Mann misst Blutdruck beim Sport

Bluthochdruck: Sport besser morgens oder am Abend?

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Die Körperuhr beeinflusst viele Körperprozesse, darunter auch, welche Effekte Sport hat. Für Bluthochdruckpatienten kann der Zeitpunkt des Trainings deshalb entscheidend dafür sein, wie stark der Blutdruck im Anschluss daran sinkt: Am Abend scheint moderates Ausdauertraining in dieser Hinsicht besonders wirksam. Doch auch die Art des eingenommenen Bluthochdruckmedikaments spielt eine Rolle.

Forscher der São Paulo's School of Physical Education and Sports (EEFE-USP) in Brasilien haben untersucht, wie sich ein Ausdauertraining am Morgen oder am Abend auf den Blutdruck auswirkte. Anhand einer Studie mit 50 männlichen Bluthochdruckpatienten zeigte sich das abendliche Training (zwischen 18 und 20 Uhr) dem morgendlichen (zwischen 7 und 9 Uhr) deutlich überlegen.

Blutdruck richtet sich nach dem Tageszyklus

"Unser Organismus wird vom Tageszyklus gesteuert - und der Blutdruck ist keine Ausnahme“, erklärt Studienleiter Leandro Campos de Brito. Die Mechanismen, die den Blutdruck senken, seien abends aktiver, um auf die Nachtruhe vorzubereiten. Jene hingegen, die ihn erhöhen, seien morgens beim Aufwachen aktiver. "Unsere Theorie war daher, dass der Abend ein geeignetes Zeitfenster ist, um signifikante Reduzierungen zu erzielen."

Wie wirken sich verschiedene Medikamente aus?

Nun haben die Autoren in einer weiteren Untersuchung geprüft, inwieweit die Medikation Einfluss auf den Trainingseffekt zu unterschiedlichen Zeiten hat. Dabei konzentrierten sie sich auf zwei Wirkstoffklassen: Blutdrucksenker aus der Gruppe der ACE-Hemmer sowie sogenannte AT1-Rezeptorblocker. Beide wirken in unterschiedlicher Weise auf jenen blutdrucksenkenden Mechanismus im Körper, über den auch abendlicher Sport seine Wirkung entfaltet: die Erweiterung der Blutgefässe.

Teilnehmer der Untersuchung waren 29 Männer, die schon seit mindestens vier Monaten ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorblocker gegen ihren Bluthochdruck einnahmen. Im Unterschied zur vorher genannten Studie wurde hier nicht die langfristige Wirkung von Sport auf den Blutdruck untersucht, sondern sein unmittelbarer Effekt eine halbe Stunde nach einem 45-minütigen Training am Morgen beziehungsweise Abend.

Stärker abendlicher Sporteffekt bei AT1-Rezeptorblockern

Sowohl beim morgendlichen als auch beim abendlichen Training war der Blutdruck der Männer gesunken. Allerdings war dieser Effekt bei Behandlung mit AT1-Rezeptorblockern am Abend höher: Während die Blutdruckwerte der Probanden durch Morgensport um 6 mmHg sanken, waren es nach dem abendlichen Training 11 mmHg.

Bei Teilnehmern, die mit ACE-Hemmern behandelt wurden, lag die Blutdruckreduktion durch Sport am Morgen bei 8 mmHg. Nach dem abendlichen Training sanken die Werte nur um 6 mmHg – also nahezu nur halb so stark wie bei den Teilnehmern, die AT1-Rezeptorblocker einnahmen.

Die Studie umfasste einen Zeitraum von 10 Wochen, in dem die Männer dreimal wöchentlich auf einem Fahrradergometer trainierten.

Einschränkungen der Studien

Die Aussagekraft der Studien wird allerdings durch einige Umstände eingeschränkt:

  • Die Zahl der Studienteilnehmer war mit 50 bzw. 29 sehr klein.
  • Es nahmen keine Frauen teil, bei denen physiologische Prozesse häufig anders ablaufen als bei Männern.
  • Andere blutdrucksenkende Wirkstoffklassen wie Betablocker, Diuretika und Kalzium-Antagonisten wurden in der Untersuchung nicht berücksichtigt.

Vor allem ist es schwierig, den wahren Effekt von Sport auf den Blutdruck zu erfassen: Das morgendliche Training fand zu einem Zeitpunkt statt, in dem der Blutdruck natürlicherweise steigt. Und das abendliche Training erfolgte zu einem Zeitpunkt, in dem der Blutdruck ohnehin besonders niedrig ist. Beides könnte die Effekte verzerren.

Wenn man beide Studien im Zusammenhang betrachtet, sind die Hinweise auf ein höhere Effektivität abendlichen Trainings hinsichtlich Blutdrucksenkung jedoch gegeben.

Sport ist bei Bluthochdruck immer wichtig!

Unabhängig von der Art der eingenommenen Blutdrucksenker wirkt sich Sport positiv auf einen Bluthochdruck aus und kann die Werte auch nachhaltig senken. Unter anderem fördert er langfristig die Elastizität und Flexibilität der Gefässe und baut Stress ab.

„Jeder, der Ausdauertraining betreibt, sollte danach eine gewisse Blutdrucksenkung beobachten. Bei Menschen mit hohem Blutdruck aber ist der Abfall noch signifikanter", sagt Campos de Brito. Schon eine Trainingseinheit reiche aus, um ein gewisses Mass an Herz-Kreislauf-Schutz zu erreichen. Denn Untersuchungen zufolge sei der Effekt nicht nur kurzfristig, sondern ziehe sich über mehrere Stunden hin. "Manche Forscher gehen sogar davon, dass jede Trainingseinheit wie ein Stein in einer Wand wirkt, in dem Sinne, dass Training eine langfristige positive Wirkung hat", sagt der Wissenschaftler.

Besonders für Patienten, die auf eine medikamentöse Behandlung nicht gut ansprechen, könnte Sport am Abend eine gute Ergänzung sein, schreiben die Forscher. "Menschen mit resistenter Hypertonie, die drei oder mehr Arten von Medikamenten einnehmen, ohne das gewünschte Kontrollniveau zu erreichen, können davon besonders profitieren“, so Campos de Brito.

Worauf Hochdruckpatienten beim Sport achten müssen

Da unter sportlicher Belastung der Blutdruck zunächst steigt, sollten Bluthochdruckpatienten einiges berücksichtigen, bevor sie mit dem Training beginnen:

  • Belasten Sie sich nicht zu stark, um Blutdruckspitzen zu vermeiden.
  • Trainieren Sie moderat, also so, dass Sie sich währenddessen noch gut unterhalten können.
  • Steigern Sie Ihre Trainingsintensität nur langsam.
  • Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, welches Trainingspensum und welche Sportarten für Sie geeignet sind.
  • Machen Sie gegebenenfalls vor dem ersten Training eine sportmedizinische Untersuchung.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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