Ranitidin

Von Lisa Hein
und , Apotheker und Pharmazie-Journalist
Mag. pharm. Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

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Ranitidin gehört zu den Arzneimitteln gegen Sodbrennen und Magen-Darm-Geschwüren. Weil der Wirkstoff nicht so stark wirksam ist wie andere Medikamente gegen diese Krankheiten, wird Ranitidin nur als Mittel der zweiten Wahl eingesetzt. Auch Kinder und Schwangere dürfen den Wirkstoff nach ausführlicher ärztlicher Untersuchung einnehmen. Zurzeit ruhen die Zulassungen wegen chemischer Verunreinigung. Hier lesen Sie alles Wichtige über Ranitidin.

So wirkt Ranitidin

Ranitidin gehört zu den sogenannten H2-Antihistaminika und hemmt die Säureproduktion in speziellen Zellen (Belegzellen) des Magens. Dort blockiert der Wirkstoff die Andockstellen (Rezeptoren) vom säurestimulierenden Histamin, wodurch weniger Säure in den Mageninnenraum gepumpt wird. In der Folge wird das Magenmilieu weniger sauer, was die Beschwerden lindert.

Besonders im nüchternen Zustand ist das Magen-Milieu sehr sauer. Das ist wichtig, da hier die aufgenommene Nahrung auf einen Mix aus Säure und Enzymen treffen muss, um eine erste Verdauung und Bakterien-Abtötung sicherzustellen.

Um dieses Milieu aufrechtzuerhalten, verfügt der Körper über einen komplexen Regelmechanismus, an dem verschiedene Botenstoffe wie Histamin und Acetylcholin (säurestimulierend) sowie Prostaglandine (säurehemmend) beteiligt sind.

Normalerweise würde die aggressive Magensäure auch die Magenwand angreifen, wenn diese nicht geschützt wäre. An diesem Schutz ist hauptsächlich ein Säure-neutralisierender Schleim beteiligt, der wie ein Film über der Mageninnenwand liegt.

In Einzelfällen kann dieser Schutz jedoch beeinträchtigt sein oder nicht ausreichen. Die Säure kann dann durch Angriff der Magenwand ein Geschwür verursachen. Beim Sodbrennen kommt es ausserdem zum Aufstossen.

Saurer Mageninhalt steigt nach oben (Reflux) und kommt mit der ungeschützten Schleimhaut der Speiseröhre in Kontakt. Eine Entzündung der Speiseröhre ist die mögliche Folge (Refluxösophagitis).

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung

Nach der Aufnahme über den Mund (oral) wird der Wirkstoff in ausreichender Menge aus dem Darm ins Blut aufgenommen. Das Wirkmaximum tritt nach ungefähr zwei Stunden ein.

Nach seiner Verteilung im Körper wird Ranitidin in der Leber abgebaut. Die Abbauprodukte werden schliesslich über die Nieren ausgeschieden.

Wann wird Ranitidin eingesetzt?

Zu den Anwendungsgebieten (Indikationen) von Ranitidin gehören:

  • Duodenalulzera (Geschwürz des Zwölffingerdarms) einschliesslich Rezidivprophylaxe
  • Magenulzera (Geschwür des Magens) einschliesslich Rezidivprophylaxe
  • Refluxösophagitis
  • Zollinger-Ellison-Syndrom (abnorme Gastrinsekretion)
  • Prophylaxe der Säureaspiration (unbeabsichtigtes Einatmen von Magensäure) während der Geburt

Die Behandlungsdauer richtet sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung und beträgt normalerweise vier bis zwölf Wochen.

So wird Ranitidin angewendet

Üblicherweise wird Ranitidin in Form von Tabletten angewendet. Die übliche Tagesdosis reicht von 75 Milligramm (kurzfristige Behandlung von Sodbrennen) bis hin zu 300 Milligramm (bei akuten Magen-Darm-Geschwüren).

Die Tabletten können unabhängig von einer Mahlzeit eingenommen werden, gelegentlich empfiehlt sich eine Einnahme direkt nach dem Essen vor dem Schlafengehen.

Über einen Zeitraum von 14 Tagen darf man in Deutschland und der Schweiz Sodbrennen mit Ranitidin selbst behandeln. Sollten sich die Symptome dann noch nicht gebessert haben, wird eine ärztliche Untersuchung empfohlen.

Welche Nebenwirkungen hat Ranitidin?

