Sertralin
Sertralin gehört zur Klasse der Selektiven-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Der Wirkstoff hilft Patienten, indem er stimmungsaufhellend, aktivierend und angstlösend wirkt. Auch bei Zwangsstörungen wird Sertralin mit gutem Erfolg eingesetzt. Der Effekt setzt nicht sofort, sondern verzögert ein. Hier lesen Sie alles Wichtige über die Wirkung und Anwendung von Sertralin, Nebenwirkungen und Warnhinweise.
So wirkt Sertralin
Der Wirkstoff Sertralin gehört zur Gruppe der „Selektiven-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer“ (SSRI): Er hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin in seine Speicherzellen. Dadurch steigt die Menge an freiem und damit aktivem Serotonin, was einen stimmungsaufhellenden, aktivierenden und angstlösenden Effekt hat.
Im Gehirn und Rückenmark (Zentrales Nervensystem) sorgt das Zusammenspiel aus verschiedenen Botenstoffen (Neurotransmitter) dafür, dass man angemessen auf bestimmte Situationen (wie Freude, Aufregung etc.) reagieren kann. Dazu werden die verschiedenen Botenstoffe (wie Serotonin und Noradrenalin) je nach Bedarf von Nervenzellen ausgeschüttet und später wieder aufgenommen und gespeichert.
Dieses Gleichgewicht der Botenstoffe ist bei Menschen, die etwa unter einer depressiven Erkrankung leiden, nach aktuellem Kenntnisstand oft gestört. Es treten Symptome wie Niedergeschlagenheit, Schlaflosigkeit und Angstzustände auf, die dem Betroffenen eine aktive Teilnahme am normalen Lebensalltag erschweren.
Aufnahme, Abbau und Ausscheidung
Sertralin wird fast vollständig aus dem Darm aufgenommen und danach über die Leber verstoffwechselt. Die Wirkung tritt meist nach einer Anwendungsdauer von etwa zwei Wochen ein, es kann aber bis zu einem Monat und länger dauern, bis sich die Sertralin-Wirkung vollständig entfaltet.
Wann wird Sertralin eingesetzt?
Zu den Anwendungsgebieten (Indikationen) von Sertralin gehören:
- depressive Erkrankungen
- Zwangsstörungen
- Angststörungen
- Panikstörungen
- posttraumatische Belastungsstörung
So wird Sertralin angewendet
Sertralin wird in Form von Tabletten oder Kapseln einmal täglich morgens oder abends mit ausreichend Flüssigkeit (ein grosses Glas Wasser) eingenommen. Die Sertralin-Dosierung beträgt je nach Krankheit 25 bis 50 Milligramm pro Tag. Wenn nötig, kann die Dosis auf bis zu 200 Milligramm täglich gesteigert werden.
Zu Beginn der Therapie wirkt Sertralin hauptsächlich antriebssteigernd, während die stimmungsaufhellende Wirkung meist erst später einsetzt. Deshalb muss bei Menschen, die suizidale Gedanken haben, am Anfang der Therapie zusätzlich ein beruhigendes Medikament gegeben werden. Dieses kann abgesetzt werden, sobald durch Sertralin eine ausreichende stimmungsaufhellende Wirkung eingetreten ist.
Soll eine Therapie mit Sertralin beendet werden, muss dies schrittweise über einen Zeitraum von mehreren Wochen erfolgen.
Welche Nebenwirkungen hat Sertralin?
Zu den häufigsten Sertralin-Nebenwirkungen gehören Magen-Darm-Beschwerden (Durchfall, Übelkeit), Schwindel, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Mundtrockenheit und bei Männern ein verzögerter Samenerguss. Sie treten bei mehr als zehn Prozent der Behandelten auf.
Häufig (also bei einem bis zehn Prozent der Patienten) kann es unter anderem zu Geschmacksveränderungen, Sehstörungen, vermehrtem Schwitzen und Hitzewallungen, Zwangsgähnen, Erbrechen, Verstopfung, Verdauungsstörungen und Ohrgeräusche (Tinnitus) kommen. Darüber hinaus kann Sertralin Gewichtszunahme oder –abnahme auslösen.
Was ist bei der Einnahme von Sertralin zu beachten?
