Post im Briefkasten

Darmkrebsfrüherkennung: Test per Post ist effektiv

Von , Medizinredakteurin
Lisa Vogel

Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

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Darmkrebs zählt weltweit zu den häufigsten Krebserkrankungen. Allein in Deutschland erkranken jährlich knapp 60 000 Männer und Frauen an Krebs des Dick- oder des Enddarms. Rund 25 000 Erkrankte sterben an diesem Krebsleiden.

Dabei lässt sich Darmkrebs in vielen Fällen verhindern oder zumindest frühzeitig feststellen – nämlich durch konsequente Vorsorge. Ein wichtiger Bestandteil des Früherkennungsangebots ist der immunologische Stuhltest. Mit ihm werden Stuhlproben auf nicht sichtbare Blutspuren untersucht. Blut im Stuhl ist oft der erste Hinweis auf Darmkrebs beziehungsweise seine Vorstufen.

„Zu viele Hürden“

„Bislang haben in Deutschland pro Jahr allerdings nur rund zehn Prozent der Teilnahmeberechtigten den Stuhltest genutzt“, sagt Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Damit hinkt Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinterher.

Ein Grund: In Deutschland ist die Durchführung umständlich. „Man muss den Test in der Arztpraxis besorgen, zu Hause durchführen, wieder in der Praxis abgeben und schliesslich bei einem erneuten Arzttermin das Ergebnis abfragen“, so Brenner. „Das sind zu viele Hürden.“

Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben deshalb gemeinsam mit der AOK Baden-Württemberg, dem Hausärzteverband und MEDI Baden untersucht, ob mehr Leute den Test nutzen, wenn die Bereitstellung einfacher ist. Dazu wurden 17.532 Versicherte aus Baden-Württemberg im Alter von 50 bis 54 Jahren nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen eingeteilt. Die Probanden hatten in den Jahren zuvor keine Darmspiegelung beansprucht und hatten keinen Krebs.

Test im Briefkasten: Dreimal so viele Teilnehmer

Alle drei Gruppen erhielten ein Einladungsschreiben zur Darmkrebsfrüherkennung. Die Teilnehmer in der ersten Interventionsgruppen erhielten zusätzlich mehrere Bestelloptionen (Internet, E-Mail, Fax oder Post) für den Test. Die zweite Interventionsgruppe bekam den Test ohne vorherige Bestellung gemeinsam mit der Einladung. Den Test konnten sie kostenfrei per Post zurücksenden. Die Teilnehmer der dritten Gruppe erhielten nur die Einladung und dienten somit als Kontrollgruppe.

In der Gruppe, die nur die Einladung bekam, änderte sich nichts an der bekannten Teilnahmerate: Sie lag weiterhin bei zehn Prozent. In der Gruppe hingegen, die den Test mit dem Schreiben erhalten hatte, nahmen im Jahr nach der Einladung dreimal so viele Personen teil, die Teilnahmequote lag bei 29,7 %. Bei den Studienteilnehmern, denen die Einladung mehrere Bestelloptionen angeboten hatte, war der Effekt annähernd gleich gross (27,7 %).

Vorstufen entdeckt und entfernt

Zwei Drittel der Studienteilnehmer, die einen auffälligen Testbefund hatten, liessen diesen anschliessend durch eine Koloskopie abklären. Bei über 40 Prozent dieser Teilnehmer spürten Ärzte frühe Darmkrebsvorstufen auf. Über 20 Prozent der untersuchten Patienten hatten sogar fortgeschrittene Veränderungen – die im Zuge der Darmspiegelung gleich entfernt werden konnten.

„Das unterstreicht den hohen Stellenwert, den der immunologische Stuhltest für die Früherkennung von Darmkrebs hat“, sagt Brenner und betont: „Natürlich ist es unerlässlich, einen positiven Test dann auch auf jeden Fall mit einer Darmspiegelung abzuklären.“

Wird der Zugang zum Test leichter?

Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Johannes Bauernfeind, sagt: „Die Studienergebnisse legen nahe, dass wir das Früherkennungsangebot zukünftig um einen erleichterten Zugang zu den Stuhltests erweitern.“

Gesetzlich Krankenversicherte haben im Alter von 50 bis 54 Jahren Anspruch auf einen jährlichen Test, ab einem Alter von 55 jedes zweite Jahr. Ist das Ergebnis eines Stuhltests auffällig, wird der Befund durch eine Darmspiegelung abgeklärt. Alternativ können Männer ab 50 und Frauen ab 55 Jahren auch eine Vorsorge-Darmspiegelung ohne vorherigen Stuhltest durchführen. Was die Darmkrebsvorsorge umfasst und wer wann Anspruch darauf hat, lesen Sie hier.

Autoren- & Quelleninformationen

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Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

Quellen:
  • Brenner, H. et al: Effekte verschiedener Einladungsmodelle auf die Inanspruchnahme immunologischer Tests auf Blut im Stuhl: Ergebnisse einer randomisierten kontrollierten Studie. Deutsches Ärzteblatt, Heft 25/2020, 19. Juni 2020
  • Deutsches Krebsforschungszentrum: Pressemitteilung vom 18.06.2020 (unter www.idw.de; letzter Abruf am 19.06.2020)
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