Gentherapie – Geflicktes Erbgut
Fehler im Erbgut lassen sich theoretisch schon heute gezielt beheben. Doch die Gentherapie steckt noch in den Kinderschuhen - die Risiken sind hoch.
Angeborene oder erworbene genetische Fehlfunktionen sind die Ursache für viele Leiden - von Erbkrankheiten bis zu Krebserkrankungen. Eine Gentherapie hat meist zum Ziel, Fehler im Erbgut auszugleichen oder zu beheben.
Substututionstherapie - Reparierter Code
Die Königsdisziplin der Gentherapie ist wohl die Substitutionstherapie. Dabei geht es darum, kranke Gene im Körper gegen gesunde auszutauschen. Im optimalen Fall muss eine solche Therapie nur ein einziges Mal angewendet werden.
Für eine Substitutionstherapie müssen Mediziner therapeutische Gene in die Körperzellen des Patienten schleusen. Als Transportvehikel werden meist Viren eingesetzt, die ein solches Verfahren zu ihrer eigenen Reproduktion perfektioniert haben. Zunächst wird das Virus entschärft, damit es den Pateinten nicht krank macht. Dabei werden alle Gene des Virus entfernt, die für den Menschen schädlich sein können. Doch das funktioniert noch nicht tadellos: So kam es in Studien immer wieder zu sehr kritischen Krankheitsverläufen. Daher arbeiten Wissenschaftler an Methoden, bei denen die Viren durch verträglichere künstliche Transporter (Vektoren) ersetzt werden.
Die Transporter können ins Blut oder ins Gewebe injiziert werden (in vivo), oder die Mediziner entnehmen dem Patienten Zellen, die im Labor mit den gesunden Genen "infiziert" und anschliessend wieder einpflanzt werden (ex vivo). Mitunter, wie im Falle der Mukoviszidose, hat man auch mit Atemspray Erfolge erzielt. Allerdings hielt die Wirkung nur etwa 30 Tage an.
Mukoviszidose gehört zu den monogenetischen Erkrankungen, bei denen nur ein einziges Gen defekt ist. Auf deren Heilung setzen die Forscher derzeit besondere Hoffnung setzen. Bislang ist die Methode für die meisten Genkranken jedoch Zukunftsmusik. Die Gentherapie steckt noch in den Kinderschuhen und birgt hohe Risiken.
In Deutschland werden darum bevorzugt lebensbedrohlich erkrankte Patienten, meist Kinder, für die es keine anderen Heilmethoden gibt, mit Gentherapie behandelt. Bekannteste Beispiele für diese Anwendung sind auch hier monogenetische Immunerkrankungen, bei denen nur ein einziges Gen defekt ist, insbesondere Erkrankungen des Immunsystems.
Bei diesen ist oft eine Knochenmarkspende die einzige Aussicht auf Heilung ist. Doch einen passenden Spender zu finden dauert oft zu lange und unbehandelt versterben die Patienten sehr jung. Im Rahmen der Gentherapie werden Knochenmarkzellen mit dem entsprechenden Gen ausgerüstet und zurück in den Körper der Patienten gebracht. In einzelnen Fällen ist das bereits erfolgreich verlaufen.
Additionstherapie - Krafttraining für Gene
Bei der Additionstherapie geht es darum bestimmte Genfunktionen zu verstärken. Ein Beispiel dafür ist der Versuch, Gene in die Immunzellen einzuschleusen, die die Krebsabwehr verstärken. Auch diese Form der Gentherapie wird bislang nur sehr selten angewendet, da ihre Risiken nicht ausreichend erforscht sind.
Supressionstherapie - Ausgeknipste Störenfriede
Das Ziel einer Suppressionstherapie ist das genaue Gegenteil: Hier geht es darum eine ungesunde Genaktivitäten gezielt zu unterdrücken. Ein mögliches Einsatzgebiet wäre die Therapie von HIV-Infizierten, die die Verbreitung der Vieren im Blut gentherapeutisch stoppt.
Alle Themen aus unserem Gen-Special
Teil 2: Epigenetik - Gene sind kein Schicksal
Teil 3: Erbgut, Gene, Chromosomen
Teil 4: Das Geheimnis der Vererbung
Teil 5: Mutationen – Fehler im Gencode
Teil 6: Genforschung - Der geknackte Code
Teil 7: Gentests - Der entschlüsselte Mensch
Teil 8: Gentechnik - Manipulierter Bauplan
Autoren- & Quelleninformationen
- Deutsche Gesellschaft für Gentherapie; http://www.dg-gt.de/wasistgt.html (Abruf: 25.07.2012)
- Grundwissen pharmazeutische Biotechnologie, Von Oliver Kayser, GB Teubner März 2002
- Molekulare Biotechnologie: Grundlagen und Anwendungen, David P. Clark, Nanette J. Pazdernik, Spektrum 2009