Fexofenadin

Von , Apotheker, Arzt
und , Apotheker und Pharmazie-Journalist
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

Mag. pharm. Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

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Fexofenadin ist ein sogenanntes Antiallergikum der dritten Generation. Der Wirkstoff wird zur Behandlung von Heuschnupfen und Nesselsucht eingesetzt, und zwar in Form von Tabletten. Mögliche Nebenwirkungen sind zum Beispiel Kopfschmerzen, Schläfrigkeit und Übelkeit. Hier erfahren Sie alles Wissenswerte zu Fexofenadin: Wirkung, Anwendung sowie Neben- und Wechselwirkungen.

So wirkt Fexofenadin

Fexofenadin wirkt als selektiver Hemmstoff von Andockstellen des körpereigenen Botenstoffs Histamin - die sogenannten Histamin-H1-Rezeptoren. Damit unterbindet der Wirkstoff allergische Reaktionen.

Der Botenstoff Histamin hat vielfältige Aufgaben im Körper. Er dient etwa als Botenstoff zwischen Nervenzellen im Gehirn (Neurotransmitter) sowie als Regulator der Magensäureproduktion, des Hunger- und Durstgefühls, der Körpertemperatur und des Blutdrucks. Darüber hinaus besitzt Histamin eine allergievermittelnde Wirkung:

Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem überschiessend auf eigentlich harmlose äussere Einflüsse wie Pflanzenpollen, Tierhaare oder bestimmte Lebensmittel. Beim Kontakt mit dem jeweiligen allergieauslösenden Stoff (Allergen, z.B. Birkenpollen, Katzenhaare, Erdnüsse) schütten bestimmte Abwehrzellen - die Mastzellen - Histamin aus.

Dieses setzt sofort eine Entzündungsreaktion in Gang. Das betroffene Gewebe wird stärker durchblutet, rötet sich, schwillt an und juckt, die Nase läuft, und die Augen tränen.

Alle diese Symptome würden bei einer tatsächlichen Gefahr dafür sorgen, dass Immunzellen den Ort, an dem der Eindringling entdeckt wurde, schnell erreichen können, sodass dieser auch möglichst schnell aus dem Körper entfernt wird (etwa durch Angriff der Immunzellen oder durch Ausschwemmen mit Tränen- und Nasensekret).

Zur Linderung solcher allergischer Symptome werden Antihistaminika eingesetzt. Sie besetzen die Rezeptoren des Botenstoffes Histamin, sodass dieser nicht mehr binden kann. Das von den Mastzellen bei Allergen-Kontakt ausgeschüttete Histamin kann also keine Entzündungsreaktion auslösen.

Da Fexofenadin die Blut-Hirn-Schranke nicht überwindet, löst es im Vergleich mit älteren Antihistaminen deutlich seltener Müdigkeit und Benommenheit als Nebenwirkung aus.

Aufnahme, Abbau und Ausscheidung

Nach seiner Einnahme wird Fexofenadin schnell im Darm aufgenommen und erreicht im Blut nach etwa ein bis drei Stunden seine höchsten Spiegel. Es wird kaum abgebaut oder umgewandelt. Nach 11 bis 15 Stunden ist ungefähr die Hälfte des Antiallergikums grösstenteils über die Galle mit dem Stuhl ausgeschieden.

Wann wird Fexofenadin eingesetzt?

Fexofenadin wird eingesetzt zur Behandlung von:

Die Anwendungsdauer und Dosierung richten sich nach Art und Schwere der Erkrankung. Bei saisonalen Beschwerden wie etwa Heuschnupfen wird Fexofenadin über die Dauer der Pollenflugzeit eingenommen.

Bei der idiopathischen Nesselsucht (= Nesselsucht ohne erkennbarer Ursache) wird versucht, die Symptome mit Fexofenadin zum Abklingen zu bringen und dann im weiteren Verlauf die medikamentöse Behandlung abzusetzen. Dies kann unter Umständen längere Zeit dauern.

So wird Fexofenadin angewendet

Der Wirkstoff wird in Form von Tabletten eingenommen, und zwar meist einmal täglich vor einer Mahlzeit mit einem Glas Wasser.

