Schnelltests liegen häufig falsch
Schnelltests könnten helfen, die Pandemie einzudämmen und mehr Freiheiten ermöglichen. Doch verlassen kann man sich auf ein negatives Testergebnis nicht.
Sie sollen helfen, Deutschland aus dem Klammergriff des Lockdowns zu führen: Mit einem negativen Antigenschnelltest, so die Hoffnung, könnten Kinobesuche, Konzerte, Restaurantbesuche wieder möglich werden. Auch in Schulen und an Arbeitsstätten sollen die kleinen Plastikkästchen Ausbrüche rechtzeitig eindämmen. Und auch der Osterbesuch bei den Grosseltern verläuft frisch getestet etwas entspannter.
Wie wichtig es aber trotz eines negativem Testergebnisses ist, nicht auf Masken und Abstand zu verzichten, zeigt nun eine grosse Übersichtsstudie der renommierten Cochrane Library. Sie stellt den Tests kein gutes Zeugnis aus: Ihre Ergebnisse sind viel zu häufig falsch.
Teils hohe Fehlerhäufigkeit bei symptomarmen Menschen
Zumindest bei Menschen, die keine Symptome verspüren, versagen sie häufig: Im Schnitt erkennen die Tests nur 58 Prozent von ihnen richtig als infiziert. Von 100 Infizierten bleiben somit 42 unentdeckt. Und das ist lediglich der Durchschnitt.
Tatsächlich schnitten einige Tests noch viel schlechter ab: Beim schwächsten Testkandidaten der Untersuchung fielen sogar zwei Drittel (66 Prozent) der symptomlosen Infizierten durch die Maschen. Beim Zuverlässigsten hingegen waren es nur 12 Prozent.
Wer schon Symptome hat, wird eher erkannt
Zuverlässiger funktionieren die Tests bei Personen mit Symptomen – doch auch hier besteht keine 100-prozentige Sicherheit. Im Durchschnitt identifizierten die Tests 72 Prozent von ihnen. Das bedeutet aber auch, 18 von 100 Infizierten bleiben unerkannt, obwohl sie bereits Symptome hatten – und damit mutmasslich einiges an Virus im Rachen.
Experten befürchten, dass sich viele fälschlich negativ Getestete in falscher Sicherheit wiegen könnten und dann erst recht das Virus verbreiten. „Alle Antigen-Schnelltests übersehen einige Infizierte ", warnt auch Jac Dinnes von der University of Birmingham, die an der Cochrane-Studie beteiligt war.
Deshalb sei es wichtig, allen Menschen mit negativem Testergebnis klarzumachen, dass sie dennoch andere anstecken könnten.
Gute Trefferquote bei Nicht-Infizierten
Deutlich höher war die Trefferquote bei den Nicht-Infizierten: Hier schlossen die Tests 99,5 Prozent der symptomatischen und 98,9 Prozent der symptomfreien infizierten Personen korrekt aus. Falsch positive Ergebnisse waren also selten. Für Betroffene bedeuten sie jedoch unnötige Ängste und Unannehmlichkeiten, bis Entwarnung durch den PCR-Test kommt.
Auch die korrekte Anwendung ist wichtig
Für die Sicherheit scheine nicht nur das Testmodell an sich, sondern auch seine korrekte Anwendung entscheidend zu sein, warnen die Forscher. Das gilt offenbar auch für geschultes Personal. Wie gross der Einfluss ist, sollten weitere Untersuchungen prüfen. Auch sollte die Zuverlässigkeit der Tests nicht nur im Labor, sondern auch im Alltagseinsatz geprüft werden, fordern die Wissenschaftler.
Jede entdeckte Infektion zählt
Insgesamt gesehen werden die Schnelltests den Standards der Weltgesundheitsorganisation WHO mit den Ergebnissen nicht gerecht: Sie sollen mindestens 80 Prozent der Infizierten erkennen und mindestens 97 Prozent der Nicht-Infizierten. Diese Werte erreichen nicht einmal die besten Produkte im Test, und auch nur dann, wenn die Testpersonen Krankheitsanzeichen verspürten.
Als ergänzende Sicherheitsmassnahme können die Tests jedoch einiges bewirken. Denn jede entdeckte Infektion, hilft die sich daraus ergebene Infektionskette zu unterbrechen. Im Extremfall könnte so ein Superspreader-Event verhindert werden.
Autoren- & Quelleninformationen
- Dinnes J et al. Cochrane COVID-19 Diagnostic Test Accuracy Group, Rapid, point-of-care antigen and molecular-based tests for diagnosis of SARS-CoV-2 infection.Cochrane Database of Systematic Reviews 2021, Issue 3. Art. No.: CD013705.DOI: 10.1002/14651858.CD013705.pub2.