Masern: Was bedeutet die Impfpflicht?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Die Bundesminister haben am 17. Juli ein Gesetz zur Impfpflicht gegen Masern auf den Weg gebracht. Das Masernschutzgesetz soll vor allem Schul- und Kindergartenkinder vor der gefährlichen Infektionskrankheit schützen. Was spricht für die Impfpflicht und wen betrifft sie? Welche Fristen gelten? Was passiert, wenn man sich weigert? Hier finden Sie die Antworten.

Warum führt man eine Impfpflicht für Masern ein?

Über die Impfpflicht gegen Masern haben Experten und Politik lange diskutiert. Ausfolgenden Gründen hat man sie nun beschlossen:

Hohes Ansteckungsrisiko: Masern sind eine sehr ansteckende Erkrankung. In einer Gruppe von 100 ungeschützten Personen werden durchschnittlich nur zwei nicht krank.

Tödliche Verläufe: Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit – sie können sogar tödlich verlaufen! 20 Prozent erleiden Komplikationen wie eine Lungen- oder eine Gehirnhautentzündung. Einer von 1000 Erkrankten stirbt auch in Ländern mit hohem medizinischen Standard.

Ungeimpfte gefährden Schwächere: Wer selbst keinen Masernschutz hat, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere, die keinen Impfschutz bekommen können, zum Beispiel Säuglinge unter sechs Monaten. Bei ihnen verläuft die Erkrankung zudem häufig besonders schwer. Ebenfalls gefährdet sind Menschen, die unter einer Immunschwäche leiden.

Ausrottung wäre möglich: Wären 95 Prozent einer Gemeinschaft geschützt, könnte der sogenannte Herdenschutz vollständig greifen. Das heisst, die Masern fänden kaum Wirte, in denen sie sich ausbreiten könnten. Die Krankheit könnte so ausgerottet werden.

Wer muss sich impfen lassen?

Schul- und Kindergartenkinder: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Kinder beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten beide von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen müssen. Das gilt auch für Kinder, die von einer Tagesmutter betreut werden.

Erzieher, Lehrer, medizinisches Personal, etc.: Auch Erwachsene, die nach 1970 geboren sind und in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen arbeiten, müssen nachweisen, dass Sie gegen Masern geimpft wurden.

Asylbewerber und Flüchtlinge: Asylbewerber und Flüchtlinge müssen Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft nachweisen.

Welche Fristen gibt es?

Kinder, die schon jetzt im Kindergarten und in der Schule oder in anderen Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, müssen bis zum 31. Juli 2021 nachweisen, dass sie vor Masern geschützt sind.

Nichtgeimpfte Kinder können vom Besuch des Kindergartens oder der Kindertagesstätte ausgeschlossen werden. Nichtgeimpftes Personal darf in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen nicht arbeiten.

Wie kann ich den Masernschutz nachweisen?

Als Nachweis dient meist der Impfpass. War jemand bereits an Masern erkrankt und ist daher geschützt, kann er das mit einem ein ärztliches Attest nachweisen. Dafür kann eine Blutuntersuchung notwendig sein, die deine Immunität (Vorhandensein von Antikörpern im Blut) bestätigt.

Kinder, die in Kindergärten gehen oder zur Schule gehen, nicht impfen zu lassen, gilt künftig als Ordnungswidrigkeit. Eltern müssen mit Bussgeldern in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen. Ein solches Bussgeld kann auch gegen Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder aufnehmen.

Ein Bussgeld kann auch gegen nicht geimpftes Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften verhängt werden, und auch gegen nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte.

So können Sie sich impfen lassen

Eine Masern-Impfung führt in der Regel Ihr Hausarzt durch, bzw. der Kinderarzt. Empfohlen wird sie allen, die nach 1970 geboren sind und nicht (bzw. nur einmal) in der Kindheit gegen Masern geimpft wurden.

Kinder bekommen die erste Impfdosis im Alter von 11 bis 14 Monaten, die 2. im Alter von 15 bis 23 Monaten. Die Impfung erfolgt mit einer Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR). Die Kosten übernimmt die Krankenkasse.

