Sotalol

Von , Apotheker und Pharmazie-Journalist
Mag. pharm. Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

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Sotalol ist ein Antiarrhythmikum, also ein Mittel gegen Herzrhythmusstörungen. Es wirkt, indem es den Kalium-Ausstrom aus den Herzmuskelzellen beeinflusst. Allerdings kann Sotalol auch selbst Herzrhythmusstörungen auslösen. Deshalb wird es nur eingesetzt, wenn dieses Risiko kleiner ist als der Nutzen der Behandlung. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind etwa Müdigkeit, Schwäche und Schwindel. Erfahren Sie mehr zu Sotalol, seinen Anwendungsgebieten, Neben- und Wechselwirkungen!

Wie wirkt Sotalol?

Sotalol ist ein sogenanntes Klasse-III-Antiarrhythmikum (= Kaliumkanalblocker). Es verlängert die elektrische Erregung (Aktionspotenzial) im Vorhof und den Kammern (Ventrikeln) des Herzens, indem es den Ausstrom von Kaliumionen aus den Herzmuskelzellen hemmt.

Sotalol verlängert dadurch das sogenannte QT-Intervall. Dieser Zeitabschnitt im EKG repräsentiert die Gesamtdauer der Kammererregung

Darüber hinaus fungiert Sotalol als nicht-selektiver Betablocker. Das heisst: Der Wirkstoff hemmt am Herzen bestimmte Andockstellen von Botenstoffen wie Adrenalin. Das hat unter anderem zur Folge, dass der Blutdruck sinkt, die Weiterleitung elektrischer Signale im Herzen abnimmt und die Herzfrequenz sich verringert.

Erregung des Herzens

Unser Herz muss sich in regelmässigen Abständen zusammenziehen (kontrahieren), um Blut in den Kreislauf zu pumpen - also den Körper und seine Organe mit Blut zu versorgen.

Jede Kontraktion des Herzmuskels wird durch eine elektrische Erregung der Herzmuskelzellen ausgelöst. Diese Erregung startet in den sogenannten Schrittmacherzellen des Sinusknotens:

Die von den Schrittmacherzellen erzeugten spontanen elektrischen Impulse werden über die Fasern des Erregungsleitungssystems zunächst zum Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) weitergeleitet. Dieser sitzt am Übergang vom rechten Vorhof zur Kammer.

Die weitere Erregungsübertragung geschieht über das sogenannte His-Bündel, die Kammerschenkel und die Purkinje-Fasern in den Herzkammern (Ventrikeln). Durch dieses komplexe System ist das Herz mehrfach gegen einen Stillstand gesichert.

Pro Minute gehen vom Sinusknoten etwa 60 bis 80 Erregungen aus.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Zu den typischen Nebenwirkungen von Sotalol gehört ein zu langsamer Herzschlag (Bradykardie) infolge des verlängerten Aktionspotenzials. Da dadurch weniger Blut in den Körper gepumpt wird, sind auch Müdigkeit, Schwindel, Schwäche und Atemstörungen als Nebenwirkungen möglich.

Sotalol kann (wie andere Antiarrhythmika) auch potenziell gefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen (wie Torsade de pointes). Behandelnde Mediziner schätzen daher individuell für jeden Patienten das Nutzen-Risiko-Profil ab, bevor sie Sotalol verordnen.

Seltenere Nebenwirkungen finden Sie in der Packungsbeilage Ihres Sotalol-Medikaments. Wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker, wenn Sie unerwünschte Begleiterscheinungen vermuten.

Wie gefährlich ist Sotalol?

Antiarrhythmika wie Sotalol greifen in die Erregungsbildung im Herzen ein, um den unregelmässigen Herzrhythmus wieder zu normalisieren. Das kann seinerseits jedoch selbst (potenziell gefährliche) Herzrhythmusstörungen verursachen.

Das Risiko für medikamentenbedingte Herzrhythmusstörungen (z.B. Torsade de Pointes) wurde lange Zeit unterschätzt. Mittlerweile unterliegen Antiarrhythmika aber aufgrund dieses Risikos zahlreichen Gegenanzeigen (Kontraindikationen) und Anwendungsbeschränkungen.

Ist eine Therapie mit Antiarrhythmika notwendig, überwachen die behandelnden Mediziner die Patienten engmaschig.

Wann wird Sotalol eingesetzt?

