Hörgerät

Hörgeräte halten geistig fit

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Schlecht zu hören ist mehr als nur lästig: Wer von seiner Umwelt akustisch weniger mitbekommt, erfährt auch weniger geistige Anregung. Gerade ältere Menschen bauen dann schneller ab. Hörgeräte helfen daher dabei, geistig fit zu bleiben.

Forscher um Asri Maharani A von der University of Manchester haben medizinische Daten der US-amerikanischen Health and Retirement Study ausgewertet. Diese Studie begleitete die Teilnehmer von 1996 bis 2014 über einen Zeitraum von 18 Jahren.

Alle zwei Jahre wurden die Gedächtnisleistungen der Teilnehmer überprüft. Unter anderem mussten sie sich eine Folge von zehn Wörtern zunächst über einen kurzen Zeitraum merken und diese dann nach einiger Zeit erneut aus dem Gedächtnis abrufen.

Dabei konzentrierten die Forscher vor allem auf jene 1586 Personen, die über 50 Jahre alt waren und nach dem dritten Gedächtnistest erstmals ein Hörgerät verwendeten.

Hörgeräte verlangsamen den geistigen Abbau

Die Auswertung ergab, dass die geistige Fitness nach Verwendung eines Hörgeräts langsamer nachliess als ohne Hörgerät. Das verbesserte Hörvermögen kann also den altersbedingten geistigen Abbau zumindest verlangsamen.

Hören ist ein komplexer Vorgang: Schallwellen treffen aufs Ohr, werden in elektrische Signale umgewandelt und blitzschnell ins Gehirn gefunkt. Dort beginnt die Hauptarbeit, nämlich die Signale einzuordnen und zu filtern: wichtig oder unwesentlich, fremd oder vertraut, Musik oder Sprache. Vor allem Letztere zu dechiffrieren, zu verarbeiten und darauf zu reagieren ist ein hochanspruchsvoller Prozess, der das Hirn auf Trab hält.

Soziale Interaktion hält jung

Entscheidend ist der Hörsinn zudem für die soziale Interaktion. Ob Konzerte, Kino, Gespräche mit Arbeitskollegen oder geselliges Beisammensein: Ein besseres Gehör macht es leichter, am Alltag teilzunehmen und mit der Umwelt zu kommunizieren. Schon seit Langem weiss man, dass soziale Kontakte ein wesentlicher Faktor sind, um geistig fit zu bleiben.

„Hörhilfen könnten den Verlauf altersbedingten geistigen Abbaus mildern“, schreiben die Forscher. Sie empfehlen, einen möglichst frühen Einsatz von Hörgeräten zu fördern.

Viele Schwerhörige ohne Hörgerät

Vor diesem Hintergrund erscheint bedenklich, dass in Deutschland viele Menschen, die schlecht hören, kein Hörgerät tragen. Nach Angaben der Bundesinnung der Hörakustiker nutzten im Jahr 2017 von den rund 5,4 Millionen Betroffenen nur rund 3,5 Millionen ein Hörgerät.

Oft ist es die Eitelkeit, die Menschen davon abhält, die Geräte zu verwenden. Wer darauf angewiesen ist, fühlt sich schnell zum alten Eisen gehörig.

Hörgeräte sind gewöhnungsbedürftig

Hinzu kommt, dass die Geräte im Gebrauch zunächst gewöhnungsbedürftig sind. Oft haben sich schwerhörige Menschen bereits daran gewöhnt, dass sie bestimmte Dinge nicht mehr wahrnehmen. Die vielfältige Geräuschkulisse, die sie lange nicht mehr wegfiltern brauchten, drängt sich ihnen mit dem Hörgerät plötzlich wieder auf: das Brummen des Kühlschranks, der Verkehr, die spielenden Kinder im Garten. Bis das Weghören wieder mühelos gelingt, ist etwas Durchhaltevermögen gefragt.

Autoren- & Quelleninformationen

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Maharani A. et al.: Longitudinal Relationship Between Hearing Aid Use and Cognitive Function in Older Americans. J Am Geriatr Soc. 2018 Apr 10. doi: 10.1111/jgs.15363.https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29637544
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