Mit einer chronischen Rhinosinusitis immer zum Arzt gehen.

Riskante Schniefnasen

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Larissa Melville

Larissa Melville absolvierte ihr Volontariat in der Redaktion von NetDoktor.de. Nach ihrem Biologiestudium an der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität München lernte sie die digitalen Medien zunächst bei Focus online kennen und entschied sich dann, den Medizinjournalismus von Grund auf zu erlernen.

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Chronischer Schnupfen ist mehr als lästig - er begünstigt auch Schlaganfall, Übergewicht und Depressionen. Trotzdem wird er häufig unterschätzt – sogar von Ärzten.

Die Nase trieft dauernd oder ist immerzu verstopft. Nasentropfen und Taschentücher sind ständige Begleiter. Hinzu kommt ein unangenehmes Druckgefühl, das sich in der Nasenumgebung breitmacht. Für mehr als zehn Prozent der Deutschen ist Schnupfen nicht nur ein lästiger Infekt, der sie ein paar Tage plagt – er wird zum Dauerzustand. Sie leiden unter einer chronischen Rhinosinusitis – einer anhaltenden Entzündung der Nasenschleimhaut und der Nasennebenhöhlen.

Doch oft unterschätzen selbst Ärzte die Häufigkeit und die Folgen der Erkrankung. So begünstigt chronischer Schnupfen weiterer Infektionen wie beispielsweise eine Lungenentzündung. „Die Betroffenen leiden auch deutlich häufiger an Lungenerkrankungen wie Asthma bronchiale und COPD, dem sogenannten Raucherhusten“, sagt Dr. Achim Beule, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie der Universitätsmedizin Greifswald im Gespräch mit NetDoktor.

Krank durch Schnupfen

Überraschender scheint, dass die Betroffenen ein erhöhtes Risiko haben, einen Schlaganfall zu erleiden. „Traditionelle Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Rauchen, Übergewicht und unbehandelter Bluthochdruck erklären nicht mehr ausreichend, warum ein Patient ein Schlaganfall erleidet“, sagt Beule. Eine weitere wichtige, bislang aber zu wenig beachtete Ursache könnten chronische Entzündungen sein. „Sie scheinen das Risiko für eine Verstopfung von Gefässen durch Blutgerinnsel zu steigern“, berichtet der HNO-Arzt. Dazu passe auch die Tatsache, dass Patienten mit chronischer Nasennebenhöhlenentzündung vermehrt Schlaganfälle erlitten.

Geruchsarmutsarmut schlägt auf Gemüt

Warum Menschen mit Sinusitis eher übergewichtig werden oder an einer Depression erkranken, lässt sich noch schwerer nachvollziehen. Denkbar sei, dass die chronisch verstopfte Nase und das beeinträchtige Riech- und Schmeckvermögen dabei eine Rolle spielen. „Der Geruch ist in der Menschheitsentwicklung ein sehr alter Sinn, der das Gefühlsleben stark beeinflusst. Geht er verloren, wird die Welt deutlich weniger interessant“, erklärt Beule. Dadurch könnten Depressionen begünstigt werden. Und sicherlich könne auch der Schnupfen selbst und die Notwendigkeit, sich ständig schnäuzen zu müssen, negative Auswirkungen auf die Psyche haben.

Auch das Thema Übergewicht lässt sich durch einen mangelnden Geruchs- und Geschmackssinn erklären. Denn wer weniger schmeckt, isst nicht unbedingt weniger: „Die Betroffenen versuchen, die verminderte Intensität durch ein "Mehr" an Nahrung auszugleichen“, vermutet Beule. Und damit ist Übergewicht vorprogrammiert. Allerdings bedürften beide Hypothesen weiterer wissenschaftlichen Untersuchungen.

Rechtzeitig Hilfe suchen

Menschen, die ihren Schnupfen einfach nicht mehr los werden, rät der Experte, einen HNO-Arzt aufzusuchen. Dieser kann die genaue Ursache feststellen und durch eine Endoskopie der Nase auch die verschiedenen Unterformen der chronischen Rhinosinusitis erkennen. Ziel ist eine optimal auf die individuellen Beschwerden abgestimmte Therapie. Hefen können Inhalationen, abschwellenden Nasentropfen und –sprays sowie Cortison gegen die Entzündung. Sind Bakterien mit im Spiel, sind Antibiotika eine weitere Option.

Letzter Ausweg OP

Die meisten Patienten werden so den Dauerschnupfen wieder los. Ist das nicht der Fall, kommt eine Operation infrage. Dabei werden beispielsweise Polypen entfernt, um die Nasengänge zu erweitern. Allein 2009 wurden in Deutschland mehr als 50.000 Operationen der Nasennebenhöhlen wegen einer chronischen Rhinosinusitis durchgeführt.

Die Ursachen für den lästigen Dauerschnupfen sind oft Veränderungen in der Nase, die eine ausreichende Belüftung der Nasennebenhöhlen stören. Dazu zählen Verkrümmungen der Nasenscheidewand oder Nasenpolypen. Weitere mögliche Ursachen für eine Nasennebenhöhlenentzündung können allergische Schleimhautschwellungen, Mukoviszidose oder Erkrankungen des Immunsystems sein.

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Larissa Melville

Larissa Melville absolvierte ihr Volontariat in der Redaktion von NetDoktor.de. Nach ihrem Biologiestudium an der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität München lernte sie die digitalen Medien zunächst bei Focus online kennen und entschied sich dann, den Medizinjournalismus von Grund auf zu erlernen.

ICD-Codes:
J01J00J20J10J06M31J32J33J30J11
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V., Bonn vom April 2015
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