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Narkose: Wer Cannabis raucht, braucht höhere Dosis

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Wer sich operieren lässt, wird vorher befragt, wie viel Nikotin und Alkohol er konsumiert – und auch, ob er andere Drogen nimmt. Schwindeln sollte man dabei nicht – denn der Konsum von Drogen kann bewirken, dass das Narkosemittel weniger gut wirkt. Insbesondere für Alkohol ist dieser Zusammenhang schon länger bekannt. Nun weist eine Studie das Phänomen auch bei Personen nach, die regelmässig Cannabis konsumieren.

Deutlich höhere Dosis benötigt

Wissenschaftler um Dr. Mark A. Twardowski vom Western Medical Associates in Grand Junction, Colorado, sahen sich den Narkosemittelbedarf von insgesamt 250 Patienten während eines endoskopischen Eingriffs an. Diese Eingriffe wurden zwischen Januar 2016 und Dezember 2017 in Colorado durchgeführt, wo der Konsum von Cannabis zu diesem Zeitpunkt bereits legal war. 25 der Teilnehmer hatten angegeben, regelmässig - das heisst, wöchentlich bis täglich - Cannabis zu konsumieren.

Vom Narkosemittel Fentanyl benötigten die Cannabisnutzer eine um 14 Prozent höhere Dosis als Nichtnutzer; von Midazolam eine um fast 20 Prozent höhere Dosis und vom Narkosemittel P sogar mehr als 220 Prozent mehr. Es spielte dabei keine Rolle, wie das Cannabis konsumiert wurde, etwa als Joint oder in Form von Haschcookies.

Mechanismus noch unbekannt

Aufgrund welcher biochemischen Mechanismen Cannabiskonsumenten höhere Dosen Narkosemittel benötigen, ist derzeit noch nicht bekannt. Diskutiert wird ein Gewöhnungseffekt des Körpers an Cannabis, der sich dann auch auf Narkosemittel erstreckt.

Beispielsweise könnten die Substanzen schneller abgebaut werden. Oder aber der Körper bildet weniger Rezeptoren aus, an die Cannabis und auch die Narkosemittel andocken können – letztere wirken dann von vornherein schlechter. „Cannabis hat einige Stoffwechselwirkungen, die wir noch verstehen. Patienten müssen wissen, dass Cannabis die Wirksamkeit anderer Medikamente einschränken kann“, sagt Twardowski.

Aufwachen auf dem OP-Tisch?

Ob mit dem erhöhten Narkosemittelbedarf die Gefahr steigt, während des Eingriffs nicht ausreichend sediert zu sein und somit die Operation, vor allem aber die damit verbundenen Schmerzen, mitzuerleben, ist unklar. Denn das ist extrem selten der Fall. In der Regel bekommt der Anästhesist mit, wenn die Narkose sich abschwächt, und zwar durch Stressreaktionen des Patienten wie beschleunigten Herzschlag, veränderte Hirnströme oder Schweissbildung. In solchen Fällen kann der Narkosearzt rechtzeitig nachdosieren.

Grundsätzlich weiss man, das höhere Mengen an Narkosemittel mit einem höheren Risiko an Nebenwirkungen einhergehen. Studienleiter Twardowski sagt: „Das wird vor allem gefährlich, weil eine herabgesetzte Atemfunktion eine mögliche Nebenwirkung ist.“

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Mark A. Twardowski et al.: Effects of Cannabis Use on Sedation Requirements for Endoscopic Procedures, The Journal of the American Osteopathic Association, May 2019, Vol. 119, 307-311. doi:10.7556/jaoa.2019.052
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