Dame schlägt Arme über das Gesicht zusammen

Schlafstörungen und Alzheimer: Wechselseitige Verstärker?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Menschen, die an Alzheimer erkranken, leiden häufig schon Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit unter Schlafstörungen. Wer schlecht schläft, hat ein höheres Risiko, an der Demenzform zu erkranken. Man vermutet daher schon länger, dass Schlafstörungen ein frühes Warnzeichen für die Alzheimer-Krankheit sein könnten. Schlafstörungen wären somit die Folge erster Hirnveränderungen.

Umgekehrt ist aber auch denkbar, dass Schlafstörungen die Alzheimererkrankung begünstigen. Der dahinterliegende Mechanismus könnte eine Störung der Inneren Uhr sein, jenem sogenannten zirkadianen 24-Stunden-Zyklus, der neben dem Schlaf-Wach-Rhythmus auch zahlreiche physiologische Abläufe bis hin zu den Zellfunktionen steuert.

Ein Forscherteam vom Rensselaer Polytechnic Institute in New York hat nun Hinweise darauf gefunden, dass Schlafstörungen und alzheimertypische Hirnveränderungen über die inneren Taktgeber zusammenspielen und sich so gegenseitig verstärken könnten.

Wenn Fresszellen aus dem Rhythmus geraten

Eine Schlüsselrolle spielen dabei Immunzellen, die Mikroglia. Dabei handelt es sich um Fresszellen, die auf das Gehirn spezialisiert sind. Um es gesund zu halten, spüren sie dort unter anderem fehlerhaften Proteine auf und zerstören sie. Eines davon ist Amyloid-Beta. Wird es nicht ausreichend beseitigt, bildet es im Gehirn die für Alzheimer typischen Plaques, welche die Hirnfunktionen bei Betroffenen zunehmend stören.

Das Forschungsteam konnte nun im Labor zeigen, dass die Mikroglia einem Tagesrhythmus folgen, der die Aufräumarbeiten im Gehirn in regelmässigen Wellen anstösst. Solche inneren Taktgeber prägen neben dem Schlaf-Wach-Rhythmus zahlreiche Körperfunktionen und Stoffwechselprozesse – auch auf zellulärer Ebene. In der Wissenschaft spricht man vom zirkadianen Rhythmus.

Gestörte Aufräumarbeiten im Gehirn

Ist der Schlaf gestört, gerät auch die Uhr der Immunzellen aus dem Takt und die Säuberungsroutine verliert ihr Gleichgewicht. "Mit zunehmendem Alter, und insbesondere bei Alzheimer-Patienten, wird dieser Rhythmus instabil“, so Hurley. Bilden sich dann Amyloid-Beta-Plaques, könnten diese die Gehirnzellen schädigen, welche die zirkadiane Uhr steuern. Folge wäre eine weitere Anhäufung von Amyloid-Beta – ein Teufelskreis.

Therapien, welche die Aktivität der Mikroglia gezielt ankurbeln, könnten künftig eine lohnende Option der Alzheimerforschung sein.

Kann die Schlafforschung helfen?

Aber auch alle Massnahmen, die den Schlaf verbessern, könnten sich positiv auf das Alzheimerrisiko auswirken. Die Forscher schlagen hierzu unter anderem Massnahmen vor, die auf die Stärkung des zirkadianen Rhythmus abzielen. Die Schlafforschung zeigt, dass sich durch intensives Tageslicht am Morgen – ob künstlich oder natürlich – die innere Uhr wieder synchronisieren lässt.

"Wenn wir uns um unseren Schlaf oder unseren zirkadianen Rhythmus kümmern, könnte dies die Amyloid-Beta-Belastung über die gesamte Lebensspanne hinweg verringern", sagte Hurley. So liessen sich Ausbruch und Fortschreiten der Demenzerkrankung unter Umständen verzögern und verlangsamen.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Gretchen T. Clark et al.: Circadian control of heparan sulfate levels times phagocytosis of amyloid beta aggregates, PLOS 10. Feb 2022, https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1009994
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