Coronavirus: In Syrien droht ein „Massensterben“
Hilfsorganisationen warnen vor dramatischen Folgen, sollte sich das neuartige Coronavirus unter den Vertriebenen in Syrien ausbreiten. „Dann muss man, so brutal sich das anhört, fast schon mit einem Massensterben rechnen“, sagte Dirk Hegmanns, Regionaldirektor der Welthungerhilfe für Syrien, der Deutschen Presse-Agentur. „Da die russische Luftwaffe systematisch Klinken zerstört hat, gibt es dort keine Gesundheitsversorgung.“ So gebe es im gesamten Nordwesten Syriens ganze 50 Beatmungsgeräte.
WHO ist „extrem besorgt“
Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO zeigte sich am Mittwoch wegen der Lage im Nordwesten Syriens „extrem besorgt“. Die Bevölkerung in der Region sei besonders gefährdet, unter anderem wegen eingeschränkter Gesundheitsversorgung, erklärte WHO-Sprecher Hedinn Halldorsson. Die WHO arbeite daran, Ausrüstung für Coronatests in die Region zu bringen. Tests sollten in der kommenden Woche beginnen.
Eine Million Geflohene
Die Region um die Stadt Idlib ist das letzte grosse Rebellengebiet des Bürgerkriegslands. Seit Dezember sind nach UN-Schätzungen fast eine Million Menschen vor Bombardierungen und den Truppen der Regierung geflohen.
Die humanitäre Lage ist Hilfsorganisationen zufolge ohnehin dramatisch. Es fehlt akut an Lebensmitteln, Unterkünften und Heizmaterial. Seit fast zwei Wochen gilt eine Waffenruhe, die die Schutzmächte Russland und Türkei vereinbart hatten.
Moskau bombardiert gezielt lebenswichtige Infrastruktur
Moskau unterstützt im Bürgerkrieg die Regierung. In den vergangenen Monaten wurden mehrfach Krankenhäuser in dem Rebellengebiet getroffen. Aktivisten und Menschenrechtler werfen Russland und Syrien vor, gezielt lebenswichtige Infrastruktur zu bombardieren.
Syrien hat bisher offiziell noch keine Coronavirus-Infektionen gemeldet. Hegmanns erklärte, es lägen auch aus den Regionen unter Kontrolle von Regierungsgegnern keine Zahlen vor.
Warnung vor sehr schneller Ausbreitung
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) warnte, eine Ausbreitung des Coronavirus im Norden Syriens könnte ohne zusätzliche Hilfe zu einer kritischen Lage führen: „Die Erkrankung würde sich sehr schnell ausbreiten, vor allem in Lagern.“ Klinken und Gesundheitszentren wären von einem Patientenansturm überfordert. (dpa)