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Corona: Suizidraten vorerst unverändert

Von , Volontärin
Ana Goldscheider

Ana Goldscheider hat Journalismus und Unternehmenskommunikation in Hamburg studiert und absolviert nun eine Zusatzausbildung zur Redakteurin. In einer Medizin-Redaktion schreibt sie u.a. Texte für Printmagazine und NetDoktor.

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Die Corona-Krise gilt als besondere Bedrohung für für psychisch labile Menschen. So war die Sorge gross, dass unter dem Einfluss der Pandemie die Zahl der Suizide steigen könnte. Zumindest in Bayern war das bisher nicht der Fall. Experten fürchten aber auch in dieser Hinsicht langfristige Folgen.

Bayerns Behörden haben bislang keine Hinweise auf erhöhte Suizidraten in der Corona-Krise. Nach Angaben des Landeskriminalamtes sind die Zahlen sogar etwas niedriger als im vergangenen Jahr um diese Zeit.

Hotline nur kurzzeitig häufiger genutzt

Bei der Hotline des Krisendienstes Psychiatrie hat sich die Zahl der Anrufe nach einer kurzzeitigen Steigerung auf rund 180 Anrufe pro Tag zu Beginn der Krise wieder auf das Normalmass von 140 pro Tag eingependelt, teilte der zuständige Bezirk Oberbayern auf Anfrage mit.

"Viele Menschen waren besorgt und verängstigt", sagte eine Sprecherin. "Häufig genannte Problemfelder sind Ängste vor Ansteckung, Isolation, Überforderung mit der Situation vor allem für Familien mit Kindern und für Alleinlebende". Dazu kämen Zukunftssorgen, Angst um an Covid-19 erkrankte Angehörige oder um den Arbeitsplatz.

Seelischer Druck verstärkt Depressionen

Grundsätzlich sei die Situation für Menschen, die ohnehin schon an einer psychischen Erkrankung wie einer Depression leiden, besonders schwierig. "Wenn jemand vor der Coronakrise bereits seelisch unter Druck stand, kann die aktuelle Situation das berühmte Fass zum Überlaufen bringen", sagte die Sprecherin. "Durch die Belastung kann getriggert werden, was vorher gerade noch unter Kontrolle war."

Zeitverzögerte Auswirkungen befürchtet

Der Ärztliche Direktor des Isar-Amper-Klinikums in Haar bei München, Peter Brieger, befürchtet, dass psychische Auswirkungen der Krise noch zeitverzögert eintreten können.

"Es könnte sein, dass jetzt so viele soziale Faktoren in die Brüche gehen", sagte Brieger: "Dauerhaft Kurzarbeit, Arbeitsverhältnisse gehen verloren, Partnerschaften gehen in die Brüche, finanzielle Belastungen entstehen oder die Leute betrinken sich daheim aus Langeweile. Das sind alles Risikofaktoren für Suizid."

Und noch einen Risikofaktor sieht er: "Ich glaube, langfristig ist Homeoffice nicht gut für die seelische Gesundheit von Menschen." Dadurch, dass der die Massnahmen nun gelockert wurden, sei das Suizidrisiko jedoch nicht ganz so hoch, wie es bei länger andauernden Ausgangsbeschränkungen der Fall gewesen wäre.

Konstante Suizidzahlen

Zwischen Anfang März und dem 25. Mai nahmen sich 388 Menschen in Bayern das Leben. Im gleichen Zeitraum 2019 waren es 399. Auch die Zahl der Suizidversuche blieb in etwa konstant. In den genannten knapp drei Monaten waren es 461 Menschen, im Jahr zuvor 457.

Einen etwas grösseren Anstieg gab es im Februar, noch vor Beginn der Corona-Massnahmen Deutschland. 321 Menschen in Bayern wollten sich in dem Monat das Leben nehmen, 142 von ihnen starben. Im Februar 2019 waren es insgesamt 272 gescheiterte und vollendete Suizidversuche und damit 49 Fälle weniger als in diesem Jahr. In ganz Deutschland sterben in jedem Jahr mehr Menschen von eigener Hand als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen zusammen.(ag/dpa)

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Ana Goldscheider

Ana Goldscheider hat Journalismus und Unternehmenskommunikation in Hamburg studiert und absolviert nun eine Zusatzausbildung zur Redakteurin. In einer Medizin-Redaktion schreibt sie u.a. Texte für Printmagazine und NetDoktor.

Quellen:
  • Deutsche Presse-Agentur
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