Reanimation bei Herzstillstand

Plötzlicher Herzstillstand trifft auch Kerngesunde

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Ein plötzlicher Herzstillstand kann jeden treffen - das zeigt der jüngste Vorfall beim EM-Vorrundenspiel Dänemark gegen Finnland am Samstag: Der 29-jährige dänische Top-Spieler Christian Eriksen brach vor Zehntausenden Zuschauern im Stadion und Millionen Fernsehzuschauern unerwartet auf dem Platz zusammen.

„Es war ein erschreckender Anblick für jeden, der es gesehen hat“, sagte Professor Stephan Achenbach, Präsident der European Society of Cardiology (ESC), der weltweit grössten Organisation von Herzspezialisten.

„Vorläufige Berichte deuten darauf hin, dass Christians Herz auf dem Platz aufgehört hat zu schlagen“, sagt Achenbach. „Er hatte das ausserordentliche Glück, dass ein medizinisches Team sofort zur Stelle war, das unmittelbar mit der Herzdruckmassage begann. Das hat ihm wahrscheinlich das Leben gerettet.“

Plötzlicher Herztod: 65 000 Opfer pro Jahr

Jedes Jahr haben rund 65 000 Menschen in Deutschland nicht so viel Glück: Sie erleiden einen plötzlichen Herztod. Es beginnt mit schweren Herzrhythmusstörungen, dem sogenannten Kammerflimmern, denen binnen weniger Minuten der Herzstillstand folgt.

Die Betroffenen verlieren das Bewusstsein und ihre natürliche Atmung setzt aus. Nach nur drei bis fünf Minuten ohne Blutfluss beginnt das Gehirn unwiederbringlich zu sterben – so schnell schafft es der Notarzt fast nie. Die einzige Rettung sind dann Laienhelfer, die die Zeit bis zum Eintreffen der Notfallmediziner überbrücken.

Nur 40 Prozent trauen sich die Herzdruckmassage zu

„Ein Herzstillstand kann jederzeit und überall auftreten“, so Achenbach – und er kann jeden treffen, wie das Beispiel des kerngesunden, medizinisch sicher bestens überwachten Profisportler Eriksen zeigt. „Die Frage ist: Würden Sie wissen, wie Sie reagieren sollen? Jede Sekunde ist entscheidend.“

Genau hier liegt das Problem: Obwohl jeder die lebensrettende Herzdruckmassage ausführen kann – sogar ein Kind! – scheuen viele davor zurück. Sie befürchten, etwas falsch zu machen.

So trauen es sich Untersuchungen zufolge nur 40 Prozent der Deutschen die Erste-Hilfe-Massnahme zu. „Mit einer Herzdruckmassage schadet man nicht“, sagt Achenbach, „aber man rettet Leben, wenn jemand tatsächlich einen Herzstillstand hat.“

Im Notfall gilt: „Prüfen – Rufen – Drücken"

Bricht ein Mensch bewusstlos zusammen, lassen sich die notwendigen Massnahmen in drei Schlagworten zusammenfassen: „Prüfen – Rufen – Drücken".

Prüfen Sie, ob die Person ansprechbar ist oder auf Rütteln reagiert. Ist das nicht der Fall, prüfen Sie die Atmung.

Rufen Sie den Notruf 112 oder beauftragen Sie jemanden damit.

Drücken: Beginnen Sie mit der Herzdruckmassage. Machen Sie den Brustkorb des Betroffenen frei und drücken das Brustbein beidhändig mit aller Kraft 5 bis 6 Zentimeter nach unten – und das im schnellen Rhythmus (100 bis 120 Mal pro Minute).

Genaueres zum Thema Herzdruckmassage lesen Sie im Artikel „Reanimation bei Erwachsenen“.

Unentdeckte Herzerkrankungen

Das Sudden Cardiac Death Register“ (www.scd-deutschland.de) dokumentiert Herztodfälle in Deutschland.

Demnach sind die meisten Betroffen zwar älter und haben Vorerkrankungen. Die Daten zeigen aber auch, dass selbst junge, vermeintlich gesunde Menschen und sogar Sportler unter unentdeckten kardiovaskulären Erkrankungen leiden.

Häufige Ursachen eines plötzlichen Herztodes bei Sportlern unter 35 sind vorzeitige Verkalkung von Herzkranzgefässen, angeborene Fehlverläufe von Herzkranzarterien und Herzmuskelentzündungen, die auch durch virale oder bakterielle Infekte verursacht werden können. Daher sollte man nach einer vermeintlich überstandenen Infektion nicht zu früh wieder mit dem Sport starten.

Christian Eriksen ist inzwischen auf dem Weg der Besserung. Welche Ursache seinem plötzlichen Herzstillstand zugrunde lag, wird derzeit noch untersucht.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • If it can happen to a professional athlete, it can happen to anyone, Pressemitteilung der European Society of Cardiology (ESC), 13.06.2021
  • Plötzlicher Herzstillstand bei Sportler*innen, Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V., 15.06.2021
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