Priscus-Liste

Von , Apothekerin und Studentin der Humanmedizin
Anne Strehlau

Anne Strehlau studierte Pharmazie an der LMU München und war anschließend als Apothekerin in einer niedergelassenen Apotheke und am Uniklinikum der LMU tätig. Dabei merkte sie schnell, wie sehr sie die Schnittstelle zwischen Naturwissenschaften und Medizin interessiert, weshalb sie nun ergänzend das Studium der Humanmedizin absolviert. Seit Juni 2022 schreibt sie zudem für NetDoktor.

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Die Priscus-Liste enthält Medikamente, die für ältere Patientinnen und Patienten möglicherweise ungeeignet sind. Die Zusammenstellung der Wirkstoffe hilft Ärztinnen und Ärzten, die Arzneimittel-Therapie von älteren Menschen zu verbessern und Nebenwirkungen zu vermeiden. Die Priscus-Liste wird in Deutschland verwendet, sie ist mit der Beers-Liste sowie dem Bewertungssystem FORTA in der Schweiz vergleichbar. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen zur Priscus-Liste und die aktuelle Version als PDF zum Download!

Ärztin klärt Patientin auf

Was ist die Priscus-Liste?

Die Priscus-Liste ist eine Auflistung von Wirkstoffen, die ältere Menschen mitunter schlechter vertragen oder die vermehrt Nebenwirkungen bei ihnen auslösen. Im Alter gestaltet sich die Arzneimitteltherapie häufig schwieriger. Ältere Patienten und Patientinnen erhalten oft mehrere Medikamente gleichzeitig (Multimedikation oder Polypharmazie). Zudem reagieren sie empfindlicher auf die Wirkstoffe. Manche Organe – wie die Leber oder die Nieren – arbeiten mit zunehmendem Lebensalter verlangsamt, wodurch der Körper Medikamente teilweise langsamer abbaut. Infolgedessen leiden Menschen über 60 Jahren oft unter häufigen oder stärkeren Nebenwirkungen. Die Priscus-Liste hilft dabei, ungeeignete Wirkstoffkombinationen zu vermeiden oder unerwünschte Wechselwirkungen zu verhindern.

Warum nicht alle Medikamente für ältere Menschen geeignet sind

Ein Expertenteam aus Ärzten und Apothekern erstellt die Liste mit den Wirkstoffgruppen und begründet, weshalb bestimmte Medikamente für ältere Patienten und Patientinnen weniger geeignet sind. So erhöhen zum Beispiel Schlaf- und Beruhigungsmittel die Gangunsicherheit und damit die Gefahr für Stürze. Manche Medikamente machen auch schläfrig und verwirrt. Diese Wirkstoffe werden dann als sogenannte potenziell inadäquate Medikation („möglicherweise ungeeignete Medikation“, kurz: PIM) in der Priscus-Liste aufgeführt.

Einige der Wirkstoffe sind nicht grundsätzlich ungeeignet für ältere Menschen. Sie verursachen zum Beispiel erst bei höheren Dosierungen oder längerer Einnahmedauer Beschwerden. Diese Hinweise findet man ebenfalls in der Priscus-Liste.

Alternative Wirkstoffe, wenn die Einnahme nicht vermeidbar ist

Die Einnahme der aufgelisteten Wirkstoffe lässt sich jedoch nicht immer vermeiden. In diesem Fall findet man in der Priscus-Liste Empfehlungen, wie man in solch einem Fall weiter vorgeht. Man findet dort unter anderem mögliche Hinweise:

  • zur Überprüfung von Organfunktionen, zum Beispiel der Nieren- oder Leberwerte, während der Behandlung
  • zu Dosisanpassungen, maximalen Tagesdosierungen und der Einnahmedauer des aufgelisteten Wirkstoffs
  • über weitere Medikamente, die man mit den aufgelisteten Wirkstoffen nicht kombinieren sollte
  • zu Vorerkrankungen, welche die Nebenwirkungen möglicherweise verstärken

In der Priscus-Liste schlagen die Expertinnen und Experten zudem für jedes genannte Medikament einen alternativen Wirkstoff vor. Damit dient die Liste als zuverlässige Orientierungshilfe. Auf diese Weise können Ärzte besser geeignete Wirkstoffe für ältere Menschen verordnen. Bei rezeptpflichtigen Medikamenten können Apotheker die Patienten auf mögliche Wechselwirkungen hinweisen und eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt empfehlen oder – im Fall von frei verkäuflichen Präparaten – einen anderen Wirkstoff abgeben.

Manche Wirkstoffe sind für die Behandlung bestimmter Erkrankungen unvermeidbar. Mögliche Nebenwirkungen lassen sich dennoch häufig gut steuern, wenn die verordnete Dosis beachtet und der Gesundheitszustand des Patienten oder der Patientin regelmässig ärztlich kontrolliert wird.

Priscus-Liste 2023 als PDF-Datei zum Herunterladen

Die erste Version der Priscus-Liste war seit 2010 auf dem Markt. Nach einer Überarbeitung wurde sie in der Version 2.0 im Januar 2023 veröffentlicht und um 133 Wirkstoffe erweitert. Sie ist hier als PDF-Datei zum Herunterladen verfügbar.

Die wichtigsten Informationen finden sich in diesen Spalten:

In der 1. Spalte, grün hinterlegt, sind die Wirkstoffe genannt. Dunkelgrüne gefärbte Felder verweisen auf eine mögliche Problematik, die entsteht, wenn beispielsweise eine bestimmte Dosierung oder Anwendungsdauer überschritten wird. In der 4. Spalte werden mögliche alternative Wirkstoffe genannt. In der 5. Spalte kann man ablesen, auf welche Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) zu achten ist und welche Blutwerte zum Beispiel überwacht werden müssen bei der Anwendung des Wirkstoffs.

Finden Sie in der Liste ein Medikament oder einen Wirkstoff, den Sie selbst einnehmen, beenden Sie die Einnahme nicht eigenmächtig. Lassen Sie sich ärztlich beraten, ob das Medikament für Sie geeignet ist. Möglicherweise gibt es empfehlenswerte Alternativen zu Ihrem Arzneimittel.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Anne Strehlau
Anne Strehlau

Anne Strehlau studierte Pharmazie an der LMU München und war anschließend als Apothekerin in einer niedergelassenen Apotheke und am Uniklinikum der LMU tätig. Dabei merkte sie schnell, wie sehr sie die Schnittstelle zwischen Naturwissenschaften und Medizin interessiert, weshalb sie nun ergänzend das Studium der Humanmedizin absolviert. Seit Juni 2022 schreibt sie zudem für NetDoktor.

Quellen:
  • Bundesamt für Gesundheit (BAG): Faktenblatt: Hauptprobleme der Polypharmazie (Abrufdatum: 20.09.2023)
  • Moßhammer, D. et al: Polypharmacy – an upward trend with unpredictable effects. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 627–33. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0627
  • Priscus-Liste online unter: www.priscus2-0.de (Abrufdatum: 23.08.2023)
  • Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg: Sucht im Alter, Schulungsmaterialien: Modul 6 – Medikamente im Alter: Pharmakokinetik, problematische Medikamente (Abrufdatum: 20.09.2023)
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