Künftig sollen alle Ärzte Schutzimpfungen durchführen dürfen - ausgenommen Zahnärzte. Zudem sollen verstärkt freiwillige Reihenimpfungen in Schulen lauf. Ein digitaler Impfausweis könnte künftig automatisch an Termine für Folge- und Auffrischimpfungen erinnern.

Wie sicher ist die Impfung?

Die Impfung ist gut verträglich. Weil sie die körpereigene Abwehr aktiviert, entwickeln sich häufig Rötungen oder Schwellung an der Einstichstelle. Ausserdem reagieren manche Geimpfte mit erhöhter Temperatur, Kopfweh oder Magen-Darm-Beschwerden, die nach etwa drei Tagen verschwinden.

Zwei bis fünf von 100 Geimpften entwickeln ausserdem eine bis vier Wochen nach der Impfung sogenannte „Impfmasern“ mit masernartigem Hautausschlag. Diese verlaufen aber leicht und sind nicht ansteckend.

Schwere Komplikationen sind sehr selten. Eine Auswertung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) für die Jahre zwischen 2001 und 2012 ergab, dass auf je 100000 ausgegebene Impfdosen im Schnitt 5,7 Fälle von Komplikationen gemeldet wurden. Mehr als die Hälfte der Betroffenen erholte sich vollständig. 0,9 Prozent der festgestellten Komplikationen verliefen allerdings tödlich.

So gefährlich sind Masern wirklich

Masernviren verursachen nicht nur harmlose Beschwerden wie die typischen roten, juckenden Pusteln, Fieber oder eine leichte Mittelohrentzündung.

Lungenentzündungen: Darüber hinaus bekommen Masernpatienten oft auch Lungenentzündungen. Diese können direkt durch die Masernviren ausgelöst werden oder durch Bakterien, die der maserngeschwächte Körper schlechter bekämpfen kann.

Lähmungen, Sprachstörungen: Eine gefährliche Folge von Masern sind Entzündungen des Gehirns (Enzephalitis). Sie können langfristigen Schäden wie Lähmungen oder Sprachstörungen hinterlassen. Zehn bis 20 Prozent der betroffenen Patienten sterben.

Tödliche Spätfolge: Besonders gefürchtet ist die sogenannte subakute sklerosierende Panenzephalitis. Sie bricht erst Jahre nach der Infektion aus und verläuft immer tödlich. Die Patienten verfallen zunehmend geistig, leiden unter Krampfanfällen und fallen schliesslich ins Koma. Vom Auftauchen der Symptome bis zum Tod vergehen bis zu drei Jahre.

Diese schreckliche Spätfolge der Krankheit trifft kleine Kinder, insbesondere Säuglinge, häufiger als erwachsene Patienten. Von 3.300 masernkranken Kindern im Alter unter fünf Jahren entwickelt eines später eine subakute sklerosierende Panenzephalitis.

Argumente gegen die Impfpflicht

Trotzdem gibt es auch Fachleute die sich – obwohl sie grundsätzlich für die Impfung sind - gegen eine Impfpflicht aussprechen. Argumente gegen die Impfpflicht sind

  • Die Impfpflicht verstösst gegen die Selbstbestimmung.
  • Die Impfpflicht greift nicht dort, wo die grössten Impflücken sind, nämlich bei Erwachsenen, die nach 1970 geboren wurden.
  • Die meisten Kinder werden ohnehin geimpft.
  • Die meisten sind zur Impfung bereit, vergessen diese aber. Ein Erinnerungssystem würde ausreichen.
  • Die Impfpflicht würde den Widerstand der Impfskeptiker und -kritiker verstärken.
  • Die Impfpflicht könnte die Impfbereitschaft gegenüber anderen Krankheiten schwächen.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Bundesministerium für Gesundheit, Abruf 18.07.2019,
  • Sicherheit und Verträglichkeit von monovalenten Masern- und kombinierten Masern-, Mumps-, Röteln- und Varizellenimpfstoffen, Bundesgesundheitsbl 2013 · 56:1253–1259 DOI 10.1007/s00103-013-1792-4 Online publiziert: 29. August 2013
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