Grippeschutz für Senioren

Powerimpfung für Senioren

Von Dr. Varinka Voigt, Psychologin
Alle NetDoktor.ch-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Eine Grippe ist für ältere Menschen besonders gefährlich. Doch ausgerechnet bei ihnen wirkt eine Impfung weniger gut. Forscher suchen nach dem Turbo.

Für Menschen sind die Wintermonate vor allem eines: kalt und ungemütlich. Vielen Viren bieten sie aber optimale Lebensbedingungen: Bei Kälte fühlen sich diese Erreger pudelwohl und zwingen ihre menschlichen Opfer besonders schnell in die Knie. Junge, gesunde Erwachsene gewinnen den Kampf gegen Influenzaviren fast immer, doch für ältere Menschen kann so ein Gefecht im schlimmsten Fall tödlich enden. Aus dem Grund wird Menschen ab 60 Jahren eine jährliche Grippeschutzimpfung empfohlen. Wirklich effektiven Schutz bietet sie ihnen aber nicht immer – denn ausgerechnet Ältere sprechen schlechter auf die Schutzimpfung an als Junge. Experten suchen daher nach neuen Möglichkeiten, um sie besser zu schützen. Sie wollen ihr geschwächtes Immunsystem stärker ankurbeln.

Schwächelndes Immunsystem

Die echte Grippe – von Influenzaviren verursacht und nicht mit einer Erkältung gleichzusetzen – wird häufig unterschätzt. „Das gesundheitliche Risiko einer Grippeinfektion hängt immer von der körperlichen Fitness ab. Bei älteren oder kranken Personen ist die Leistungsfähigkeit des Immunsystems oft vermindert, sodass die Grippe gravierende Auswirkungen haben kann“, sagt Prof. Klaus Cichutek, Leiter des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Jährlich sterben in Deutschland durchschnittlich fünf- bis zehntausend Menschen an den Folgen einer Grippe. Weltweit sind es bis zu einer halben Millionen – davon sind circa 90 Prozent über 65 Jahre alt, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Nicht nur im Falle einer Infektion haben ältere Menschen aufgrund ihrer schwächeren Immunreaktion oft schlechtere Karten. „Auch auf Impfungen sprechen sie meist schwächer an“, erklärt Cichutek. Das Immunsystem wird weniger stark stimuliert. Dadurch ist der Impfschutz geringer.

Milderer Verlauf

Bei Kindern ist das Immunsystem noch besonders leicht zu stimulieren: Die Impfung wirkt in 85 Prozent der Fälle. Bei gesunden Erwachsenen sind noch 50 bis 60 Prozent geschützt, betagte Menschen sprechen nur noch zu 30 bis 50 Prozent auf den Impfstoff an.

Dass eine Grippeschutzimpfung nie einen 100-prozentigen Schutz bietet, liegt daran, dass Virenstämme sich innerhalb einer Saison verändern können oder neue Stämme hinzukommen – das können Wirkstoffentwickler nicht vorhersehen. Trotzdem ist sie wichtig: „Eine Impfung schützt nicht nur vor einer Grippeerkrankung, sondern mildert auch den Verlauf“, erklärt Cichuteks Kollege Dr. Michael Pfleiderer, Leiter des Fachgebiets Virale Impfstoffe. Selbst wenn jemand trotz Impfung an einer Grippe erkrankt, lindert der Immunschutz den Schweregrad und die Dauer der Erkrankung. „Drei Tage im eigenen Bett sind besser als ein längerer Krankenhausaufenthalt“, sagt auch Dr. Cornelius Remschmidt vom Robert-Koch-Institut (RKI) gegenüber NetDoktor.

Vierfache Dosis

Um den Impfschutz für ältere Menschen zu verbessern, gibt es derzeit zwei Ansätze. Erstens könnte man hochdosierte Impfstoffe verwenden. In den USA werden zurzeit Impfstoffe mit viermal höherem Wirkstoffgehalt erforscht. Ob diese tatsächlich effektiver sind, ist allerdings umstritten. „Das Ziel ist, das weniger leistungsfähige Immunsystem älterer Menschen stärker zu stimulieren“, sagt Impfstoff-Forscher Michael Pfleiderer.

Der zweite Ansatz: Herkömmliche Impfstoffe mit Wirkverstärkern, sogenannten Adjuvantien, zu kombinieren – das verbessert die Immunreaktion. Seit 2000 wird einer dieser Wirkverstärker oder "Booster" in saisonalen Influenzaimpfstoffen für Menschen über 65 Jahre verwendet. „Allerdings benötigen wir für diese Altersgruppe noch bessere Immunstimulatoren“, betont Cichutek.

Eine dritte Option wäre auch, beide Ansätze zu verbinden. Also hochdosierte Impfstoffe mit Wirkverstärkern zu kombinieren. Damit liesse sich auch ein schwächeres Immunsystem vielleicht besser ankurbeln.

Zukunftsmusik

Vision vieler Forscher ist ein Universalimpfstoff, der gegen alle Influenzastämme wirksam ist und nicht jährlich verabreicht werden muss. Mit einer einzigen Impfung wäre man ein Leben lang geschützt. Cichutek sagt: „Bis dahin ist es aber noch ein sehr langer Weg.“

Autoren- & Quelleninformationen

Jetzt einblenden
Datum :
Autor:
Quellen:
  • Paul-Ehrlich-Institut
  • Robert-Koch-Institut
Teilen Sie Ihre Meinung mit uns
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie NetDoktor einem Freund oder Kollegen empfehlen?
Mit einem Klick beantworten
  • 0
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
0 - sehr unwahrscheinlich
10 - sehr wahrscheinlich