Teströhrchen im Labor

Corona-Tests im Pool: Zehn auf einen Streich

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Zur Eindämmung der Coronavirus-Ausbreitung empfehlen Experten, möglichst viel zu testen. Doch die Testmaterialien werden zunehmend knapper. Eine mögliche Lösung des Dilemmas: Pool-Testen.

Dabei wird nicht jede Probe einzeln auf das Coronavirus untersucht, sondern gleich mehrere Proben auf einmal. Das restliche Material wandert erst einmal ins Kühl-Archiv. Erst wenn das Virus in der Poolprobe festgestellt wird, testet das Labor die einzelnen Proben nach.

„Testkapazitäten sofort weltweit erhöhen“

Entwickelt hat das Verfahren ein Team um Prof. Sandra Ciesek von der Universität Frankfurt und Prof. Erhard Seifried vom DRK Blutspendedienst. „Damit können wir Testkapazitäten zum Nachweis von SARS-CoV-2 ab sofort weltweit erheblich erhöhen“, sagt Seifried gegenüber NetDoktor.

Für einen Test werden Schleimhaut-Abstrichproben des Rachens beziehungsweise der Nase von mehreren Personen in einer Pufferlösung zusammengeführt. Kann Sars-CoV-2in diesem Gemisch nicht nachgewiesen werden, erhalten sämtliche getesteten Personen ein zuverlässig negatives Ergebnis. Ist der Befund hingegen positiv, werden die rückgestellten Einzelproben getestet, um den oder die infizierten Personen zu identifizieren. Das ist innerhalb von vier Stunden möglich.

Zuverlässige Ergebnisse

Die Forscher haben die neue Minipool-Methode in einem kleinen Feldversuch an 50 Patientenproben getestet. Sie wurden dazu in zehn Minipools à fünf Proben zusammengefasst und parallel auch einzeln getestet. Dabei liessen sich fünf Proben mit Sars-CoV-2-Material in insgesamt vier Minipools zuverlässig identifizieren. Minipools mit Proben von Patienten, die nicht mit Sars-CoV-2 infiziert waren, ergaben einen negativen Befund.

Derzeit untersuchen die Forscher, ob sich auch grössere Pools mit bis zu zehn Proben zuverlässig testen lassen - und sinnvoll sind.

Pooltests werden schon länger unter anderem zur Untersuchung von Blutspenden eingesetzt. Getestet wird dann auf Erkrankungen wie Hepatitis und HIV. In dem Fall umfasst ein einzelner Pool allerdings 96 Proben.

Bald 400.000 Tests an einem Tag?

Derart grosse Pools streben die Forscher bei der Testung auf das Coronavirus nicht an. Sonst muss zu häufig nachgetestet werden. Doch auch in Fünfer- oder Zehnerpacks lassen sich mit dem Verfahren breit angelegte Tests in der Bevölkerung durchführen. Gleichzeitig könnte man viele der sonst benötigten, aber zunehmend knapper werdenden Test-Kits einsparen.

„Mit dem Verfahren wird es möglich, die von allen Wissenschaftlern und auch Politikern geforderte Ausweitung der Testung in weitere Bevölkerungsgruppen früher umzusetzen, als bisher angenommen“, sagt Seifried.

Breite Testungen klären die Lage

So liesse sich die aktuelle Anzahl von etwa 40.000 Untersuchungen pro Tag in ganz Deutschland umgehend auf 200.000 bis 400.000 Untersuchungen steigern, ohne damit die hohe Qualität der Diagnostik zu reduzieren.

Dann liesse sich auch schnell ermitteln, wie hoch die Zahl der infizierten Personen wirklich ist – eine wichtige Information, um einschätzen zu können, welche Massnahmen zur Eindämmung nötig sind.

Zudem könnte das Verfahren helfen, gerade systemrelevante Berufsgruppen wie Ärzte, Krankenschwestern, Polizei, Feuerwehr, Altenheime oder die Nahrungsmittelindustrie regelmässig umfassend zu testen.

Auch für andere Einrichtungen verfügbar

Über die Wissenstransfergesellschaft der Goethe-Universität, Innovectis, kann die Technologie umgehend anderen interessierten Einrichtungen zugänglich gemacht werden. Die Rechte an der in den USA und in Europa zum Patent angemeldeten Erfindung werden gemeinschaftlich von der Goethe Universität und dem DRK Blutspendedienst gehalten.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

Quellen:
  • Pressemitteilung Universität Frankfurt, 30.03.2020
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