Essen gehen ist eine emotionale Angelegenheit
Sehnsucht nach Pizza und Pasta beim Italiener oder Sushi vom Profi: Wochenlang war es in der Corona-Pandemie nicht möglich, in einem Restaurant zu essen. Nun öffnen die ersten wieder ihre Türen. Wissenschaftler erklären: Dass wir so gerne auswärts essen, hat nicht nur etwas mit den leckeren Speisen zu tun.
Es sei sehr nachvollziehbar, dass Menschen sich nun sehr auf das auswärtige Essen freuten und eine Erleichterung verspürten, sagte die Ernährungswissenschaftlerin Christine Brombach von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. "Man möchte wieder teilhaben am öffentlichen Leben, und dazu gehört auch essen zu gehen." In Gemeinschaft zu essen sei ein tief-menschliches Bedürfnis.
"Ein Höhepunkt im Alltag."
Der Wissenschaftlerin zufolge erfüllt das auswärtige Essen verschiedene menschliche Bedürfnisse: "Essen ist hochemotional und immer eine soziale Angelegenheit", sagte sie. Das Essen in einem Restaurant habe dabei eine herausragende Stellung: "Essengehen ist etwas Besonderes und ein Höhepunkt im Alltag."
Schrittweise Öffnungen
Restaurants und auch Kneipen waren Mitte März geschlossen worden, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Unter Einhaltung von Abstandsregeln und Hygienevorschriften darf die Gastronomie nun schrittweise wieder öffnen, vor dem Hintergrund des jeweiligen Infektionsgeschehens in den Ländern und landesspezifischer Besonderheiten.
Essen wird zu einem Erlebnis
Ein Restaurantbesuch sei unter anderem durch die Halb-Öffentlichkeit, das besondere Geschirr und Besteck und akustische Reize wie etwa das Klingen der Gläser vom Nachbartisch ein Gesamterlebnis. Und auch die Tischgespräche seien anders als am heimischen Esstisch. Dazu kommt: Mehr als zu Hause kann man neue Sachen verkosten und ausprobieren, das Essen wird zum Erlebnis.
Zwar sei die Speise an sich auch wichtig, mindestens genauso wichtig aber seien die physischen und sozialen Komponenten beim auswärtigen Essen. "Essen im Restaurant hat verschiedene Ebenen, es ist ein sinnliches, ganzheitliches Erleben", sagte Brombach. Weiterhin entbinde ein Restaurantbesuch vom eigenen Kochen.
"Man fühlt sich ein bisschen wie ein König"
"Im Restaurant wird man bedient, man fühlt sich ein bisschen wie ein König", erklärte der Ernährungspsychologe Christoph Klotter von der Hochschule Fulda. Das hebe das Selbstwertgefühl. In der Öffentlichkeit eines Restaurants inszeniere man sich ausserdem, so Klotters Einschätzung. "Wir suchen immer nach dem besonderen Essen, nicht erst seit Instagram", sagte der Wissenschaftler.
"Wenn wir das nicht haben, fühlen wir uns isoliert." Klotter zufolge ist Essen das sozialste Ereignis schlechthin. "In der ganzen Menschheitsgeschichte definieren sich Gruppen darüber, dass sie zusammen essen." (hh/dpa)
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- dpa