Gegenanzeigen
Der Wirkstoff Sertralin darf nicht gleichzeitig mit Antidepressiva aus der Gruppe der Monoaminooxidasehemmern (MAO-Hemmer wie Tranylcypromin, Moclobemid oder Selegilin) angewendet werden, da es dabei zu einer für das Gehirn schädlichen Erhöhung der Serotonin-Konzentration kommen kann. Anzeichen einer solchen Vergiftung (Serotonin-Syndrom) sind Erregungszustände, Zittern, Muskelstarre, Temperaturanstieg und Bewusstseinstrübungen.
Auch bei schwerer Leber- oder Nierenfunktionsstörung, erhöhter Krampfbereitschaft oder akuter Vergiftung mit Alkohol oder Medikamenten (Schlaf-, Schmerzmittel, Psychopharmaka) darf Sertralin nicht eingenommen werden.
Besondere Vorsicht geboten ist generell bei Patienten mit Epilepsie. Das gilt auch für Menschen, die unter Grünem Star (Glaukom) leiden. Selten stört Sertralin bestimmte Blutzellen, etwa Blutplättchen. Bei einer erhöhten Blutungsneigung wägen Ärzte Nutzen und Risiko daher besonders genau ab.
Wechselwirkungen
Sertralin erhöht bei gleichzeitiger Gabe die Konzentration von trizyklischen Antidepressiva, Haloperidol (bei Psychosen), Phenytoin und Carbamazepin (bei Epilepsie), Diazepam (bei Erregungs- und Angstzuständen, Epilepsie etc.) und Lithiumsalzen (bei manisch-depressiven Störungen). Steht keine Alternativtherapie zur Verfügung, muss die Dosis durch den behandelnden Arzt angepasst werden.
Während der Behandlung mit Sertralin sollte Alkoholkonsum vermieden werden.
Schwangerschaft und Stillzeit
Der Wirkstoff gehört zu den Antidepressiva der Wahl bei Frauen in der Schwangerschaft und Stillzeit. Zur Anwendung bei diesen Patientengruppen gibt es viel Erfahrung. Bei einer behandlungsbedürftigen Depression sollte eine Therapie mit Sertralin unverändert fortgesetzt werden.
Vor der Entbindung sollte mit der Patientin ein Absetzen oder eine Dosisverminderung besprochen werden, da so Anpassungsstörungen des Neugeborenen weitgehend verhindert werden können. Nach der Entbindung kann die Therapie sofort wieder aufgenommen werden.
Altersbeschränkungen
Sertralin besitzt eine Zulassung zur Behandlung von Zwangsstörungen für Kinder ab 6 Jahren.
Kinder und Jugendliche, die an einer depressiven Erkrankung leiden, sollten nicht mit dem Wirkstoff Sertralin behandelt werden. Hier steht als Mittel der ersten Wahl Fluoxetin ab dem Alter von 8 Jahren zur Verfügung.
So erhalten Sie Medikamente mit Sertralin
Die Behandlung psychischer Erkrankungen gehört in die Hände eines erfahrenen Arztes. Deshalb sind Medikamente mit dem Wirkstoff Sertralin in Deutschland, Österreich und der Schweiz verschreibungspflichtig, also nur mit einem Rezept vom Arzt in Apotheken erhältlich.
Seit wann ist Sertralin bekannt?
Sertralin wurde bereits 1997 in Deutschland zugelassen. Es gilt deshalb als wohlerprobtes Antidepressivum und wird als Mittel der Wahl bei depressiven Erkrankungen eingesetzt.
Autoren- & Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
- Benkert, O. & Hippius, H.: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, Springer Verlag, 12. Auflage, 2019
- Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen - Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 11. Auflage, 2020
- Gerlach, M. et al.: Neuro-/Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter: Grundlagen und Therapie, Springer Verlag GmbH, Berlin-Heidelberg, 3. Auflage, 2016
- Gründer, G. et Benkert, O.: Handbuch der Psychopharmakotherapie, Springer Verlag GmbH, Berlin-Heidelberg, 2. Auflage, 2012
- Karow, T. et Lang-Roth, R.: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Thomas Karow Verlag, 22. Auflage, 2013
- Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin: Sertralin, unter: www.embryotox.de (Abruf: 27.05.2021)