Ärtzin hält Hand von Patientin am Bett

Herzinfarkt: Hydrogel unterstützt Heilung von innen

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Ob nach einem Herzinfarkt oder einer Hirnverletzung: Ein neuartiges Hydrogel könnte den Heilungsprozess des Gewebes von innen unterstützen.

Bei einem Herzinfarkt stirbt Muskelgewebe ab. Wie gut sich ein Überlebender davon erholt, hängt vom Ausmass der Schädigung ab – und von der Fähigkeit des Herzens zur Regeneration. Unter anderem bildet sich nach einem Herzinfarkt Narbengewebe, das die Funktion des Herzmuskels einschränkt und eine dauerhafte Herzschwäche nach sich ziehen kann.

Gerüst für frische Herzmuskelzellen

Ein neuartiges Hydrogel soll die Narbenbildung möglichst reduzieren und die Heilungsprozesse fördern. Hergestellt wird es aus dem natürlichen Gerüst des Herzmuskelgewebes, der sogenannten extrazellulären Matrix (ECM).

Die netzartige Struktur bildet in den geschädigten Bereichen des Herzens ein Gerüst für die Ansiedelung gesunder Zellen. Ein bisschen kann man sich das vorstellen wie das formgebende Fachwerk eines Hauses, das mit Mauerwerk gefüllt wird.

Dass die Hydrogel-Methode tatsächlich funktionieren kann, hat das Team um Prof. Karen Christman von der University of California San Diego schon in Pilotstudien mit Herzinfarktüberlebende gezeigt. Allerdings musste das Biomaterial dazu noch über einen Katheder direkt in den beschädigten Herzmuskel injiziert werden.

Das aber ist frühestens eine Woche nach dem Infarkt möglich, da aufgrund des nadelbasierten Injektionsverfahrens Schäden drohen. So geht wertvolle Zeit im Heilungsprozess verloren, die sich nicht mehr aufholen lässt.

Anwendung schon kurz nach dem Infarkt möglich

Das Team hat nun eine Möglichkeit entwickelt, das biologische Hydrogel unmittelbar nach dem Infarkt einzusetzen. Dazu filterten die Wissenschaftler unter anderem aus dem ursprünglichen Material die grössten Partikel heraus. So ist es nun möglich, das Gel direkt in eine Vene (intravenös) zu verabreichen.

Die verbleibenden Matrixpartikel sind so klein, dass sie auch in feinste Blutgefässe gelangen. So verabreicht breitet sich das Gel gleichmässig im geschädigten Herzmuskelgewebe aus. Auch das ein Vorteil gegenüber dem per Katheter verabreichten Vorläufer, der an der Injektionsstelle verbleibt.

Beschleunigte Heilung

Mit dem Blutstrom wandert die Matrix dann bis zum geschädigten Gewebe. Dort verschloss sie Lücken im Gewebe, beschleunigte die Heilung verletzter Blutgefässe und reduzierte so die Entzündung. In Versuchen an Nagetieren und später auch an mit dem Menschen sehr ähnlichen Schweinen mit Herzinfarkt hat das bereits funktioniert.

"Dieses Biomaterial ermöglicht es, geschädigtes Gewebe von innen heraus zu behandeln", so Christman. "Es ist ein neuer Ansatz für die regenerative Technik".

Nicht nur Infarktpatientinnen und -patienten könnten künftig von dem neuen Verfahren davon profitieren, sondern auch Menschen mit Hirnverletzungen oder mit pulmonaler arterieller Hypertonie, einer Form von Lungenhochdruck, schreiben die Forschenden. Erste Experiment mit Tieren verliefen auch diesbezüglich vielversprechend.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Spanget, M.T. al.: Intravascularly infused extracellular matrix as a biomaterial for targeting and treating inflamed tissues. Nature Biomedical Engineering, 2022; DOI: 10.1038/s41551-022-00964-5
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