So gesund ist Deutschland wirklich
Bluthochdruck, Stressbelastung, Sport oder Alkoholkonsum - wie gesund leben die Deutschen? Und wie wirkt sich das auf ihren körperlichen Zustand aus? Die wichtigsten Antworten!
Es ist die grösste Studie ihrer Art seit 15 Jahren: Mehr als 7000 Deutsche zwischen 18 und 79 Jahren liessen sich von ihren Ärzten auf Herz und Nieren prüfen und beantworteten umfassende Fragebögen zu ihrem Lebensstil. Daraus hat das Robert Koch-Institut einen umfassenden Bericht zur gesundheitlichen Lage der Nation erstellt - die "Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland" (DEGS).
Die wichtigsten Themen in der Übersicht:
Herz & Kreislauf
Ein wichtiger Indikator für die Herzgesundheit ist der Blutdruck. Ist er zu hoch, leiden die Gefässe - und auf Dauer sogar das Herz selbst. Damit steigt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall - das sind noch immer die häufigsten Todesursachen in Deutschland. Im Durchschnitt liegen die Deutschen beim Blutdruck gar nicht so schlecht: Bei Männern sind es 127/73 mmHg, Frauen kommen durchschnittlich auf 121/71 mmHg. Als ideal gilt ein Blutdruck von 120/80 mmHg oder weniger.
Doch diese Zahlen sind nur als Durchschnittswerte zu verstehen. Tatsächlich hat fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland einen zu hohen Blutdruck - insgesamt sind das 20 Millionen Menschen.
Dabei lässt sich Bluthochdruck meist sehr gut nach unten regulieren - mithilfe von Medikamenten, aber auch durch Lebensstiländerungen wie Gewichtsreduktion, Sport und mässigem Alkohol- und Salzkonsum.
Ebenfalls als Risikofaktor fürs Herz gelten erhöhte Blutfettwerte. 18 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen haben stark erhöhte Cholesterinwerte. Auch hier lässt sich über die Ernährung, Bewegung oder Medikamente einiges machen.
Dass viele Menschen die Herzprävention nicht ausreichend ernst nehmen, zeigt ein Vergleich mit dem Bundesgesundheitssurvey aus dem Jahr 1998. Seitdem ist die Zahl der Schlaganfälle und Herzinfarkte nicht gesunken: Noch immer erleiden fast fünf Prozent der 40- bis 79-Jährigen einen Herzinfarkt und fast drei Prozent einen Schlaganfall.
Stress & Psyche
Druck im Job, Theater mit dem Nachwuchs, Sorgen ums Geld: Stress ist bei vielen Deutschen allgegenwärtig. Jeder zehnte Erwachsene in diesem Land ist nicht nur dauernd, sondern auch stark gestresst, zeigt der DEGS. Jüngere Menschen stehen stärker unter Druck als ältere, Frauen mehr als Männer. So stehen von den 18- bis 29-Jährigen 13 Prozent stark unter Strom - davon 16 Prozent der Frauen und 10 Prozent der jungen Männer. Mit zunehmendem Alter nimmt der Druck leicht ab. Im Durchschnitt sind 14 Prozent der Frauen und 8 Prozent der Männer chronisch gestresst.
Ein wichtiger Faktor für die Stressbelastung ist Geld: Wer finanziell schlecht gestellt ist, leidet mehr unter Stress. Auch hier ist das weibliche Geschlecht häufiger betroffen: Frauen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status leiden fast doppelt so häufig unter chronischem Stress wie finanziell sehr gut Gestellte (20, 2 versus 11,3 Prozent).
Stress wirkt sich nicht nur auf die Lebensqualität aus, sondern kann langfristig krank machen. Er beeinträchtigt die Abwehrkraft des Körpers, greift in den Stoffwechsel ein und schädigt das Herz. zuerst erkrankt aber die Seele - Schlafstörungen, Burnout und Depressionen sind mögliche Folgen. Von jenen Befragten, die leicht bis durchschnittlich gestresst waren, litten nur rund 16 Prozent an mindestens einer solchen Störung. Bei den stark Belasteten waren es mehr als 60 Prozent.
Anders als vielfach vermutet sei die Zahl psychischer Erkrankungen wie Depressionen jedoch nicht gestiegen, schreiben die DEGS-Experten.
Allergien
Allergien haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Inzwischen liege die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Allergie zu entwickeln, schon bei 30 Prozent, zeigt der DEGS. Am häufigsten leiden die Deutschen unter Heuschnupfen - das Erkrankungsrisiko beträgt hier mehr als 14 Prozent. Die Befragten wurden auf 50 weit verbreitete Allergene getestet -von Hühnereiweiss, Getreide, Obst und Tierhaaren bis hin zu verschieden Pollenarten.
Das Ergebnis: Fast jeder Zweite (49 Prozent) reagierte auf mindestens eines dieser Allergene übersensibel. Bei 33 Prozent waren es Inhalationsallergene wie Pollen, 25 Prozent reagierten auf Nahrungsmittelallergene und 22 Prozent auf Insektengift.
