Frau mit Schlafmangel

Schlafmangel begünstigt Alzheimer

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Schlafstörungen können ein frühes Anzeichen einer Demenzerkrankung sein. Doch nun zeigt sich, dass umgekehrt auch Schlafmangel Alzheimer begünstigen könnte: Schon nach einer schlaflosen Nacht reichern sich sogenannte Beta-Amyloide im Gehirn an.

Diese Proteine sind Abfallprodukte des Stoffwechsels, die sich im Hirnwasser anreichern. Bei Alzheimerpatienten verklumpen diese Eiweisse und formen Plaques, die den Untergang der Nervenzellen einläuten könnten.

Bei Mäusen haben Forscher bereits beobachtet, dass Schlafmangel den Βeta-Amyloid-Spiegel steigen lässt. Zudem haben frühere Untersuchungen ergeben, dass Personen, die von Schlafstörungen berichten, mehr Βeta-Amyloid im Gehirn aufweisen.

Auswirkung von Schlafmangel

Ein Team um Dr. Ehsan Shoki-Kojori vom National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA) hat nun erstmals die Auswirkungen von Schlafmangel auf die Amyloid-Beta-Konzentration im menschlichen Gehirn untersucht. Dazu scannten die Forscher die Gehirne von 20 gesunden Probanden zwischen 20 und 72 Jahren nach einem Schlafanzug von 32 Stunden.

Mit einem Positionen-Emissions-Tomografen (PIT) ermittelten sie, dass sich der Eiweissmüll im Thalamus und Hippocampus der Teilnehmer um durchschnittlich 5 Prozent angereichert hatte. Diese Hirnregionen zeigen bereits im Frühstadium von Alzheimer krankhafte Veränderungen.

Zwar steigt die Βeta-Amyloid -Belastung auch bei gesunden Menschen von der Jugend bis ins Alter um etwa 17 Prozent. Bei Menschen mit Alzheimer ist sie im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Personen aber zusätzlich um bis zu 43 Prozent erhöht.

Nicht jeden belastet Schlafmangel gleich

Interessanterweise wirkte sich der Schlafmangel nicht bei allen Teilnehmern gleichermassen aus: Der Grad des Βeta-Amyloid-Anstiegs variierte erheblich, und zwar unabhängig von Geschlecht und Alter. Je mehr Βeta-Amyloid sich ansammelte, desto stärker hatte sich zudem die Stimmung der Probanden nach dem Schlafentzug verschlechtert.

Nächtliche Müllabfuhr im Gehirn

Im Schlaf scheinen demnach wichtige Aufräumarbeiten im Gehirn abzulaufen, die Beta-Amyloide beseitigen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei das sogenannte glymphatische System, das für die Entsorgung von Abfallstoffe im Zentralnervensystem zuständig ist.

Tatsächlich haben vorangegangene Untersuchungen ergeben, dass der Βeta-Amyloid-Spiegel im Gehirn vor dem Schlafen am höchsten und nach dem Aufwachen am niedrigsten ist. Während die Folgen einer schlaflosen Nacht von der körpereigenen Müllabfuhr problemlos nach und nach kompensiert werden dürften, könnte chronischer Schlafmangel Βeta-Amyloid im Gehirn kumulieren lassen.

Kann Schlafhygiene Alzheimer vorbeugen?

„Wir haben deutliche Hinweise darauf, dass Schlafstörungen zu Alzheimer beitragen könnten“, sagt Shoki-Kojori. Die Resultate deuteten darauf hin, wie wichtig eine gute Schlafhygiene für eine reibungslose Hirnfunktion sei und dass sie möglicherweise Alzheimer sogar vorbeugen könnte. Weitere Untersuchungen mit mehr Teilnehmern müssten das Ergebnis noch bestätigen.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Ehsan Shokri-Kojori: β-Amyloid accumulation in the human brain after one night of sleep deprivation, PNAS April 24, 2018. 115 (17) 4483-4488; published ahead of print April 9, 2018. https://doi.org/10.1073/pnas.1721694115
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