Zur Behandlung der Nesselsucht werden häufig 180 Milligramm Fexofenadin einmal pro Tag verordnet. Zur Symptomlinderung bei Heuschnupfen erhalten Jugendliche über zwölf Jahren und Erwachsene 120 Milligramm Fexofenadin pro Tag.

Für Kinder ab sechs Jahren stehen niedriger dosierte Arzneimittel zur Verfügung.

Die Anwendungsdauer wird in Rücksprache mit dem Arzt festgelegt.

Welche Nebenwirkungen hat Fexofenadin?

Häufig treten während der Behandlung mit Fexofenadin Nebenwirkungen in Form von Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Benommenheit, Übelkeit und Mundtrockenheit auf.

Einer von hundert bis tausend Behandelten klagt zudem über Beschwerden wie Müdigkeit, Schlaflosigkeit bzw. Schlafstörungen, Nervosität und Albträume.

Was ist bei der Einnahme von Fexofenadin zu beachten?

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen zwischen Fexofenadin und anderen Wirkstoffen sind selten, können aber die Nebenwirkungen von Fexofenadin verstärken. Möglich ist dies etwa bei gleichzeitiger Einnahme von bestimmten Antibiotika (Erythromycin), Antipilzmitteln (Ketoconazol) oder Medikamenten gegen HIV (Lopinavir-Ritonavir-Kombination).

Mittel gegen Sodbrennen, die direkt im Magen die überschüssige Säure binden (wie Aluminium- und Magnesiumhydroxid), sollten mit mindestens zwei Stunden Abstand zu Fexofenadin eingenommen werden, da sie die Aufnahme des Antiallergikums im Darm behindern können.

Fexofenadin muss mindestens drei Tage vor einem geplanten Allergietest abgesetzt werden, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen.

Verkehrstüchtigkeit und Bedienen von Maschinen

Zu Beginn einer Behandlung mit Fexofenadin sollten wegen der Gefahr von Müdigkeit und Konzentrationsproblemen keine schweren Maschinen bedient und keine Kraftfahrzeuge gesteuert werden. Patienten sollten zuerst ihre individuelle Reaktion auf das Allergiemedikament beobachten.

Altersbeschränkung

Fexofenadin ist bei Kindern unter sechs Jahren kontraindiziert, da der Wirkstoff in dieser Altersgruppe nicht untersucht wurde.

Schwangerschaft und Stillzeit

Aufgrund mangelnder Daten sollte Fexofenadin nicht während der Schwangerschaft eingenommen werden. Bisherige Daten aus Verschreibungsstudien ergeben allerdings keine Hinweise auf schädigende Effekte.

Es ist nicht bekannt, ob Fexofenadin bei Anwendung in der Stillzeit in die Muttermilch übertritt. Es sollte daher auf besser untersuchte Wirkstoffe (Loratadin oder Cetirizin) ausgewichen werden.

So erhalten Sie Medikamente mit Fexofenadin

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wie Österreich und Schweiz, aber auch den Niederlanden, ist Fexofenadin in Deutschland nur auf Rezept in der Apotheke erhältlich.

Seit wann ist Fexofenadin bekannt?

Der Vorläufer Terfenadin, der Anfang der 1970er Jahre entwickelt und 1982 in den Handel gebracht wurde, kam ab 1993 stark in Verruf: Man entdeckte, dass er schwere Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Deshalb ist Terfenadin in vielen Ländern nicht mehr zugelassen.

Forschungen zeigten schliesslich, dass Fexofenadin - ein Abbauprodukt von Terfenadin - vergleichbare Wirkung wie der ursprüngliche Wirkstoff hat, jedoch keine Nebenwirkungen am Herzen verursacht. Dies wurde schliesslich auch in klinischen Studien bestätigt. Im Jahr 1997 wurde Fexofenadin daher zur Behandlung von Allergien zugelassen.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Benjamin Clanner-Engelshofen
Benjamin Clanner-Engelshofen

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

Christopher Waxenegger
Mag. pharm.  Christopher Waxenegger

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

Quellen:
  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 12. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017.
  • Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin: Fexofenadin, unter: www.embryotox.de (Abruf: 29.08.2021).
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