Insgesamt litten Menschen mit hohem sozioökonomischem Status häufiger an Allergien. Bei Frauen traten sie zudem öfter auf als bei Männern. Insgesamt reagierten jüngere Menschen öfter überempfindlich als ältere Personen. So werde sich der Trend zu mehr Allergien wohl auch in Zukunft fortsetzen, sagen die Studienautoren.
Übergewicht & Diabetes
Die Deutschen sind ein Volk von Dicken: Den Daten zufolge sind 67 Prozent der erwachsenen Männer und 53 Prozent der Frauen übergewichtig. Ihr Body-Mass-Index (BMI) liegt bei mehr als 25. Im Vergleich zur letzten grossen Gesundheitsumfrage aus dem Jahr 1998 hat sich hier kaum etwas verändert. Ein zweiter Blick zeigt jedoch, dass unter ihnen die Zahl der Fettleibigen (BMI>30) stark gestiegen ist. 19 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen sind in Deutschland adipös. Das ist besonders beunruhigend, da gerade für diese Menschen das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen von Herzinfarkt bis Diabetes steigt. Besonders Männer aller Altersgruppen, aber auch jüngere Frauen sind zunehmen nicht nur übergewichtig, sondern fettleibig.
Tatsächlich ist auch die Zuckerkrankheit auf dem Vormarsch - und zwar vor allem Typ-2-Diabetes, der durch Übergewicht begünstigt wird. Seit 1998 ist die Zahl der Menschen mit Diabetes um 38 Prozent gestiegen. Nur ein Drittel des Anstiegs sei dabei auf das höhere Durchschnittsalter der Bevölkerung zurückzuführen - die restlichen zwei Drittel dürften die Folge eines ungesunden Lebensstils sein.
Insgesamt haben rund sieben Prozent der befragten Erwachsenen die Diagnose Diabetes erhalten.
Bewegung & Ernährung
Die gute Nachricht gleich vorweg: Die Deutschen bewegen sich mehr als noch vor 15 Jahren. Nach eigenen Angaben achtet etwa jeder dritte Erwachsene darauf, sich körperlich zu bewegen. Etwa jeder Vierte treibt mindestens zwei Stunden Sport pro Woche. Allerdings schafft nur jeder fünfte Deutsche die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Mindestzeit von 2,5 Stunden Training mittlerer Intensität pro Woche. Das gilt für Frauen besonders: Nur 15 Prozent von ihnen erreichen dieses Ziel, aber immerhin 25 Prozent der Männer.
Auch in Hinblick auf die Ernährung haben die Deutschen sich verbessert - zumindest was ihren Obst- und Gemüsekonsum betrifft. Assen 1998 nur 18 Prozent der Frauen und 10 Prozent der Männer täglich mehrfach Obst und Gemüse, sind es heute 24 beziehungsweise 14 Prozent.
Ganz optimal ist das noch nicht. So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung fünf Portionen am Tag. Denn Obst und Gemüse enthalten wichtige Vitamine und Ballaststoffe und sind zudem auch noch vergleichsweise kalorienarm. Diese Fünf-am-Tag-Regel erreichen nur 15 Prozent der Frauen und 7 Prozent der Männer. Auf immerhin drei Portionen täglich kommen immerhin 39 Prozent beziehungsweise 25 Prozent der Befragten.
Alkohol & Zigaretten
Bierchen, Weinchen, Aperol "Spritz": Die Deutschen trinken viel Alkohol. Vor allem jüngere Erwachsene konsumieren Alkohol riskant - und gerne bis zum Rausch. So genehmigen sich mehr als die Hälfte der 18- bis 29-jährigen Männer 20 bis 24 Gramm reinen Alkohol täglich. 48 Prozent sind mindestens einmal im Monat betrunken. Von den Frauen dieser Altersgruppe trinkt jede Dritte zu viel. Und jede Fünfte guckt einmal im Monat viel zu tief ins Glas. Mit zunehmendem Alter nimmt der Alkoholkonsum kontinuierlich ab, sodass in der Gruppe der über 65-Jährigen nur noch jeder dritte Mann und weniger als jede zehnte Frau zu viel Alkohol trinkt.
Die Zahl der Raucher in Deutschland hat erfreulicherweise abgenommen. Doch in puncto Tabakkonsum haben die jüngeren Deutschen die Nasen vorne. So rauchen fast 30 Prozent der Frauen unter 29 täglich und mehr als zehn Prozent gelegentlich. Bei den jungen Männern gleichen Alters sind es 34 beziehungsweise 13 Prozent. Mit zunehmendem Alter sinkt der Zigarettenkonsum.
Dazu trägt auch bei, dass vielen der Abschied vom Glimmstängel gelingt. Ihn schaffen vor allem Menschen mit hohem sozioökonomischen Status (62 Prozent der rauchenden Frauen und 66 Prozent der rauchenden Männer aus dieser Schicht). Von den sozial und finanziell schlecht gestellten Menschen schaffen dies nur zu 36 Prozent der Frauen beziehungsweise 43 Prozent der Männer.
Autoren- & Quelleninformationen
- DEGS, Robert Koch-Institut, Abruf: 27. Mai 2013