Fibromyalgie: Verhaltenstherapie hilft!
Fibromyalgie verursacht einen hohen Leidensdruck: Betroffene leiden unter chronischen Schmerzen und Erschöpfung sowie Konzentrationsstörungen. Die Ursachen der Erkrankung, die vor allem Frauen betrifft, sind weitgehend unbekannt, die Therapiemöglichkeiten bislang unbefriedigend.
Da ist es eine gute Nachricht, dass verhaltenstherapeutische Massnahmen sowohl die Schmerzen lindern als auch die Lebensqualität verbessern können.
Ein Team aus Forschenden vom Massachusetts General Hospital und vom Brigham and Women's Hospital hat untersucht, wie eine Gesprächstherapie den Alltag der Patientinnen und Patienten verbessern kann. Dabei untersuchten die Forschenden auch, wie dadurch die Verarbeitung von Schmerz im Gehirn beeinflusst werden kann.
Was acht verhaltenstherapeutische Sitzungen bewirken
Dazu verglichen die Forschenden den Krankheitsverlauf von 98 Fibromyalgie-Patientinnen im Alter von 18 bis 75 Jahren. 64 von ihnen nahmen an acht verhaltenstherapeutischen Sitzungen teil, 34 erhielten lediglich Informationen zu Fibromyalgie und chronischen Schmerzen.
Zu Beginn und am Ende der Studie beantworteten die Frauen Fragen dazu, wie stark ihr Schmerzempfinden war und wie sehr die Erkrankung sie in ihrem Alltag beeinträchtigte.
Geringere Schmerzbelastung
Die Auswertung ergab, dass die kognitive Verhaltenstherapie sowohl die Schmerzbelastung als auch die Auswirkungen der Erkrankung auf den Alltag der Frauen deutlich reduziert hatte. In der Kontrollgruppe hatten sich die Beschwerden hingegen nur wenig gebessert.
Hirnscans der Frauen zu Beginn und am Ende der Studie zeigten, wie sich die Therapie auf die Hirnfunktionen ausgewirkt hatte: So hatte sich die Aktivität in verschiedenen für die Schmerzverarbeitung bedeutsamen Netzwerken positiv verändert.
Veränderte Reaktionen im Gehirn
„Bevor sich die Teilnehmerinnen einer kognitiven Verhaltenstherapie unterzogen, sahen wir, dass bestimmte Teile des Gehirns, die mit Selbstwahrnehmung und Empfindung zusammenhängen, eng miteinander verbunden waren“, sagte Co-Erstautor Jeungchan Lee. Das deute darauf hin, dass die Patientinnen ihre Schmerzen sehr bewusst wahrnahmen und ihre Symptome verinnerlichten.
„Nach der kognitiven Verhaltenstherapie waren diese Verbindungen deutlich weniger stark. Das deutet darauf hin, dass die Patienten nach der Therapie besser in der Lage waren, sich von ihren Schmerzen zu lösen“, so der Wissenschaftler.
Die Schmerzwahrnehmung lässt sich beeinflussen
Dass psychotherapeutische Massnahmen die Beschwerden bei Fibromyalgie lindern können, bedeutet nicht, dass diese einen psychischen Ursprung haben. Tatsächlich lässt sich die Schwere von Symptomen, insbesondere von Schmerzen, aber mental beeinflussen.
Frühere Untersuchungen haben beispielsweise gezeigt, dass die Schmerzempfindung positiv und hoffnungsvoll eingestellter Patientinnen und Patienten geringer ist als die von Personen, die negative Erwartungen haben. So ergaben Untersuchungen messbare Unterschiede in der Schmerzverarbeitung und im vegetativen Nervensystem, beispielsweise beim Herzschlag (wird vom vegetativen Nervensystem reguliert).
Eine solche hoffnungsvollere Einstellung kann im Rahmen einer Kognitiven Verhaltenstherapie gestärkt werden.
Fixierung auf den Schmerz
Strategien aus dem verhaltenstherapeutischen Handwerkskoffer wirken auch einer sogenannten Katastrophisierung entgegen. Dabei sind Betroffene überzeugt, dass ihre Schmerzen sich nicht bessern, sondern eher schlimmer werden und dass sie nichts dagegen unternehmen können. Wer katastrophisiert, konzentriert sich auf seine Beschwerden und kann sich schlecht von den Schmerzempfindungen ablenken. Dadurch verstärkt sich die Schmerzwahrnehmung.
Therapie gegen die Hilflosigkeit
Mithilfe verhaltenstherapeutischer Anleitung lernen die Betroffenen, negative Denkmuster und Gedankenspiralen zu erkennen und ihnen gegenzusteuern. Für den Krankheitsverlauf ist das entscheidend.
Hilfreich wirkt sich zudem aus, wenn es Patientinnen und Patienten gelingt, aus dem Gefühl der Hilflosigkeit herauszutreten. Wer das Gefühl hat, aktiv etwas beitragen zu können, damit es ihm oder ihr besser geht, fühlt sich nicht nur mental besser - auch die Schmerzwahrnehmung nimmt ab.
In weiteren Untersuchungen wollen die Forschenden klären, wie wirksam die Kognitive Verhaltenstherapie bei Männern und non-binären Personen mit Fibromyalgie ist.
Autoren- & Quelleninformationen
- Ellingson LD et al. Catastrophizing Interferes with Cognitive Modulation of Pain in Women with Fibromyalgia. Pain Medicine Dez 2018, doi: https://doi.org/10.1093/pm/pny008
- Jeungchan Lee et al.: A Randomized, Controlled Neuroimaging Trial of Cognitive-Behavioral Therapy for Fibromyalgia Pain, American College of Rheumatology, 20. Sep 2023, doi: https://doi.org/10.1002/art.42672