Trotz Impfung: Erst Gürtelrose, dann Schlaganfall

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Menschen, die eine Gürtelrose entwickeln, haben ein erhöhtes Risiko, kurz darauf auch einen Schlaganfall zu erleiden. Das gilt auch für Patienten, die trotz einer Gürtelroseimpfung erkranken.

Wer sich in der Kindheit Windpocken einfängt, kann später im Leben eine Gürtelrose bekommen. Denn das Herpes-Zoster-Virus, das die Windpocken verursacht, nistet sich langfristig in die Ganglien der Hirn- und Rückenmarksnerven ein. Schwächelt das Immunsystem, bricht es entlang der Nervenbahnen wieder aus - Gürtelrose entsteht.

Diese ist sehr schmerzhaft – bei manchen Patienten bleiben die Schmerzen sogar dauerhaft bestehen. Doch das ist nicht die einzige Gefahr: Im Zuge einer Gürtelrose steigt auch das Risiko für einen Schlaganfall. Das haben bereits frühere Studien gezeigt.

In der ersten Woche nach dem Auftreten der Gürtelrose steigt das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, um das 2,4-Fache, hatte beispielsweise eine Forschergruppe vom Olmsted Medical Center in Rochester errechnete. Nach und nach sinkt die Gefahr dann wieder auf ein normales Niveau.

Verstärkte Blutgerinnselbildung und Stress

Mögliche Erklärungen gibt es einige. So können Entzündungen die Bildung von Blutgerinnseln begünstigen, die wiederum einen Schlaganfall auslösen können. Auch könnte der der Blutdruck durch Schmerz und Stress und beim Ausbruch einer Gürtelrose steigen, mutmassen Mediziner. Hinzu kommt, dass das Virus die Funktion der Blutgefässe zu beeinflussen scheint.

Vor allem ältere Menschen, deren Immunkräfte langsam nachlassen, entwickeln eine Gürtelrose. Ab dem 50ten Lebensjahr wird daher eine Gürtelrose-Impfung empfohlen. Ungeimpft erkrankt jeder dritte Mensch im Laufe seines Lebens an Gürtelrose.

Weniger Schlaganfälle nach Impfung?

Allerdings schützt der ältere, bis 2018 gebräuchliche Lebendimpfstoff gegen Gürtelrose nicht besonders zuverlässig. Forscher haben nun untersucht, ob die Impfung im Falle eines Wiederaufflammens des Virus vor einem Schlaganfall bewahren könnte. Denkbar wäre, dass die Impfung den Krankheitsverlauf zumindest abmildert - und so auch das nachfolgende Schlaganfallrisiko senkt. Dazu haben die Forscher die Daten von 87.000 Patienten ausgewertet, die nach einer Gürtelrose einen Schlaganfall erlitten hatten.

Höchstes Risiko in den ersten zwei Wochen

In den ersten zwei Wochen nach Ausbruch der Gürtelrose war das Schlaganfallrisiko am höchsten. Für jene 22 Prozent der Teilnehmer, die weder eine Impfung noch antivirale Medikamente erhalten hatten, war es in diesem Zeitraum doppelt so hoch wie im durchschnittlichen Beobachtungszeitraum.

70 Prozent der Teilnehmer hatten lediglich antivirale Medikamente eingenommen. Bei ihnen lag das Schlaganfallrisiko innerhalb der ersten zwei Wochen um 90 Prozent höher.

Zwei Prozent der Teilnehmer waren gegen Gürtelrose geimpft worden, dann aber doch erkrankt und hatten keine antivirale Therapie erhalten. Bei ihnen lag das Risiko um 66 Prozent höher als im Gesamtzeitraum. Allerdings sind die Fallzahlen hier zu gering, um eine eindeutige Aussage treffen zu können.

Am geringsten war die Wahrscheinlichkeit für eine Hirnblutung in den ersten 14 Tagen bei jenen sechs Prozent, die sowohl eine Impfung als auch eine antivirale Therapie gegen Gürtelrose erhalten hatten – sie war nur um 39 Prozent höher als durchschnittlich über den Gesamtzeitraum betrachtet.

Bester Schutz bleibt die Impfung

Die Ergebnisse legen nahen, dass eine Impfung - auch wenn sie versagt und der Geimpfte doch an Gürtelrose erkrankt - das Schlaganfallrisiko dennoch mindern könnte. 100-prozentigen Schutz bietet sie aber nicht. Gerade während einer Gürtelrose-Erkrankung sollten Patienten daher mögliche Schlaganfallsymptome wie plötzliche Lähmungserscheinungen oder Probleme beim Sprechen ernst nehmen.

Trotz der eingeschränkten Wirksamkeit des Lebendimpfstoffes bleibt die beste Strategie sich impfen zu lassen, und so die Wahrscheinlichkeit für beide Ereignisse - Gürtelrose und anschliessenden Schlaganfall - zu reduzieren. Zudem gibt es seit 2018 einen neuen Impfstoff - einen Totimpfstoff, der besser vor Gürtelrose schützen kann als der alte Lebendimpfstoff. Da der Untersuchungszeitraum der Studie vor seiner Zulassung erfolgte, war er allerdings nicht Gegenstand der Untersuchung. Möglicherweise schützt er aber auch vor einem nachfolgenden Schlaganfall besser als der Lebendimpfstoff.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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