Kindliche Schlafstörungen bleiben oft bestehen
Schlafstörungen wachsen sich nicht automatisch raus: Vier von zehn Kindern, die schon früh unter Ein- oder Durchschlafstörungen leiden, schlafen auch als Erwachsene schlecht. Eine frühe Behandlung könnte demnach viele gesundheitliche Folgeprobleme verhindern.
Diesen Schluss legen die Daten einer Langzeituntersuchung zu dem Thema nahe. Forschende vom Penn State College of Medicine hatten mehr als 500 Kinder zwischen 5 und 12 Jahren über einen Zeitraum von durchschnittlich 15 Jahren bis ins junge Erwachsenenalter begleitet.
"Das wichtigste Ergebnis dieser Studie ist, dass Schlaflosigkeitssymptome in der Kindheit viel häufiger über längere Zeit bestehen bleiben, als wir bisher angenommen haben", sagt Studienleiter Julio Fernandez-Mendoza.
43 Prozent begleiten die Schlafstörungen ins Erwachsenenalter
Zu Beginn der Untersuchung hatten die Forscher teilnehmende Kinder und ihre Eltern nicht nur zur Schlafqualität befragt, sondern diese auch im Schlaflabor überprüft. Weiteren Untersuchungen unterzogen sich die jungen Probanden jeweils im Teenageralter mit etwa 16 Jahren sowie als junge Erwachsene mit durchschnittlich 24 Jahren.
Das Ergebnis: Die Schlafprobleme bleiben bei einem grossen Teil der Betroffenen über Jahre bestehen:
- 43 Prozent der jungen Probandinnen und Probanden, die bereits als Kinder unter Schlaflosigkeit gelitten hatten, berichteten auch am Ende der Studie von Schlafproblemen.
- 19 Prozent berichteten von wechselnden Phasen guter und gestörter Nachtruhe.
- Bei rund 27 Prozent bildeten sich die Schlafstörungen zurück.
Das galt allerdings nur für Kinder, deren Schlafprobleme sich im Labor bestätigt hatten. Bei ihnen blieb die Schlaflosigkeit mit 5,5-facher Wahrscheinlichkeit bis ins Erwachsenenalter bestehen. Wer von Schlafstörungen berichtete, aber im Labor normal schlief, auf den traf dies nicht zu.
"Wir wissen, dass nicht jeder, der über Schlaflosigkeitssymptome klagt, den gleichen Grad an Schlafstörung aufweist, wenn der Schlaf objektiv im Labor gemessen wird“ so Fernandez-Mendoza. Daher sei es wichtig gewesen, neben den Selbstberichten auch objektive Messungen im Labor durchzuführen.
Ein Drittel der Kinder entwickelt später Schlafprobleme
Wer als Kind gut geschlafen hatte, tat das häufiger auch später im Leben:
- Nur 15 Prozent der Kinder ohne Schlaflosigkeitssymptome entwickelten beim Übergang ins Teenageralter Schlafprobleme, die bis zum jungen Erwachsenenalter anhielten.
- Weitere 21 Prozent entwickelten sie als junge Erwachsene.
- 16 Prozent berichteten von zu- und abnehmenden Schlafproblemen.
Tatsächlich sind Schlafstörungen nicht nur bei älteren, sondern auch bei jungen Menschen verbreitet. Bis zu 25 Prozent der Kinder, 35 Prozent der Jugendlichen und 45 Prozent der jungen Erwachsenen litten unter Schlaflosigkeitssymptomen, so Fernandez-Mendoza.
Die Forscher gehen davon aus, dass auch später im Leben viele Schlafstörungen auf die Kindheit zurückzuführen seien: "Obwohl Schlafprobleme von Erwachsenen in der Regel durch aktuelle Stressfaktoren im Leben verursacht werden, kann bei einigen Menschen die Schlaflosigkeit auf Schlafprobleme in der Kindheit zurückgehen", sagte Fernandez-Mendoza.
Kognitive Verhaltenstherapie hilft
Welche Ursachen die Schlafstörungen bei den Kindern hatten, haben die Forschenden nicht untersucht. Häufig lägen ihnen verhaltensbedingte Störungen zugrunde, beispielsweise, wenn die Kinder Probleme mit dem alleine schlafen hätten. Aber auch Entwicklungsstörungen wie ADHS oder körperliche Beschwerden wie Magen-Darm-Probleme könnten den Schlaf verschlechtern.
Die Wissenschaftler fordern, Schlafstörungen im Kindesalter ernst zu nehmen und frühzeitig zu behandeln. In den meisten Fällen könnte eine kognitive Verhaltenstherapie helfen, die auch bei Erwachsenen mit Schlafstörungen eingesetzt wird. Sie hat sich auch bei Heranwachsenden als hochwirksam erwiesen.
Liegen körperliche oder seelische Erkrankungen den Schlafstörungen zugrunde, gelte es, diese möglichst rasch und umfassend zu behandeln.
Schlafstörungen können krank machen
„Wir wissen, dass schlechter Schlaf negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat“, sagte Fernandez-Mendoza.
Wer nicht ausreichend schläft, hat ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht und Diabetes. Auch Kopfschmerzen und Migräne treten unter Schlaflosen häufiger auf. Zudem schwächt zu wenig Schlaf das Immunsystem. Auch psychische Probleme wie Depressionen sind bei chronischen Schlafstörungen häufiger.
Hinzu kommt, dass die nachfolgende Tagesmüdigkeit die kognitive Leistungsfähigkeit einschränkt. Das schadet Kinder in der Entwicklung besonders.
Autoren- & Quelleninformationen
- Julio Fernandez-Mendoza et al. : Trajectories of Insomnia Symptoms From Childhood Through Young Adulthood, Pediatrics, 17. Feb 2022