Verhütung für Fortgeschrittene
„Mit der Pille bin ich fertig, die habe ich schon zu lange geschluckt“ – ein Satz, den der Gynäkologe Dr. Christian Albrig so oder ähnlich häufig von Frauen während der Wechseljahre hört. Ganz ohne Verhütung geht es leider nicht: Auch in der Lebensmitte können Frauen schwanger werden.
Unfruchtbar erst nach der Menopause
Karriereschub, grosse Reisen, neuer Partner - Frauen in der Lebensmitte starten oft noch einmal richtig durch. Umso grösser ist dann der Schock, wenn es plötzlich heisst: „Sie sind schwanger!“ Und das, obwohl die betreffende Patientin vielleicht schon in den Wechseljahren ist.
Ganz sicher lässt sich eine Schwangerschaft erst nach der letzten Blutung, der Menopause, ausschliessen. Wann die stattfindet, ist ganz unterschiedlich: Das kann schon mit Mitte 40 sein oder oder erst mit Ende 50. Da der Zyklus während der Wechseljahre immer unregelmässiger wird, ist schwer zu sagen, was nun wirklich der endgültig letzte Einsatz für Tampons und Binden war. „Nach zwölf Monaten ohne Blutung ist die Sache aber ziemlich klar“, sagt Albrig im Gespräch mit NetDoktor. Endgültige Sicherheit bringt dann ein Test beim Frauenarzt.
Die Pille – ja oder nein?
Die richtige Verhütung bleibt also Thema. Jenseits der 40 spielen bei der Auswahl verschiedene Risikofaktoren eine Rolle: das Alter der Frau, ihr Zigarettenkonsum oder Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes, die Herz-Kreislauf-Gefahr erhöhen. Die Pille wirkt da wie ein zusätzlicher Verstärker: Sie begünstigt, dass sich Blutgerinnsel bilden, die einen Schlaganfall oder sogar Herzinfarkt verursachen können.
Eine Möglichkeit wäre, zumindest auf die Minipille umzusteigen. Diese enthält weniger Hormone und ist somit weniger riskant. „Wenn die Frau gesund ist, ist aber auch die normal dosierte Pille kein Problem“, erläutert der praktizierende Frauenarzt. Das gilt auch für Verhütungsstäbchen und Verhütungsring.
Punktsieg für die Spirale
Albrig selbst favorisiert jedoch andere Methoden: „Das beste Verhütungsmittel für Frauen während der Wechseljahre ist die Spirale.“ Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Varianten: die Kupfer- und die Hormonspirale. Die Kupferspirale hat den Vorteil, dass sie überhaupt keine Hormone enthält – und damit frei von Herz-Kreislauf-Risiken ist. Einige Frauen kommen mit dieser Methode jedoch nicht gut zurecht, da sie starke Blutungen und heftigen Regelschmerzen auslösen kann.
Mit einer Hormonspirale versiegt die Regelblutung häufig weitgehend – was viele Frauen durchaus zu schätzen wissen. Sie bewirkt, dass sich die Gebärmutterschleimhaut weniger üppig ausbildet. „Und wo nichts ist, braucht auch nichts mehr rausgespült zu werden“, sag der Gynäkologe. Im Gegensatz zur Kupferspirale ist diese Variante zwar nicht frei von Hormonen, sie wirkt aber, anders als Pille & Co., nur direkt vor Ort, in der Gebärmutter. „Die Pille hingegen wirkt systemisch – also auch im rechten Ohrläppchen und im linken dicken Zeh“, erklärt Albrig. Die Folge. Die Hormone schwirren auch dort herum, wo man sie nicht braucht - und wo nur schaden. Ein weiterer Vorteil der Spirale: „Im Gegensatz zur Pille kann man sie nicht vergessen“.
Alternativ gibt es natürlich noch die Option einer Sterilisation. „Da sind allerdings auch mal die Männer gefragt“, sagt der Frauenarzt. Denn bei ihnen ist der Eingriff weitaus unkomplizierter und kostengünstiger. Für beide Geschlechter gilt: Die Entscheidung ist bei Frauen fast immer, bei Männern oft, endgültig, denn Rückoperationen haben nur begrenzte Erfolgsaussichten.
Späte Schwangerschaft möglich
Allerdings ist eine Schwangerschaft nicht für alle reiferen Frauen eine Hiobsbotschaft. Manche freuen sich nach dem ersten Schreck, andere haben sogar drauf gehofft, noch einmal schwanger zu werden. „Mit einer engmaschigen Betreuung kann eine späte Schwangerschaft völlig problemlos verlaufen“, erklärt Albrig. Allerdings steigt das Risiko von genetischen Fehlern bei Kindern älterer Müttern drastisch. „Das Risiko für Chromosomenfehler beispielsweise liegt dann zwischen 1 zu 10 und 1 zu 20 – und das ist extrem hoch“, so der Gynäkologe.
Nicht zu vergessen: Je älter die Mutter, desto älter ist meist auch der Vater des Kindes. Auch seine Spermien haben ihre besten Zeiten schon hinter sich. So belegen Studien, dass Kinder älterer Väter unter anderem häufiger unter psychischen Störungen leiden.
Doch auch hier regelt die Natur die Sache häufig selbst. Albrig weiss: „Wenn ein schlappes Spermium auf ein schwächliches Ei trifft, ist die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung ohnehin nicht besonders gross.“