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Herzschwäche bei Frauen: Späte Diagnose, früher Tod

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Herzschwäche (Herzinsuffizienz) tritt bei Männern und Frauen etwa gleich häufig auf – doch sterben deutlich viel mehr weibliche als männliche Patienten daran.

Frauen sterben häufiger als Männer an Herzschwäche. Sie wird bei ihnen oft zu spät erkannt – auch weil die Medizin eher Männer im Blick hat. Was tun?

Frauen sterben häufiger als Männer an Herzschwäche. Sie wird bei ihnen oft zu spät erkannt – auch weil die Medizin stark auf Männerherzen ausgerichtet ist. Was tun?

So erlagen im Jahr 2016 laut Deutschem Herzbericht mehr als 25.000 Frauen gegenüber rund 15.000 Männern den Folgen einer Herzschwäche. Auch wenn man berücksichtigt, dass der Anteil der Frauen in der älteren Bevölkerung etwas höher ist und Männer im Gegenzug häufiger einem Infarkt erliegen, ist das ein gravierender Unterschied.

Mögliche Gründe für das Ungleichgewicht gibt es einige. Einer der wichtigsten: Die Erkrankung wird bei Frauen häufiger zu spät erkannt und behandelt.

Frauen nehmen Warnsignale nicht ernst genug

Ein Hauptgrund dafür ist, dass die Frauen selbst Symptome einer Herzschwäche nicht ernst nehmen. Sie leiden an Atemnot beim Treppensteigen, haben dicke Beine oder einen aufgedunsenen Bauch. Sie sind oft müde und fühlen sich schwach und schwindelig. Viele erklären sich das mit einem normalen, altersbedingten Leistungsabfall. Dass ein schwaches Herz dahinterstecken könnte, kommt den meisten nicht in den Sinn.

„Herzschwäche ist bei Frauen sehr häufig, vor allem wenn gleichzeitig die Risikofaktoren Bluthochdruck, Übergewicht und eine Diabetes-Erkrankung vorliegen“, erklärt Prof. Vera Regitz-Zagrosek vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.

Frauenherzen schlagen anders

Frauenherzen müssen mehr leisten als Männerherzen. Zum einen sind sie kleiner, zum anderen sind sie weniger elastisch. Daher können sie sich weniger gut ausdehnen – und weniger gut mit Blut füllen.

Dieser Umstand gleichen Frauenherzen mit einem höheren Puls und einer etwas höheren Auswurffraktion aus. Die Auswurffraktion beschreibt den Anteil des Blutes im Herzen, der mit jedem Herzschlag in den Körper gepumpt wird. Bei gesunden Männern sind das mindestens 55 Prozent, bei gesunden Frauen wohl mehr als 60 Prozent.

„Männerwerte“ lassen sich nicht auf Frauen übertragen

Weil sich der medizinische Richtwert für eine Herzschwäche aber an den Männern orientiert, gelten Frauen, bei denen der Kardiologe noch eine Auswurffraktion von 55 Prozent feststellt, somit als unauffällig.

Doch diese Einschätzung ist fragwürdig: „Die Fachwelt diskutiert derzeit, dass der Mindestwert für Frauen wahrscheinlich höher ist als der für Männer“, erklärt Prof. Vera Regitz-Zagrosek vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.

Herzschwäche trotz „normaler“ Werte

Im Alter verstärkt sich das Problem: Die Auswurffraktion nimmt dann normalerweise bei beiden Geschlechtern zu, weil Herzgrösse und -masse abnehmen. Bei Frauen kommt verstärkend hinzu, dass ihre Herzen mit zunehmendem Alter noch fester werden. In den Wechseljahren steigt aufgrund absinkender Östrogenspiegel der Blutdruck und es bildet sich vermehrt Bindewebe im Herzen.

„Das könnte einmal mehr dazu beitragen, dass die Auswurffraktion insbesondere bei vielen älteren Frauen als normal angesehen wird, obwohl sie längst an einer Herzschwäche leiden“, so die Expertin. So habe mittlerweile etwa die Hälfte aller Patienten mit Herzschwäche, die in Kliniken aufgenommen werden, eine vermeintlich normale Auswurffraktion. Der Grossteil von ihnen sind Frauen.

Empfehlungen für den Arztbesuch

Spezielle Untersuchungen können eine Herzschwäche aufdecken. Vor allem Frauen mit Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck sollten auf Nummer sicher gehen.

Alarmsignals Atemnot: Geraten Sie bei kleinen Belastungen in Atemnot und sind Sie schnell erschöpft, bitten Sie Ihren Arzt, einen Ultraschall des Herzens vorzunehmen.

Blutwerte überprüfen: Eisenmangel kann beispielsweise ein Indiz für eine Herzschwäche sein. Ausserdem sind bei der Herzinsuffizienz bestimmte Hormone, die natriuretischen Peptide ANP und BNP erhöht. Sie werden unter andrem Vom Herzmuskel unter Belastung produziert. Bei Frauen sind auch leicht erhöhte Werte Warnzeichen.

Regelmässiger Körpercheck: Lassen Sie regelmässig Blutdruck, Blutzucker, Körpergewicht und Blutfette kontrollieren. Denn diese erhöhen das Risiko für eine Arteriosklerose („Gefässverkalkung“) – eine der Hauptursachen von Herzschwäche. Einmal erkannt, können Sie diesen auch aktiv entgegensteuern.

Dosierung nicht ohne Absprache ändern! Ändern Sie bei möglichen Nebenwirkungen eines Medikamentes nicht auf eigene Faust die Dosis oder setzen es ab, sondern sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Möglicherweise kann er ein anderes Medikament verordnen oder die Dosis reduzieren, denn Frauen benötigen oft nur geringere Wirkstoffmengen – beispielsweise an Betablockern oder ACE-Hemmern. ,

Schrittmacher für optimierten Herzschlag: Eigne Frauen profitieren von einer sogenannten Resynchronisations-Therapie. Dabei wird das Herz mit speziellen Schrittmachern dazu gebracht, sich synchron zusammenzuziehen. Lassen Sie sich dazu beraten.

Ausserdem: Leben Sie herzgesund: Bewegen Sie sich möglichst täglich an der frischen Luft, ernähren Sie sich gesund, verzichten Sie auf Alkohol und Zigaretten.

Todesursache Herzschwäche

In Deutschland leiden nach Angaben des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung fast vier Millionen Menschen an einer Herzschwäche. Das Risiko dafür steigt ab einem Alter von 60 Jahren steil an. Aber auch jüngere Menschen sind immer häufiger betroffen.

Die Herzschwäche ist eine schwerwiegende Erkrankung, die mit hohen Einbussen an Lebensqualität einhergeht. Sie zählt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland.

Bei einer Herzinsuffizienz schafft das Herz es nicht mehr, genügend Blut in den Körper zu pumpen. Ist das Herz zu schwach, kann es entweder nicht mehr ausreichend Blut und damit Sauerstoff in die Lunge oder in den übrigen Körper pumpen oder es kann nicht mehr genug Blut aufnehmen. Letzteres ist bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern der Fall. Die Folge kann unter anderem eine gravierende Leistungseinbusse sein, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann und in macnhen Fällen zum Tode führt.

Die Deutsche Herzstiftung informiert über die Herzschwäche bei Frauen und viele weitere Aspekte der Herzinsuffizienz im Rahmen der bundesweiten Herzwochen unter www.herzstiftung.de/herzwochen2020

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung, 20.10.2020
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