Gentests – Der entschlüsselte Mensch
Gentests geben einiges über den Träger der Erbinformation preis: Ist das Kind im Bauch gesund? Wer ist der Vater? Und welches Medikament wirkt bei wem am besten?
Bei einem Gentest werden die Erbinformationen eines Menschen gezielt auf bestimmte Merkmale hin untersucht. Da alle Körperzellen das gesamte Erbgut enthalten, ist das prinzipiell mit jeder Körperzelle möglich. Abhängig vom Test wird dafür in der Regel ein Abstrich von der Mundschleimhaut verwendet oder eine Blutprobe.
Gentests werden heute bereits in vielen Bereichen eingesetzt. Der genetische Fingerabdruck dient dazu, Verbrecher zu überführen. Mit einem Vaterschaftstest lässt sich mit fast 100-prozentiger Sicherheit feststellen, wer der leibliche Vater eines Kindes ist. Auch Mutterschaftstest gibt es, die naturgemäss weit seltener eingesetzt werden, da selten Zweifel bestehen, wer die Mutter eines Kindes ist.
Vorgeburtlicher Check
Gentests werden aber auch eingesetzt, um spezielle Krankheitsgene zu identifizieren. Sie kommen beispielsweise im Rahmen der Pränataldiagnostik zum Einsatz, insbesondere wenn bereits bekannt ist, dass ein Risiko für eine bestimmte schwere Erbkrankheit besteht. Dazu wird Fruchtwasser aus dem Mutterleib entnommen. Seit kurzem ist es auch in Deutschland möglich, im Rahmen der sogenannten Präimplantationsdiagnostik Embryonen genetisch auf solche schweren Erkrankungen hin zu untersuchen, bevor sie in den Mutterleib eingesetzt werden.
Auch im Erwachsenenalter ist es möglich, nach bestimmten Krankheiten zu fahnden. Beispielsweise wenn man feststellen will, ob einem selbst schwere Krankheiten drohen, wie Chorea Huntington oder erbliche Formen von Brustkrebs.
Fahndung nach Risikogenen
Inzwischen werden auch Gentests angeboten, die das Erbgut auf Risikogene scannen, die bereits bekannt sind. Damit soll man beispielsweise feststellen können, ob man ein verstärktes Risiko für Alzheimer oder Herzinfarkt trägt. Idealerweise fühlt man sich dann motivierter, diesen Erkrankungen gezielter vorzubeugen.
Kritisch ist hier anzumerken, dass solche Erkrankungen sehr komplex sind und es zu vermuten ist, dass längst nicht alle Gene, die dazu beitragen, entdeckt wurden. Das bedeutet, dass man auch mit einem negativen - also erfreulichen - Testergebnis nicht sicher sein kann, nicht doch noch Risikogene in sich zu tragen. Zum anderen kann ein solches Ergebnis fälschlich als Freibrief für einen ungesunden Lebenswandel gewertet werden. Bei Erkrankungen wie Alzheimer, bei denen die Präventionsmassnahmen stark eingeschränkt sind, ist eine solche Information zudem wenig hilfreich und dass Wissen um ein erhöhtes Risiko belastet vielleicht unnötig.
Gentests in der Therapie
Gentests kommen auch zunehmend der Therapie von Krankheiten zugute. Zum einen können sie helfen, bei einer bestehende Krankheit exakt Schweregrad oder den Typ bestimmen zu können. Mitunter lässt sich mithilfe dieser Test aber auch die Verträglichkeit eines bestimmten Medikamentes bzw. die Erfolgsaussicht der Behandlung vorhersagen. Besonders häufig werden Gentests schon heute in der Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt.
Alle Themen aus unserem Gen-Special
Teil 2: Epigenetik - Gene sind kein Schicksal
Teil 3: Erbgut, Gene, Chromosomen
Teil 4: Das Geheimnis der Vererbung
Teil 5: Mutationen – Fehler im Gencode
Teil 6: Genforschung - Der geknackte Code
Teil 7: Gentests - Der entschlüsselte Mensch
Teil 8: Gentechnik - Manipulierter Bauplan
Teil 9: Gentherapie – Geflicktes Erbgut
Autoren- & Quelleninformationen
- Hengstschläger, M.: Kranke Gene: Chancen und Risiken von Gentests. Facultas Verlags-und Buchhandels AG 2003