Rückenschmerzen

Hydrogel flickt verschlissene Bandscheiben

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Bandscheiben wirken als elastische Puffer zwischen den Wirbeln. Verschleissen sie, kann das sehr schmerzhaft sein. Forscher haben nun ein injizierbares Gel vorgestellt, das beschädigte Bandscheiben wieder aufpolstert und so die Beschwerden erheblich lindert. Zugelassen ist es allerdings noch nicht.

Deutlich weniger Schmerzen

Eine kleine Studie mit 20 Rückenpatienten liefert jedenfalls ermutigende Ergebnisse: Nach sechs Monaten berichteten alle Teilnehmer über deutlich weniger Schmerzen im unteren Rückenbereich. Sie hatten zu Beginn und am Ende des Studienzeitraums die Intensität ihrer Schmerzen auf einer Skala von null bis zehn angegeben. Im Schnitt sank sie in dieser Zeit von 7,1 auf 2,0 Punkte.

Die Patienten waren im Alter von 22 bis 69 und litten unter einer degenerativen Erkrankung der Bandscheiben. Keiner von ihnen hatte mehr als eine leichte Linderung durch die konservative Behandlungsstrategie erfahren. Diese umfasst Ruhe, Schmerzmittel, Physiotherapie und Rückenschienen.

Injektion direkt in die Bandscheibe

Für die Behandlung erhitzten die Mediziner das Gel, bis es zu einer dicken Flüssigkeit wurde. Unter Röntgenbeobachtung spritzten sie die gallertige Substanz direkt in die betroffenen Bandscheiben der sedierten Patienten, wo sie Risse auffüllte und sich mit der mittleren und äusseren Schicht der Bandscheibe verband.

"Da dieses Gel injizierbar ist, ist kein Einschnitt erforderlich. Es verstärkt zudem die gesamte Bandscheibe und stellt ihre strukturelle Integrität wieder her, was derzeit nicht möglich ist", sagte der Hauptautor Douglas P. Beall, Leiter der Radiologieabteilung bei Clinical Radiology of Oklahoma.

Zwar existieren bereits Hydrogele zur Behandlung degenerativer Bandscheibenerkrankungen. Es handelt sich bei diesen jedoch um eine Art Gelkissen, die über einen Einschnitt platziert werden müssen. Und: „Sie können herausspringen, wenn man nicht sehr geübt ist“, erklärt Beall.

Derzeit keine guten Alternativen

Für degenerative Bandscheibenerkrankungen gebe es neben der konservativen Therapie derzeit keine wirklich guten Behandlungsmöglichkeiten, so der Mediziner. Chirurgische Eingriffe seien statistisch gesehen nicht wirksamer als konservative Behandlungen und können die Situation sogar noch verschlimmern. Eine sogenannte Nervenablation, bei der die schmerzleitenden Nerven ausgeschaltet werden, sei nur für wenige Patienten geeignet.

Mit dem neuen injizierbaren Gel könnte sich die Therapie deutlich verbessern: "Wenn sich diese Ergebnisse in weiteren Untersuchungen bestätigen, könnte dieses Verfahren eine vielversprechende Behandlung für chronische Kreuzschmerzen bei Patienten sein, bei denen die konservative Behandlung keine ausreichende Linderung gebracht hat", sagt Beall. "Das Gel ist leicht zu verabreichen, erfordert keinen offenen chirurgischen Eingriff und ist ein einfaches Verfahren für den Patienten.“

Einsatz in der Praxis wird wohl noch Jahre dauern

Bis eine medizinische Neuentwicklung wie diese aber tatsächlich bei der breiten Masse der Patienten ankommt, dauert es normalerweise Jahre. Zuvor sind Studien mit deutlich grösseren Patientenzahlen nötig, deren Ergebnisse man länger beobachten muss.

Immerhin erteilte die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA dem Gel im Jahr 2020 den Status eines „bahnbrechenden Produkts“, was eine beschleunigte Prüfung ermöglicht. Das ist möglich, wenn es frühe Hinweise gibt, dass ein experimentelles Produkt wirksamer sein könnte als die zugelassenen Optionen zur Behandlung einer schweren Erkrankung.

Hauptursache für chronische Rückenschmerzen

Degenerative Bandscheibenerkrankungen sind die Hauptursache für chronische Schmerzen im unteren Rückenbereich, eine der weltweit häufigsten Erkrankungen. Gesunde Bandscheiben polstern die Wirbel der Wirbelsäule und erleichtern deren Bewegung und Flexibilität.

Mit zunehmendem Alter können sie jedoch trocken, dünn und rissig werden, was Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen verursacht. Im Alter von 60 Jahren haben die meisten Menschen zumindest einen gewissen Grad an Degeneration der Bandscheiben.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • D. Beall et a.: Behandlung von schmerzhaften degenerativen Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule: Eine Durchführbarkeitsstudie, Abstract 45, Wissenschaftliche Jahrestagung, 11. bis 16. Juni 2022
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