Kann Akupunktur Kopfschmerzen lindern?
Für manche Menschen sind Kopfschmerzen ständige Begleiter. Um im Alltag zu funktionieren, nehmen sie viele Schmerzmittel ein. Auf Dauer ist das nicht nur ungesund, sondern kontraproduktiv: Bei hohem Konsum können sie Kopfweh auslösen.
Chinesische Wissenschaftler haben untersucht, ob Akupunktur den Betroffenen helfen kann. Die jahrhundertealte Nadeltechnik gilt als eine wesentliche Säule der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Sie soll energetische Dysbalancen im Körper regulieren und so verschiedenste krankhafte Prozesse und Symptome bessern.
22 Kopfschmerztage im Monat
Das Team um Ying Li, MD, PhD, of Chengdu University of Traditional Chinese Medicine in Chengdu behandelte 218 Spannungsschmerzpatienten mit Akupunktur. Die Teilnehmenden litten im Schnitt seit 11 Jahren an chronischen Kopfschmerzen vom Spannungstyp und hatten im Durchschnitt 22 Tage pro Monat Beschwerden.
Alle erhielten über einen Zeitraum von zwei Monaten insgesamt 20 Akupunkturbehandlungen. Anschliessend wurden sie für ein halbes Jahr nachbeobachtet.
Bei der einen Hälfte stachen die Forscher tief und stimulierten die Akupunkturpunkte zusätzlich durch Zwirbeln der Nadeln. Dabei stellt sich ein sogenannter De-Qi-Effekt ein: Die Behandelten verspüren Kribbeln, Taubheits- oder Druckgefühle. Insgesamt ist die Erfahrung also intensiver.
Bei der anderen Hälfte der Teilnehmenden platzierten die Akupunkteure die Nadeln nur oberflächlich in die Haut – was eine Placebobehandlung darstellte.
Zahl der Kopfschmerztage halbiert
Tatsächlich profitierten beide Gruppen von der Nadelkur: 68 Prozent der Personen, die eine tiefe Akupunktur erhielten, berichteten über eine mindestens 50-prozentige Reduktion ihrer monatlichen Kopfschmerztage. Unter den Placebo-Akupunktieren waren es immerhin noch 50 Prozent.
Das liefert einen Hinweis darauf, dass ein grosser Teil des Effekts – möglicherweise sogar der gesamte – auf eine Placebowirkung zurückzuführen ist. Tatsächlich weiss man: Je aufwändiger eine Behandlung erscheint, je stärker sie den Patienten beeindruckt, desto stärker ist auch die Placebowirkung, die sie entfaltet.
Das spräche allerdings nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Akupunktur bei Patienten mit Spannungskopfschmerzen: Er ist hier offenbar besonders stark – und verbessert die Beschwerden der Patienten eindrucksvoll. Zudem sind den Autoren zufolge nur wenige und darunter keine gravierenden Nebenwirkungen aufgetreten.
Placeboeffekt wirkt unterschiedlich
Problematisch für eine breite Empfehlung ist allerdings, dass der Placeboeffekt von verschiedenen Umständen abhängt: Neben dem Aufwand, der betrieben wird, insbesondere auch von der Zugewandtheit des Behandlers.
Auch die beeindruckende Erfahrung, Teilnehmer einer Studie zu sein, könnte den Effekt verstärkt haben. Ob er somit in derselben Stärke auch bei der Behandlung durch einen niedergelassenen Akupunkteur wirken würde, lässt sich im Rahmen der Studie nicht abschätzen.
Auch geht aus der Studie nicht hervor, wie nachhaltig die Therapie über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus war.
Hohe Kosten für Patienten
Ausserdem war die Therapiedichte mit 20 Sitzungen in zwei Monaten sehr hoch. Da die Kassen die Kosten für Akupunkturbehandlungen nicht immer und wenn, dann nur für bestimmte Indikationen übernehmen, müssen sich Patienten, die diese Massnahme versuchen wollen, auf eine entsprechende finanzielle Belastung einstellen.
Autoren- & Quelleninformationen
- Hui Zheng et al.: Acupuncture for Patients With Chronic Tension-Type Headache: A Randomized Controlled Trial, Neurology, 22. Juni 2022, DOI: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000200670