Häufig, das heisst bei mehr als zehn Prozent der Behandelten, kann Ranitidin Nebenwirkungen wie Durchfall und Bauchschmerzen hervorrufen. Dies ist vor allem auf den Anstieg der Bakterienzahl im Magen zurückzuführen, da weniger Säure im Magen für eine Abtötung der Bakterien in der Nahrung zur Verfügung steht.

Gelegentlich kann es durch die Einnahme von Ranitidin zu Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen kommen. Ausserdem treten in seltenen Fällen Wasseransammlungen im Gewebe (Ödeme), Schwindel und Herzrhythmusstörungen auf.

Was ist bei der Einnahme von Ranitidin zu beachten?

Wechselwirkungen

Bei einer gleichzeitigen Anwendung kann Ranitidin die Wirkung der folgenden Medikamente verstärken:

Durch die Veränderung des Magen-Milieus kann es dazu kommen, dass folgende Wirkstoffe besser aufgenommen werden, was ihre Wirkung verstärkt:

Die Aufnahme von folgenden Medikamenten wird durch Ranitidin verringert, wodurch es zu einer Wirkabschwächung kommen kann:

  • Ketoconazol (bei Pilzerkrankungen)
  • Gefitinib (bei Krebserkrankungen)

Verkehrstüchtigkeit und Bedienen von Maschinen

Durch die Einnahme von Ranitidin kann es gelegentlich zu einer Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens kommen. Deshalb sollte jeder die Reaktion des eigenen Körpers auf das Medikament abwarten und zusammen mit dem Arzt über die Fahrtüchtigkeit entscheiden.

Dies gilt insbesondere in Kombination mit Alkohol, da Ranitidin dessen Abbau verlangsamt.

Altersbeschränkungen

Ranitidin sollte Mangels Erfahrungen nicht bei Kindern unter drei Jahren oder mit einem Körpergewicht kleiner 30 Kilogramm angewendet werden.

In der Selbstmedikation darf Ranitidin nicht bei Kindern unter 16 Jahren angewendet werden.

Treten bei Kindern oder Jugendlichen Symptome wie saures Aufstossen oder Magenschmerzen auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Schwangerschaft und Stillzeit

Medikamente mit Ranitidin dürfen von Schwangeren und Stillenden nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung eingenommen werden, wenn neutralisierende Arzneimittel (Antazida) keinen Erfolg bei der Behandlung von Sodbrennen hatten.

Erfahrungen haben gezeigt, dass Ranitidin sehr gut vertragen wird und keine bleibenden Schäden beim Ungeborenen und Säugling hinterlässt. Es gilt damit als ein Mittel der Wahl bei Schwangeren und Stillenden.

So erhalten Sie Medikamente mit Ranitidin

Medikamente mit einer niedrigen Dosierung von Ranitidin (75 Milligramm pro Tablette) sind in Deutschland und der Schweiz freiverkäuflich in der Apotheke erhältlich. In Österreich hingegen unterliegen sämtliche Ranitidin-haltigen Präparate der Rezeptpflicht.

Für eine langfristige und höher dosierte Behandlung wird jedoch auch in Deutschland und der Schweiz ein Rezept vom Arzt benötigt, um eine regelmässige Kontrolle des Therapieerfolgs sicherzustellen.

Zurzeit sind aufgrund von chemischen Verunreinigungen mit der potenziell krebserzeugenden Substanz N-Nitrosodimethylamin (NDMA) sämtliche Ranitidin-haltigen Präparate in Deutschland, Österreich und der Schweiz zurückgerufen worden. Die Zulassungen ruhen bis auf weiteres.

Seit wann ist Ranitidin bekannt?

Ranitidin ist bereits relativ lange als Wirkstoff bekannt. Da mit den sogenannten Protonenpumpenhemmern (wie Omeprazol, Pantoprazol) allerdings eine Wirkstoffklasse zur Verfügung steht, die stärker und effektiver bei Sodbrennen und Magen-Darm-Geschwüren wirkt, gilt Ranitidin nur als Mittel der zweiten Wahl.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Lisa Hein
Christopher Waxenegger
Mag. pharm.  Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

Quellen:
  • Geisslinger, G. et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen - Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 11. Auflage, 2020.
  • Herdegen, T.: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2019.
  • Karow, T. et Lang-Roth, R.: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Thomas Karow Verlag, 29. Auflage, 2021.
  • Lennecke, K. et al.: Selbstmedikation für die Kitteltasche, Deutscher Apotheker Verlag, 7. Auflage, 2021.
  • Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin: Ranitidin, unter: www.embryotox.de (Abruf: 02.12.2021).
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