktivität der Killerzellen bei weiblichen Tieren blieb der von männlichen auch dann überlegen, wenn die Tiere keine Eierstöcke beziehungsweise Hoden besassen. Von den Hormonen, die diese Geschlechtsorgane produzieren, war der beobachtete Effekt somit unabhängig.

Bei weiblichen Mäusen, die unnatürlich wenig UTX produzierten, beobachteten die Forschenden wiederum eine schlechtere Virusabwehr. UTX scheint somit ein zentraler molekularer Faktor der Geschlechtsunterschiede in natürlichen Killerzellen zu sein.

Allerdings hat die gesteigerte Schlagkraft des weiblichen Immunsystems auch eine Kehrseite: Frauen erkranken häufiger an Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose. Bei diesen Krankheitsformen wendet sich das Immunsystem gegen die eigenen Körpergewebe.

Erste Abwehrlinie des Körpers

Etwa 10 bis 15 Prozent der weissen Blutkörperchen sind Natürliche Killerzellen. Sie gehören zum angeborenen Immunsystem und stellen die erste Abwehrlinie des Körpers. Natürliche Killerzellen reagieren unmittelbar auf körperfremde Strukturen und eliminieren so Viren oder Tumoren.

Der Umstand, dass diese Abwehrzellen bei Männern schwächer sind, könnte auch erklären, warum Männer in der Corona-Pandemie etwa dreimal häufiger schwere Krankheitsverläufe hatten als Frauen. Da ihre Erstabwehr schwächer war, wurden zu Beginn möglicherweise weniger Viren abgefangen.

Die spezifische Immunabwehr kommt bei unbekannten Infekten erst später zum Zuge. Sie besteht vor allem aus anderen weissen Blutkörperchen, den T- und B-Zellen. Diese haben sich auf konkrete Bedrohungen spezialisiert und bilden sich erst einige Zeit nach dem ersten Kontakt mit dem Erreger.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Mandy I. Cheng et al.: The X-linked epigenetic regulator UTX controls NK cell-intrinsic sex differences, Nature Immunology, 16. März 2023, DOI: https://doi.org/10.1038/s41590-023-01463-8
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