Mann grübelt

Negative Denkmuster könnten Alzheimer fördern

Von , Medizinredakteurin
Lisa Vogel

Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

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Nicht gut genug! Zu blöd! Total unfähig! Bei vielen Menschen kreisen solche negativen Gedanken wie in einem Kopfkarussell. Immer wieder tauchen Selbstzweifel auf oder die Überzeugung, wertlos zu sein, überschattet das Gemüt. Das wirkt sich nicht nur zerstörerisch auf die Psyche aus: Negative Denkmuster könnten offenbar sogar das Risiko für Alzheimer erhöhen.

Wissenschaftler um Dr. Natalie Marchant des University College London (UCL) haben im Rahmen einer Studie herausgefunden, dass wiederholende negative Gedanken (engl.: „repetitive negative thinking“) die Ablagerung von für Alzheimer typische Eiweisse im Gehirn fördern und die kognitiven Fähigkeiten einschränken können.

Hirn-Stoffwechsel sichtbar machen

Für die Studie untersuchten sie 360 Erwachsene über 55 Jahren. Alle Teilnehmer unterzogen sich sogenannten PET-Scans. Diese diagnostische Methode macht Stoffwechselvorgänge mit Hilfe von radioaktiv markierten Substanzen (Tracer) im Körper sichtbar. Die Tracer werden beim PET-Scan in die Blutbahn injiziert, ein angeschlossener Computer erstellt dann Bilder anhand der Strahlung, die der Körper nach der Gabe der Tracer abgibt.

Während des Scans testeten die Forscher Gedächtnis, Aufmerksamkeit, räumliche Wahrnehmung und Sprachkompetenz der Probanden. Bei einigen Teilnehmern suchten sie ausserdem nach Ablagerungen im Gehirn, die typischerweise bei Alzheimer entstehen – den sogenannten Amyloid- und TAU-Proteine. Ausserdem füllten alle Teilnehmer Fragebögen aus, die mögliche negative Denkmuster aufdeckten.

Negative Denkmuster vermindern geistige Leistung

Im Vergleich zu den übrigen Teilnehmern verschlechterte sich bei Menschen mit ausgeprägten negativen Denkmustern Gedächtnis und kognitive Fähigkeiten über einen Zeitraum von vier Jahren stärker. Solche Einbussen können ein frühes Anzeichen von Alzheimer sein. Ausserdem fanden die Forscher bei ihnen mit grösserer Wahrscheinlichkeit Amyloid- und Tau-Ablagerungen im Gehirn.

Erklären liesse sich dieser Zusammenhang über die physiologischen Reaktionen, die Stress im Körper bewirkt. Unter Stress steigt der Blutdruck und es werden entzündungsfördernde Botenstoffe wie Kortisol ausgeschüttet. Solche Faktoren stehen schon lang im Verdacht, Alzheimer zu begünstigen.

Kurze Krise hat wohl keine Auswirkungen

Eine kurze Sinnkrise oder eine kurze depressive Verstimmung habe laut Psychiaterin Marchant wohl kaum negativen Auswirkungen: „Wir glauben nicht, dass kurzfristige Rückschläge das Demenzrisiko erhöhen.“ Die negativen Denkmuster erhöhten das Demenzrisiko wohl erst, wenn sie über einen langen Zeitraum bestehen.

Prävention: Achtsamkeit rückt in den Fokus

Co-Autor Dr. Gael Chételat sagt: "Unsere Gedanken können einen biologischen Einfluss auf unsere körperliche Gesundheit haben, der positiv oder negativ sein kann. Mentale Trainingspraktiken wie Meditation können dazu beitragen, das Positive zu fördern und negative mentale Schemata herunter zu regulieren.“

Um herauszufinden, ob das Durchbrechen der negativen Denkmuster, zum Beispiel im Rahmen einer Therapie, das Alzheimer-Risiko verringert, sind weitere Untersuchungen notwendig.

Autoren- & Quelleninformationen

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Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

Quellen:
  • Natalie L. Marchant et al: Repetitive negative thinking is associated with amyloid, tau, and cognitive decline. Alzheimer's & Dementia, 2020; DOI: 10.1002/alz.12116
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