Olympia: Können die Spiele die Ausbreitung beschleunigen?
Experten warnen, dass Zika sich durch den Olympiatourismus weltweit schneller ausbreiten könnte. Wäre auch Deutschland betroffen?
Am 5. August soll der Startschuss für die Olympischen Spiele fallen. Rund 450 deutsche Olympioniken sollen dazu nach Brasilien reisen, begleitet von einem Tross von mehreren Tausend Betreuen und Fans. Wenn sie zurückkehren, könnten sie das Zikavirus als unliebsames Reisesouvenir einschleppen. Doch wie gross ist die Gefahr tatsächlich – hier in Deutschland, aber auch für den Rest der Welt?
Erst seit einem Monat gibt es in Deutschland eine amtliche Meldepflicht für Zika-Erkrankte. Doch schon jetzt hat das Robert Koch-Institut zwölf Krankheitsfälle registriert. „Wir gehen davon aus, dass sich alle Erkrankten auf Reisen angesteckt haben“, sagte eine Sprecherin des Instituts gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen, denn Zika-Infektionen verlaufen in den meisten Fällen unbemerkt und führen die Betroffenen deshalb gar nicht zum Arzt. Mit dem gesteigerten Brasilientourismus im Zuge der Olympischen Spiele könnte sich Zahl der Infizierten hierzulande also tatsächlich vervielfachen.
Aus für Olympia 2016?
Gesundheitsexperten aus aller Welt würden die Spiele daher am liebsten verschieben – oder sogar ganz absagen. 188 von ihnen haben in einem offenen Brief an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von einer Austragung der Spiele in Brasilien abgeraten.Die erwartete halbe Million Touristen könnten das Virus in ihre Heimatländer bringen, warnten die Fachleute.
Denn trotz intensiver Bekämpfungsmassnahmen mit Aufklärungsmassnahmen und Giftspritzkolonnen ist es den Brasilianern bislang nicht gelungen, die Plage einzudämmen – im Gegenteil. Einen deutlichen Hinweis darauf liefern die im Vergleich zum Vorjahr gestiegenen Meldungen von Dengue-Fieber. Die Krankheit wird von Viren derselben Familie ausgelöst und durch die gleichen Mückenarten übertragen, macht sich aber weit häufiger mit Symptomen bemerkbar. Insofern sind die steigenden Krankheitszahlen ein beunruhigender Indikator für Zika.
Gefährlich nicht nur für Ungeborene
Und die Krankheit kann gefährlich werden – nicht nur für Ungeborene. Zwar waren es die Bilder von Kindern mit deformierten Schädeln, die die Welt aufgerüttelt haben. Doch neben der mit schweren geistigen Behinderungen einhergehenden Mikrozephalie scheint Zika mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gefahr eines Guillain-Barré-Syndroms zu erhöhen, einer potenziell tödlichen Erkrankung der Nervenbahnen mit Lähmungen der Extremitäten – und der Atemmuskulatur.
WHO wiegelt ab
Die WHO selbst aber beschwichtigt. Die Spiele seien für die internationale Ausbreitung des Zika-Virus nicht ausschlaggebend, so die WHO-Argumentation. Tatsächlich ist Brasilien nur eines von 60 Ländern, in denen Zika bislang per Mückenstich übertragen wurde.
Zika in Deutschland
Ob die Spiele nun stattfinden oder nicht: Im Sommer könnte man sich theoretisch auch innerhalb Deutschlands mit Zika anstecken, bestätigt das Robert Koch Institut. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen: Die in Süddeutschland punktuell auftretende Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) – müsste tatsächlich in der Lage sein, Zika zu übertragen. Das ist bislang nicht bewiesen. Das Wetter müsste warm genug für eine Mückenaktivität sein. Dann müsste ein Exemplar tatsächlich auf einen Menschen treffen, der sich zuvor andernorts infiziert hat. Und das Tier müsste lange genug überleben, um eine weitere Person zu stechen. Alles in allem ein Szenario, dass die Gefahr für den Einzelnen gegen Null tendieren lässt.
Safer Sex noch Wochen nach der Reise
Unabhängig davon besteht aber auch die Möglichkeit einer Ansteckung beim Sex mit einem infizierten Mann. Denn das Virus ist erwiesenermassen nicht nur durch Mückenstiche, sondern auch beim Geschlechtsverkehr übertragbar – wenn auch mit sehr viel geringerer Wahrscheinlichkeit. Die WHO empfiehlt daher neben einem Reiseverzicht für Schwangere und dem Meiden von Armenvierteln auch, in Zika-Regionen Safer Sex zu praktizieren. Die Kondomempfehlung gilt übrigens nicht nur während des Aufenthalts, sondern auch noch Wochen danach. Und sie gilt auch für Reisende, die keine Krankheitszeichen an sich bemerken. Denn auch wer die Krankheit selbst nicht spürt, kann sie weitergeben.
Quellen:
Robert Koch-Istitut, www.rki.de , Abruf 1. Juni 2016
Neue Osnabrücker Zeitung, www.noz.de, Abruf 1. Juni 2016
Open Letter to Dr. Margaret Chan, Director-General, WHO, http://rioolympicslater.org/, Abruf 1. Juni 2016