Coronakrise: Merkel kündigt drastische Maßnahmen an
Bund und Länder haben sich auf ein drastisches Massnahmenpaket zur Eindämmung des Coronavirus geeinigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es am Montagabend vorgestellt.
Soziale Kontakte stark einschränken
Um die Ausbreitung des Virus zu bremsen, sollen soziale Kontakte in Deutschland möglichst geringgehalten werden. „Das ist die wirksamste Massnahme, um die Zahl der Erkrankungen und damit auch der schweren Erkrankungen zu reduzieren“, sagte Merkel.
Sie hoffe auf ein Einsehen der Menschen. Es sei beispielsweise sinnlos, eine Schule zu schliessen, wenn sich die gleichen Schüler anschliessend woanders treffen. „Wir kommen desto schneller durch diese Phase hindurch, je mehr sich jeder Einzelne an diese Auflagen und an diese Regelungen hält.“
Was offen bleibt
Alle Geschäfte, die der Versorgung der Bevölkerung dienen, bleiben offen. Die Versorgung der Bevölkerung ist trotz zeitweilig leerer Regale durch Hamsterkäufe nicht gefährdet. Die Ladenöffnungszeiten sollen sogar ausgedehnt werden, das Verkaufsverbot für Sonntage ausgesetzt.
Die Öffnungen sollen unter Wahrung von Hygienemassnahmen erfolgen. Schlangenbildung soll möglichst verhindert werden. Das gilt für
- Supermärkte
- Drogerien
- Apotheken
- Wochenmärkte
- Getränkemärkte
- Lieferdienste
- Dienstleistungen von Handwerkern und anderen Dienstleistern
- Sanitätshäuser
- Banken, Sparkassen
- Poststellen
- Gartenbaumärkte
- Tierbedarfsmärkte
- Tankstellen
- Friseure
- Reinigungen, Waschsalons
- Grosshandel
Was geschlossen wird
- Andere Geschäfte als die oben genannten
- Bars, Kneipen, Clubs, Diskotheken
- Spielplätze
- Theater, Opern, Konzerthäuser
- Museen, Ausstellungen
- Messen
- Kinos
- Freizeit- und Tierparks
- Spielhallen, Spielbanken
- Bordelle
- Sporteinrichtungen (Schwimmbäder, Fitnessstudios etc.)
- Outlets
Weitere Regelungen
Restaurants
Restaurants und Gaststätten sollen frühestens ab 6 Uhr morgens öffnen und spätestens um 18 Uhr schliessen. Dabei seien Abstandsregeln für die Tische sowie Hygienemassnahmen einzuhalten.
Vereine, Bildungsangebote
Zusammenkünfte in Vereinen sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen werden untersagt, ebenso Angebote von Musikschulen, Volkshochschulen und anderen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen.
Kirchen, Synagogen, Moscheen
Religiöse Zusammenkünfte in Kirchen, Synagogen und Moscheen und anderen religiösen Einrichtungen werden bis auf Weiteres untersagt.
Besuchsregelungen für Krankenhäuser Pflegeeinrichtungen etc.
Zum Schutz besonders gefährdeter Menschen sollen Besuchsvorschriften erlassen werden für Krankenhäuser, Pflegeheime, Rehabilitationseinrichtungen und besondere Wohnheime. Der Besuch solle z. B. auf eine Stunde täglich beschränkt werden, so Merkel. Es soll vorläufig keine Besuche von Kindern unter 16 Jahren und vor allem keine Besuche von Personen mit Atemwegsinfekten erfolgen.
Schulschliessungen
Zehntausende Schulen und Kitas bleiben bis zum Ende der Osterferien, also bis Mitte oder Ende April, geschlossen. Der Unterricht soll ausserhalb der Ferien aber zu Hause mithilfe von Arbeitsblättern und Video-Kollegs weitergehen. Deutschlandweit gibt es 2,8 Millionen Grundschüler. In Tageseinrichtungen und Horten werden 3,7 Millionen Kinder betreut.
Keine Urlaubsreisen
Um das Coronavirus einzudämmen, sollen die Deutschen keine Urlaubsreisen ins In- und Ausland mehr unternehmen, sagte die Bundeskanzlerin. Bund und Länder haben daher beschlossen, dass Übernachtungen in Hotels deutschlandweit nur zu notwendigen „und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken“ genutzt werden sollen. Mehrere Veranstalter, darunter Branchenführer TUI, sagten Reisen ab. Einige Fluggesellschaften stellen vorerst den Betrieb ein. Die deutschen Inseln in Nord- und Ostsee sind bereits für Touristen gesperrt.
Ein- und Ausreiseverbote
Deutschland hat bereits die Grenzen zu Österreich, Frankreich, Luxemburg und Dänemark sowie zur Schweiz für den privaten Verkehr geschlossen. Warenverkehr und Berufspendler sind davon nicht betroffen. Geplant ist zudem ein 30-tägiges Einreiseverbot für die gesamte Europäische Union. Ausgenommen würden neben allen EU-Bürgern und ihren Angehörigen, Personen mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung, Diplomaten, Ärzte, Krankenpfleger, Forscher und Experten, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag.
Autoren- & Quelleninformationen
- Ansprache der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 16.03.2020