Sotalol ist zugelassen für die Behandlung verschiedener Herzrhythmusstörungen. Dazu zählen zum Beispiel gefährliche Rhythmusstörungen, die von den Herzkammern ausgehen (ventrikuläre Arrhythmien).

So wird Sotalol eingenommen

Sotalol ist in Form von Tabletten mit 80 oder 160 Milligramm Wirkstoff verfügbar. Nehmen Sie die Tabletten vor den Mahlzeiten unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit (z.B. einem Glas Wasser) ein.

Die Behandlung wird bei Erwachsenen üblicherweise mit zweimal täglich 80 Milligramm Sotalol begonnen. Wenn diese Dosis nicht ausreichend wirkt, kann sie nach frühestens zwei bis drei Tagen erhöht werden - auf dreimal täglich 80 Milligramm bis zweimal täglich 160 Milligramm.

Bei lebensbedrohenden Herzrhythmusstörungen kann der Arzt oder die Ärztin die tägliche Dosierung kurzfristig auf bis zu 640 Milligramm Sotalol anheben.

Während der Dosis-Einstellung wird die Herzfunktion von Patienten sorgfältig überwacht. Auch im Laufe der Behandlung sind regelmässige Kontrolluntersuchungen nötig.

Wann sollte man Sotalol nicht einnehmen?

Sotalol darf man im Allgemeinen in folgenden Fällen nicht anwenden:

  • wenn man überempfindlich oder allergisch auf den Wirkstoff oder einen der anderen Bestandteile des Medikaments reagiert
  • schwere Herzschwäche (Herzinsuffizienz); Herzschwäche, die der Körper nicht ausgleichen kann (dekompensierte Herzinsuffizienz)
  • nach einem akuten Herzinfarkt
  • Schock
  • im Rahmen einer Anästhesie, die eine verminderte Herzleistung begünstigt
  • Funktionsstörung des “Schrittmacher” des Herzens (Sinusknotensyndrom oder Sick-Sinus-Syndrom)
  • mittel- und höhergradige Störung der Erregungsübertragung zwischen Vorhöfen und Herzkammern (AV-Block II. oder III. Grades)
  • Herzrhythmusstörung mit verlangsamtem Herzschlag (Bradykardie)
  • vorbestehende QT-Zeit-Verlängerung
  • Nierenversagen (weil Sotalol über die Nieren ausgeschieden wird)
  • Kaliummangel (Hypokaliämie) oder Magnesiummangel (Hypomagnesiämie)
  • niedriger Blutdruck (Hypotonie)
  • Spätstadium peripherer Durchblutungsstörungen (z.B. in Armen, Beinen)
  • Atemwegserkrankungen mit Verengung der Atemwege (obstruktive Atemwegserkrankungen) wie COPD und Asthma bronchiale
  • stoffwechselbedingt zu niedriger pH-Wert im Blut (metabolische Azidose)
  • unbehandelter Phäochromozytom (seltener Tumor der Nebennierenrinde)
  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (mangelnde Erfahrung)

Diese Wechselwirkungen können bei Sotalol auftreten

Wird Sotalol gemeinsam mit bestimmten anderen Antiarrhythmika eingenommen, sind ein verstärkter Blutdruckabfall und Überleitungsstörungen im Herzen möglich. Das gilt zum Beispiel für Calciumkanalblocker vom Nifedipin-, Verapamil- oder Diltiazem-Typ.

Die gleichzeitige Einnahme von anderen Wirkstoffen, die ebenfalls Beta-Rezeptoren blockieren, begünstigt Blutdruckabfälle und eine Verlangsamung des Herzschlags (Bradykardie).

Sotalol kann wie andere Antiarrhythmika und Narkosemittel (Narkotika) die Pumpkraft des Herzens verringern. Diese sogenannte negativ inotrope Wirkung kann sich bei kombinierter Anwendung dieser Wirkstoffe verstärken.

Sotalol darf nur äusserst vorsichtig mit Wirkstoffen kombiniert werden, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern. Dazu zählen:

Die Wirkung von Sotalol auf die Herzfrequenz (Abnahme) und die Reizweiterleitung (Verlangsamung) kann zunehmen, wenn man gleichzeitig einen der folgenden Wirkstoffe anwendet:

  • Clonidin, Reserpin oder alpha-Methyldopa (u.a. Mittel gegen Bluthochdruck)
  • Guanfacin (Mittel bei ADHS)
  • herzwirksame Glykoside (Mittel bei Herzinsuffizienz)

Bei gleichzeitiger Anwendung von Sotalol und Monoaminoxidase-Hemmstoffen (MAO-Hemmer: Mittel gegen Depression) kann der Blutdruck überschiessend ansteigen. Das Gleiche kann passieren, wenn man während der Sotalol-Therapie den gleichzeitig angewendeten Blutdrucksenker Clonidin plötzlich absetzt.

