Junge mit Mukoviszidose inhaliert mit Mutter

Mukoviszidose: Statt tödlich bald gut behandelbar?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Dank neuer Wirkstoffkombinationen könnte die schwere Erbkrankheit Mukoviszidose bald für 90 Prozent der Betroffenen gut behandelbar sein.

Mukoviszidose ist eine (bislang) lebensverkürzende Erbkrankheit. Es bildet sich zäher Schleim in verschiedenen Organen, darunter auch in der Lunge, und schädigt sie. Lange war es nur möglich, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, nicht aber, die Ursache zu bekämpfen – die Patienten starben jung.

Durchbruch – aber nicht für alle

Den Durchbruch brachte ein Wirkstoffkombination, die vor einigen Jahren auf den Markt kam. Sie hat die Mukoviszidose-Therapie grundlegend verändert und Lebensqualität und Gesundheitszustand der Betroffenen radikal verbessert. Doch sie hilft nicht allen Patienten: Verschiedene Mutationen hebeln den Wirkmechanismus aus. Jetzt gibt es auch für viele von ihnen Hoffnung.

Die Wirkstoffkombination zielt darauf ab, bestimmte Ionenkanäle in den Zellmembranen der Patienten zu aktivieren, genauer die Chloridkanäle. Sie regulieren den Salz- und Wassertransport in den Schleimhäuten und der Haut. Zuständig für die Bildung der Kanäle ist das CFTR-Gen.

Korrekturen am Chloridkanal

Bei 90 Prozent der Mukoviszidosepatienten werden aufgrund einer spezieller Mutation des CFTR-Gens (F508del) die Chloridkanäle bei ihrer Bildung fehlerhaft gefaltet, weswegen die Zelle sie gar nicht erst in die Membran einbaut. CFTR-Korrektoren wie Elexacaftor und Tezacaftor korrigieren die Fehlfaltung, was letztlich den Salz- und Wasserhaushalt stabilisiert. Die verschiedenen Sekrete im Körper werden dadurch dünnflüssiger, lösen sich leichter und behindern nicht länger die Arbeit der Lunge und anderer Organe.

Doch etwa 15 Prozent der Patienten sind zusätzlich mit verschiedenen weiteren Mutationen geschlagen. Diese bewirken auf unterschiedliche Weise, dass die Chloridkanäle, auch wenn sie eingebaut werden, gar nicht oder nur vermindert arbeiten.

Genau das lässt sich nun mit einer neuen Dreifachkombination von Wirkstoffen beheben oder lindern. Sie besteht aus Elexacaftor, Tezacaftor sowie zusätzlich einem sogenannten CFTR-Potentiator wie Ivacaftor, der die eingebauten Kanäle effektiv aktiviert.

Neun von zehn Patienten kann geholfen werden

„Damit können wir zukünftig in Deutschland etwa neun von zehn von Mukoviszidose Betroffenen effektiv an dem zugrundeliegenden molekularen Defekt behandeln“, erklärt Co-Erstautor Prof. Marcus Mall, der unter anderem Direktor des Christiane Herzog Mukoviszidose-Zentrums an der Charité ist.

Dass die Dreifachkombination hochwirksam ist, hat sich nun im Rahmen einer klinischen Phase-3-Studie mit 258 Mukoviszidosepatienten bestätigt.

„Die Dreifachtherapie führte im Vergleich zum Behandlungsstandard zu einer deutlichen Verbesserung der CFTR-Funktion, Lungenfunktion und Lebensqualität. Auch bei diesen Patientengruppen war die Dreifachtherapie – wie in früheren Studien – ausserdem sicher und gut verträglich“, so Mall.

Bei einer Zulassung der Wirkstoffkombination könnten künftig 90 Prozent der Mukoviszidosepatieten effektiv behandelt werden.

Frühe Behandlung verhindert Langzeitschäden

Mall hofft, dass auch schon Säuglinge behandelt werden können: „Insbesondere eine frühzeitige Therapie der krankheitsverursachenden molekularen Defekte durch die Dreifachtherapie hat ein enormes Potential, die Entstehung irreversibler und bislang lebenszeitbegrenzender Lungenschäden zu verhindern. Damit wird Mukoviszidose schliesslich von einer tödlich verlaufenden zu einer behandelbaren Erbkrankheit“, erläutert der Wissenschaftler. Zumindest für 90 Prozent der Patienten.

Mukoviszidose betrifft einen von 2.500 bis 3.500 Menschen – in der Regel schon im frühen Kindesalter. Es handelt sich derzeit noch um die häufigste tödlich verlaufende Erbkrankheit.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Barr PJ und Mall MA et al. A Phase 3 Study of Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor for Cystic Fibrosis with Phe508del and Gating or Residual Function Alleles. N Engl J Med (2021), DOI: 10.1056/NEJMoa2100665.
  • Pressemitteilung Charité, 26.08.2021
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