Tenni mit Kopfhörern am Bett

Krisenzeiten: Musikhören reduziert Stress – nachweislich!

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Sorge um Angehörige und die eigene Gesundheit. Homeschooling. Einsamkeit. Finanzielle Probleme. Zukunftssorgen. Das alles beschreibt nur einen geringen Teil des Stresses, dem Menschen im Corona-Lockdown ausgesetzt waren.

Verschärft wurde diese Situation dadurch, dass viele Freizeitaktivitäten, die zur Regulierung von Stress und Stimmung beitragen, im Lockdown verboten waren – wie Freunde zu treffen, tanzen zu gehen oder kulturelle Veranstaltungen zu besuchen.


Beurteilung von Stressbelastung und Wohlbefinden

Ein Team der Universität Wien hat zwischen April und Mai 2020 mithilfe einer App untersucht, welchen Einfluss Musikhören auf das psychische Befinden in einer solchen Krise haben kann.

Teil nahmen 711 Personen aus Österreich und Italien. Sie loggten sich an sieben aufeinanderfolgenden Tagen fünfmal täglich in die App ein. Dort notierten sie, wie hoch ihre aktuelle Stressbelastung und ihr psychisches Wohlbefinden auf einer Skala von Null bis Hundert waren - und ob sie im Verlauf des Tages Musik gehört hatten.

Diese Herangehensweise erlaubte dem Forschungsteam realistische Einblicke in den unmittelbaren Alltag von Menschen während des Lockdowns. Insbesondere untersuchten die Forschenden die dynamischen Zusammenhänge von Musikhören, Stress und Stimmung über die Zeit hinweg.

Bessere Stimmung und weniger Stress

"Wurde Musik im Alltag gehört, so dokumentierten die Teilnehmenden anschliessend geringere Stresswerte, eine verbesserte Stimmungslage und mehr Energie", berichtet Anja Feneberg, Erstautorin der Studie. Das galt auch, wenn das Musikhören bereits mehrere Stunden zurücklag.

Bei aktuell sehr hohen Stresswerten zeigte sich der stressreduzierende Effekt von Musik am eindrucksvollsten. Auch wer sich besonders energielos fühlte, profitierte stark und fühlte sich erheblich energiegeladener. Bei Personen, die während der vorangegangenen Lockdown-Wochen vermehrt chronischem Stress ausgesetzt waren, verbesserte sich die Stimmung nach dem Hören von Musik im Vergleich zu Teilnehmern mit geringeren Belastungen deutlicher.

Fröhliche Musik wirkt am besten

Vor allem als fröhlich empfundene Musik entfaltete positive Effekte. Um welche Art von Musik es ging, erfasste die Studie allerdings nicht. "Auf Basis bisheriger Forschung können wir jedoch annehmen, dass dieses Ergebnis unabhängig vom Genre ist ", sagt Mitautor Urs Nater. Hauptsache, sie werde vom Lauschenden als fröhlich empfunden.

Im Durchschnitt hörten die Teilnehmenden einmal täglich Musik. Dabei war die Musikhingabe naturgemäss unterschiedlich ausgeprägt. Ein Drittel spielte sogar selbst ein Instrument. Neun Prozent der Männer und Frauen hingegen lauschten im gesamten Zeitraum kein einziges Mal musikalischen Klängen.

Musik entspannt und schenkt Energie

Als Motivation fürs Musikhören gaben die meisten an, Musik zu nutzen, um sich zu entspannen oder aber, um sich zu aktivieren. Zur Ablenkung von Sorgen hingegen scheint Musik nicht gut zu funktionieren. Wer das versuchte, fühlte sich anschliessend eher noch gestresster. „Möglicherweise ist es hilfreicher, sich der aktuellen Situation und deren Folgen zu stellen und Musik stattdessen als Mittel zur aktiven Entspannung und Aufmunterung zu nutzen“, empfiehlt Nater.

Musik kann geistige, emotionale und neurobiologische Prozesse beeinflussen. Historische Daten liefern zudem Hinweise, dass sich Menschen aller Kulturen insbesondere in Zeiten von Krisen und Katastrophen der Musik zuwenden, um ihre Stimmung zu heben und das Gefühl sozialer Verbundenheit zu steigern, schreiben die Forschenden. Musik wirkt besser als streamen Darüber hinaus haben Untersuchungen schon früher festgestellt, dass das Hören von Musik während des Lockdowns mit geringeren depressiven Symptomen und mit höherer Lebenszufriedenheit einherging. Das galt selbst im Vergleich zu anderen Freizeitaktivitäten wie dem Ansehen von Filmen.

Zusammengefasst sprächen die Ergebnisse der Studie dafür, dass Musikhören im Alltag ein einfaches und kostengünstiges Mittel zur Steigerung des Wohlbefindens und der Gesundheit in Krisenzeiten wie einem Lockdown darstellt, fassen die Forschenden die Ergebnisse zusammen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Anja C. Feneberg et al.: Perceptions of Stress and Mood Associated With Listening to Music in Daily Life During the COVID-19 Lockdown, JAMA Netw Open, 10. Jan 2023, doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.50382
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