Schwangere hält Babybauch

Schwangerschaft: Hohe Risiken für Ungeimpfte

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Eine Coronainfektion in der Schwangerschaft ist riskant – für Mutter und Kind. Die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) empfiehlt daher schwangeren Frauen eine Impfung.

Wie wichtig diese ist, bestätigt eine schottische Studie. Forscher und Forscherinnen um Sarah Stock von der Universität Edinburgh haben Daten schwangerer Frauen vom Start des schottischen Impfprogramms im Dezember 2020 bis Oktober 2021 ausgewertet. Darunter waren 4.950 Frauen, die sich mit Sars-CoV-2 infiziert hatten.

Für die Ungeimpften unter ihnen war das Risiko, ins Krankenhaus zu müssen, doppelt so hoch wie für Geimpfte, das Risiko einer intensivmedizinischen Behandlung stieg um den Faktor 13. Hinzu kamen erhöhte Risiken für das Ungeborene - unter anderem mehr Fehl- und Frühgeburten.

Mehr Komplikationen bei Ungeimpften

Ungeimpfte Schwangere erlitten deutlich häufiger Komplikationen:

Von den ungeimpften Schwangeren mussten 19,5 Prozent im Krankenhaus behandelt werden, 2,7 Prozent benötigten eine intensivmedizinische Versorgung (ungeimpft = keine Impfung bzw. 1. Impfung weniger als 22 Tage vor Covid-19-Diagnose).

Der Anteil der teilgeimpften Schwangeren, die ins Krankenhaus mussten, war mit 8,3 Prozent nicht einmal halb so hoch. Intensivpflege benötigten von ihnen nur 0,2 Prozent (teilgeimpft = 2. Impfdosis weniger als 15 Tage vor Diagnose).

Von den vollständig geimpften Schwangeren kamen 5,1 Prozent ins Krankenhaus, 0,2 Prozent wurden intensivmedizinisch versorgt (vollständig geimpft = 2. Impfung mehr als 21 Tage vor Diagnose).

Covid-19 gefährdet das Kind

Die Daten der schottischen Untersuchung zeigen zudem, dass eine Coronainfektion auch dem Kind gefährlich werden kann, wenn die Mutter ungeimpft ist.

Das galt insbesondere für die letzten 28 Tage vor der Geburt:

  • 16,6 Prozent der ungeimpften infizierten Mütter brachten ihr Kind vor der 25. Schwangerschaftswoche zur Welt.
  • Bei teilweise und vollständig geimpften Infizierten hingegen entsprach die Zahl der Frühgeburten mit 8,6 und 8,2 Prozent in etwa dem Durchschnitt aller Frühgeburten in der Pandemie (8,0 Prozent).

Dramatisch erhöht war die Zahl der Kinder, die vor oder innerhalb von 28 Tagen nach der Geburt starben (perinatale Todesfälle).

  • Dieses Schicksal traf hochgerechnet 16 von 1000 Kindern, deren Mütter ungeimpft an Covid-19 erkrankten.
  • Noch höher war die traurige Quote bei Kindern, deren ungeimpfte Mütter ihre Diagnose maximal 28 Tage vor der Geburt erhalten hatten. Hier lag sie bei 22,6 von 1000 Geburten und damit viermal höher als im Durchschnitt (5,6 auf 1000).
  • Für Kinder von teilweise oder vollständig geimpften Müttern lag diese Rate bei 4,3 Prozent.

Dazu muss jedoch einschränkend angemerkt werden, dass die Wissenschaftler keine Informationen über Corona-unabhängige Risikofaktoren wie das Alter oder Vorerkrankungen der Schwangeren in ihre Analyse einbezogen haben. Die Experten betonten, dass es nicht möglich sei zu sagen, ob Covid-19 direkt zu den Todesfällen oder Frühgeburten beigetragen habe.

Sars-CoV-2 infiziert auch die Plazenta

Bei der erhöhten Zahl von Früh- und Fehlgeburten spielt sicher der angegriffene Gesundheitszustand der Mütter eine Rolle. Entscheidend beitragen könnte aber auch der Umstand, dass Sars-CoV-2 offenbar in der Lage ist, die Plazenta zu infizieren, über die das Kind versorgt wird.

Forschende um Andrea Edlow vom Massachusetts General Hospital in Boston ist es jetzt gelungen, die Viren in der Plazenta von drei Kindern infizierter Mütter nachzuweisen. Die Viren befanden sich nicht nur auf der mütterlichen Seite des Organs, sondern auch auf der der Kinder. Zwei Mütter erlitten 14 Tage nach einer Sars-CoV-2-Infektion eine Fehlgeburt, ein Kind war vorzeitig in der 31. Woche per Kaiserschnitt geholt worden.

Schwangere lassen sich seltener impfen

Vor dem Hintergrund der beiden Studien ist es umso bedenklicher, dass werdende Mütter den Coronaimpfungen vergleichsweise zurückhaltend gegenüberstehen. Nur jede dritte von den Teilnehmerinnen war vor der Geburt vollständig geimpft. In der gleichen Altersgruppe im Rest der weiblichen Bevölkerung waren es doppelt so viele.

Das lässt sich nur zum Teil damit erklären, dass eine allgemeine Impfempfehlung für Schwangere wegen mangelnder Daten in Schottland erst im April 2021 ausgesprochen wurde. Auch im letzten Monat des Beobachtungszeitraums – also Monate nach Abgabe der Impfempfehlung - waren nur 42 Prozent der Schwangeren vollständig geimpft.

„Um die Gesundheit von Frauen und Babys zu schützen, ist es unerlässlich, die geringe Impfaufnahme bei schwangeren Frauen anzugehen“, schreiben die Autorinnen und Autoren der schottischen Studie. Das gelte insbesondere für Schwangere unter 20 Jahren und solche, die in abgelegenen Gegenden Schottlands lebten. Bei ihnen waren die Impfraten besonders niedrig.

Die Forschenden weisen selbst auf verschiedene Faktoren hin, die die Aussagekraft ihrer Ergebnisse einschränken könnten. Unbekannt war, aus welchen medizinischen Gründen die Frauen stationär behandelt wurden. Zudem wurden, wie erwähnt, mögliche Einflussfaktoren wie Alter und Vorerkrankungen der Frauen nicht berücksichtigt.

Warum Schwangere häufiger schwerer erkranken

Schwangere Frauen infizieren sich zwar nicht leichter mit Sars-CoV-2 als andere, eine Erkrankung verläuft bei ihnen aber häufiger schwer. Ein möglicher Grund dafür ist, dass der Körper seine Immunbereitschaft während der Schwangerschaft herunterfährt. So wird verhindert, dass das Kind als körperfremd bekämpft wird.

mRNA-Impfungen sind sicher für Mutter und Kind

Da Schwangere aus Sicherheitsgründen von den Wirksamkeitsstudien der Impfungen ausgeschlossen waren, herrschte zu Beginn der Impfkampagne Unsicherheit. Inzwischen ist die Datenlage eindeutig: mRNA-Impfungen sind für Mutter und Kind spätestens ab dem zweiten Trimester unbedenklich.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Lydia L Shook et al.: SARS-CoV-2 placentitis associated with B.1.617.2 (Delta) variant and fetal distress or demise, The Journal of Infectious Diseases, 13. Jan 2022, https://doi.org/10.1093/infdis/jiac008
  • Sarah J. Stock et al.: SARS-CoV-2 infection and COVID-19 vaccination rates in pregnant women in Scotland, nature medicine, 13 Jan 2022, https://doi.org/10.1038/s41591-021-01666-2
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