Umgekehrt kann der Blutdruck bei gleichzeitiger Einnahme bestimmter Medikamente auch stark abfallen. Zu diesen Medikamenten zählen:

  • Trizyklische Antidepressiva (wie Amitriptylin)
  • Barbiturate (Mittel mit beruhigender, betäubender und schlaffördernder Wirkung, z.B. gegen gegen Epilepsie wie Phenobarbital)
  • Phenothiazine (Mittel gegen Psychosen)
  • Narkosemittel (Narkotika)
  • Blutdruckmedikamente
  • Entwässerungsmittel (Diuretika)
  • gefässerweiternde Mittel (Vasodilatatoren wie Glyceroltrinitrat)

Während der Einnahme von Sotalol sollten Sie auf Alkohol verzichten. Die Kombination löst in Einzelfällen nämlich Rhythmusstörungen der Herzkammern (Kammerarrhythmien) aus.

Magnesiummangel erhöht unter Sotalol das Risiko für Arrhythmien. Protonenpumpenhemmer (Mittel gegen Sodbrennen) wie Omeprazol, Lanzoprazol, Pantoprazol und Rabeprazol stehen im Verdacht, einen Magnesiummangel zu begünstigen.

Bei kaliumausschwemmenden Diuretika wie Furosemid und Hydrochlorothiazid besteht die Gefahr, dass unter Sotalol-Therapie kaliummangelbedingte Herzrhythmusstörungen auftreten.

Sotalol verringert die Wirkung von Betasympathomimetika wie Salbutamol und Terbutalin (gegen Asthma, COPD etc.). Womöglich muss dann die Dosis dieser Arzneimittel erhöht werden.

Sotalol verstärkt die Wirkung von bestimmten muskelentspannenden Medikamenten - neuromuskulären Blockern, die sich von Tubocurarin ableiten. Derartige Arzneistoffe werden vorrangig in der Intensivmedizin eingesetzt.

Die gleichzeitige Anwendung von Sotalol und Diabetesmedikamenten (Insulin, oralen Antidiabetika) kann einen Unterzucker (Hypoglykämie) auslösen und dessen Anzeichen verschleiern. Die Gefahr besteht besonders bei gleichzeitiger körperlicher Belastung.

Informieren Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin vor Behandlungsbeginn über sämtliche Medikamente, die Sie einnehmen. Dazu zählen sowohl rezeptpflichtige als auch rezeptfreie Präparate (auch pflanzliche).

Sotalol in der Schwangerschaft und Stillzeit

Bisher liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit der Anwendung von Sotalol in der Schwangerschaft und Stillzeit vor. Die Entscheidung über die Anwendung treffen Mediziner gemeinsam mit ihren Patientinnen.

Weil Sotalol die Plazenta gut überwindet, eignet es sich auch zur Behandlung von Rhythmusstörungen mit beschleunigtem Herzschlag (Tachykardien) beim Ungeborenen.

So erhalten Sie Medikamente mit Sotalol

Sotalol ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz verschreibungspflichtig. Medikamente mit diesem Wirkstoff erhält man also nur mit einem ärztlichen Rezept in der Apotheke.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Christopher Waxenegger
Mag. pharm.  Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

Quellen:
  • Fachinformation zu Sotalol-Präparaten (Deutschland), unter: www.dimdi.de (Abruf: 20.03.2023).
  • Fachinformation zu Sotalol-Präparaten (Österreich), unter: www.basg.gv.at (Abruf: 20.03.2023).
  • Fachinformation zu Sotalol-Präparaten (Schweiz), unter: www.swissmedicinfo.ch (Abruf: 20.03.2023).
  • Friese, K. et al.: Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 8. Auflage, 2016.
  • Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen - Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 11. Auflage, 2020.
  • Karow, T. et Lang-Roth, R.: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Thomas Karow Verlag, 29. Auflage, 2021.
  • Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin: Sotalol, unter: www.embryotox.de (Abruf: 20.03.2023).
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