Natürliche Killerzellen attackieren Krebszellen

Immunsystem: Killerzellen werden im Alter fitter

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Mit zunehmendem Alter lässt die körperliche Leistungskraft nach. Das gilt auch fürs Immunsystem - mit einer überraschenden Ausnahme: Manche T-Zellen werden im Alter stärker und effektiver. Ihre Fähigkeit, Tumorzellen oder Krankheitserreger zu töten, nimmt über die Jahre zu. Lässt sich das zur Behandlung von Krebs nutzen?

Entwicklung zu schlagkräftigen Abwehrkünstlern

Dr. Annette Lis und die Molekularbiologin Dorina Zöphel von der Universität des Saarlandes haben herausgefunden: Bestimmte Immunzellen, die zytotoxischen CD8+ T-Zellen, entwickeln sich im Laufe des Lebens zu besonders schlagkräftigen Abwehrkünstlern. „Vergleicht man die gleiche Anzahl junger und alter T-Zellen, sind die alten die besseren, effektiveren Killer“, sagt Lis.

Die unerwartete Schlagkraft beruht auf hochwirksamen Waffen, die den T-Zellen zur Verfügung stehen. Sie produzieren grössere Mengen der Substanzen Perforin und Granzym, die im Team arbeiten. Perforin bohrt kleine Löcher in die Zellmembran von Bakterien oder von Körperzellen, die von Viren befallen sind. Das begleitende Granzym kann dann über diese Löcher eindringen und einen programmierten Zelltod einleiten.

Jahrelanges Training für T-Zellen

Zudem enttarnen alte, erfahrene T-Zellen die üblichen Verdächtigen schnell: Zytotoxische CD8+ T-Zellen erinnern sich gut an alle Schädlinge, die sie schon mal bekämpft haben. Als Teil des im Laufe des Lebens erworbenen Immunsystems lernen sie ständig dazu.

„Die T-Zellen sind in der Lage, Gedächtniszellen zu bilden. Bei erneutem Kontakt mit einem für sie bereits bekannten Erreger reagieren sie sehr schnell und effektiv“, so Zöphel.

Warum aber sind alte Menschen nicht besser gegen Krebszellen und Viren geschützt, wenn ihre T-Zellen so schlagkräftig sind?

Ein Grund: Tatsächlich altert auch der grösste Teil des Immunsystem kontinuierlich und reagiert weniger gut auf neue Krankheitserreger. Im Laufe der Zeit treten altersbedingte zelleigene Defekte auf, die die Zellen schwächen. Das gilt für Immunzellen ebenso wie für alle anderen Körperzellen.

Fitte Immunzellen in einem alternden Körper

„Bei den T-Zellen hingegen spricht einiges dafür, dass die Ursache der schlechteren Immunantwort nicht in den T-Zellen selbst, sondern vielmehr in der alternden Umgebung liegt“, erklärt Zöphel. Zwar würden im Alter weniger CD8+ Gedächtnis-T-Zellen gebildet, so dass eine geringere Anzahl Killerzellen zur Verfügung stünden, die potenziellen Angreifern die Stirn bieten könnten.

Für eine Immuntherapie im Rahmen einer Krebsbehandlung kommt es jedoch vor allem auf die Qualität der T-Zellen an, weniger auf die Quantität. Und die ist bei Älteren offenbar besonders hoch.

Immuntherapie: Trainingscamp für Killerzellen

Für eine Immuntherapie nutzt man die Schlagkraft von Killerzellen gezielt aus. Dazu entnimmt man dem Blut der Erkrankten entsprechende T-Zellen und trainiert sie im Labor gegen die Tumorzellen. Anschliessend schleust man sie zurück in den Körper, wo sie den Krebs gezielt attackieren.

Bei älteren Menschen war man mit dieser Methode bislang zurückhaltender, da man davon ausging, dass ihre Killerzellen nicht mehr die nötige Fitness für einen erfolgreichen Einsatz hätten. Angesichts der neuen Erkenntnisse könnte sich das künftig ändern.

Die Wissenschaftlerinnen plädieren dafür, künftig auch bei älteren Menschen häufiger auf individuelle Immuntherapien zu setzen: „Das könnte im Alter besonders vielversprechend sein und zu erhöhter Wirksamkeit und verlängerter Lebensspanne beitragen“, sagt Lis.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Dorina Zöphel, Annette Lis: Faster cytotoxicity with age: Increased perforin and granzyme levels in cytotoxic CD8+ T cells boost cancer cell elimination” Aging Cell, 11. Juli 2022 doi: https://doi.org/10.1111/acel.13668
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