Ärzte dürfen Sterbehilfe leisten
Gott oder der freie Wille - wer soll über Leben und Sterben eines Menschen entscheiden? Das Bundesverfassungsgericht hat im Frühjahr 2020 den umstrittenen Sterbehilfe-Paragrafen 217 gekippt. Ärzte dürfen den Suizid von Patienten seither straffrei unterstützen. Ein hochkarätig besetztes Fernsehspiel greift das brisante Thema auf der Grundlage des Theaterstücks "Gott" von Ferdinand von Schirach auf.
Die ARD strahlt den Film am Montag, den 23. November um 20:15 Uhr aus. Darin diskutiert ein fiktionaler Ethikrat zum Thema selbstbestimmtes Sterben.
Die Zuschauer sind dazu aufgerufen, mitzudiskutieren und abzustimmen. Im Anschluss wird Frank Plasberg in seiner Sendung "hart aber fair" die Entscheidung der Zuschauer im Rahmen einer Expertenrunde diskutieren. Entsprechende Diskussionsrunden sind auch im SRF und ORF geplant.
Gesetzesänderung im Februar 2020
Erst im Februar dieses Jahres hatte Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den umstrittenen Sterbehilfe-Paragrafen 217 des Strafgesetzbuchs gekippt. Er verstosse gegen das Grundgesetz, das ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben gebe, so damals der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Vosskuhle, bei der Urteilsverkündung.
Seit Dezember 2015 hatte der Gesetzgeber die "geschäftsmässige Förderung der Selbsttötung" untersagt. Wer dagegen verstiess, dem drohten bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Hintergrund der früheren Entscheidung war die Sorge, dass kommerzielle Sterbehilfeorganisationen den assistierten Suizid alltäglich werden lassen könnten.
Juristische Grauzone
Der Paragraf brachte auch Mediziner in eine schwierige Lage. Denn geschäftsmässig bedeutet nicht zwangsläufig, dass man Geld mit Sterbehilfe verdient. Der Begriff zielt auf die Wiederholung einer Tat ab. Auch wer als Arzt wiederholt einen erwünschten Suizid schwerkranker Patienten unterstützte oder sogar nur dazu beriet, begab so in eine juristische Grauzone. Im Grunde konnten daher nur Angehörige ihren Lieben straffrei beim Suizid unterstützen.
Gegen den Paragrafen geklagt hatten betroffene Patienten, Ärzte, Palliativmediziner und Sterbehilfevereine. Letztere dürfen aufgrund des Gesetzes in Deutschland nicht mehr tätig sein. Schwerkranke Menschen, die einen assistierten Suizid wünschen, müssen derzeit beispielsweise in die Schweiz reisen, wo Sterbehilfe nicht verboten ist.
Unklare Rechtslage geklärt
Zwar hatte das Bundesverwaltungsgericht 2017 entschieden, dass unheilbar Kranken in extremen Einzelfällen ein Betäubungsmittel nicht verwehrt werden dürfe, das "eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht". Doch lehnte das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bisher alle Anträge für eine solche Massnahme ab. Eine entsprechende Weisung hatte das Bundesgesundheitsministerium aufgrund der unklaren Rechtslage erteilt.
Aktive Sterbehilfe bleibt verboten
Aktive Sterbehilfe bleibt auch nach der heutigen Rechtsprechung in Deutschland weiterhin verboten und kann als "Tötung auf Verlangen" bestraft werden. Passive Sterbehilfe wie beispielsweise der Verzicht auf lebensverlängernde Massnahmen war schon vor dem aktuellen Urteil möglich, wenn der Patient einen entsprechenden Willen beispielsweise in Form einer Patientenverfügung dokumentiert hatte.
Autoren- & Quelleninformationen
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Strafgesetzbuch (StGB) § 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
- Deutsche Stiftung Pateintenschutz
- Tagesschau.de, letzter Abruf 26.02.2020