Eiweiß im Blut

Von , Student der Humanmedizin
und , Medizinredakteurin und Biologin
Lukas von Kunhardt

Lukas v. Kunhardt studiert Humanmedizin an der LMU München. Seit 2022 ist er Teil der NetDoktor-Redaktion und verfasst dort unter anderem medizinische Fachtexte. Er interessiert sich sehr für die Belange von Patienten und möchte ihnen durch seine Artikel den Zugang zur Medizin erleichtern.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Bluteiweisse, genannt Plasmaproteine, sind lebenswichtig und erfüllen viele verschiedene Aufgaben. Einige dienen zum Beispiel als Transportvehikel für Hormone, Fette und Mineralstoffe. Andere fungieren als Abwehrtruppen des Immunsystems (Antikörper). Lesen Sie hier mehr über die Eiweisswerte im Blut und was abweichende Werte bedeuten!

Was ist Eiweiss im Blut?

Das Gesamteiweiss im Blut setzt sich zusammen aus vielen verschiedenen Plasmaproteinen.

Das Plasma ist der flüssige, zellfreie Anteil des Blutes. Die darin enthaltenen Proteine (Plasmaproteine) bestehen – wie die Eiweisse aus der Nahrung – aus Aminosäuren. Im Unterschied zum Nahrungseiweiss fungieren sie aber nicht vorrangig als Baustoffe und Energielieferanten.

Stattdessen haben Plasmaproteine spezialisierte Funktionen, die sie im Blut ausüben, zum Beispiel als Transportvehikel.

Wann wird das Gesamteiweiss bestimmt?

Bei folgenden Erkrankungen wird häufig das Gesamteiweiss gemessen:

  • Erkrankungen der Leber (die Leber produziert viele Plasmaproteine, v.a. die häufigsten Vertreter: Albumine)
  • Erkrankungen der Nieren
  • Proteinurie (Eiweissausscheidung über den Urin)
  • Polyurie (häufiges Wasserlassen)
  • Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
  • akute und chronische Entzündungen
  • Verbrennungen
  • Tumore, z.B. Lymphome (“Lymphdrüsenkrebs”)
  • Schock
  • Polytrauma: Verletzung mehrere Körperregionen oder Organsysteme; mind. eine davon oder die Kombination mehrerer Verletzungen ist lebensbedrohlich.
  • Ödeme
  • Infektanfälligkeit
  • Knochenschmerzen unklarer Ursache

Bestimmung der verschiedenen Plasmaproteine

Ist das Gesamteiweiss im Blut erhöht oder erniedrigt, kann dies von bestimmten Plasmaproteinen ausgehen. Welche das sind, lässt sich mittels Elektropherese herausfinden. Dieses Verfahren trennt die Bluteiweisse je nach ihrer Grösse und elektrischen Ladung in fünf Gruppen (Fraktionen) auf:

  • Albumine
  • Globuline mit vier Untergruppen

Die Albumine machen etwa 60 Prozent des Gesamteiweisses im Blut aus. Sie dienen als Transporter im Blut und sorgen zusammen mit den anderen Plasmaproteinen für den sogenannten kolloidosmotischen Druck, der Wasser in den Gefässen hält (siehe unten).

Die zweitgrösste Gruppe der Proteine im Blut stellen die verschiedenen Globuline dar. Sie lassen sich folgende Untergruppen einteilen:

Globuline haben unterschiedliche Aufgaben, zum Beispiel als Transporter oder als Enzyme in Entzündungsreaktionen. Die bekanntesten Vertreter dieser Klasse, die Immunglobuline (Antikörper), zählen zu den Gamma-Globulinen. Sie dienen der Abwehr von Krankheitserregern und machen bis zu 16 Prozent der Plasmaproteine aus.

Wenn die typischen Mengenverhältnisse der Plasmafraktionen zueinander verändert sind, kann dies auf verschiedene Erkrankungen hinweisen.

Eiweiss im Blut: Was sind die Normwerte?

Die Normwerte (Normalwerte) für das Eiweiss im Blut hängen vom Alter ab. Ausserdem gibt es je nach verwendeter Bestimmungsmethode im Labor verschiedene Referenzwerte. Die folgende Tabelle enthält die Standardwerte für Gesamteiweiss in den jeweiligen Altersgruppen:

Alter

Gesamtprotein

Neugeborene

46 – 68 g/l

Säuglinge (bis 12 Monate)

48 – 76 g/l

ältere Kinder (ab 1 Jahr)

60 – 80 g/l

Erwachsene

66 – 83 g/l

Wann ist das Eiweiss im Blut zu niedrig?

Generell gibt es zwei mögliche Ursachen, wenn das Gesamteiweiss zu niedrig ist:

  • Die Menge an Gesamteiweiss ist tatsächlich (absolut) erniedrigt, entweder aufgrund von Eiweissverlust (Proteinverlust) oder einer verminderten Produktion von Plasmaproteinen.
  • Eine Überwässerung des Blutes täuscht geringe Eiweisswerte vor. Es liegt dann eine sogenannte "Pseudohypoproteinämie" vor.

Proteinverlust

Bei Nierenerkrankungen werden Proteine mit dem Urin ausgeschieden (Proteinurie):

Bei einem gesunden Menschen filtern die Nieren im Rahmen der Harnproduktion Proteine heraus, sodass kaum welche ausgeschieden werden. Bei Schädigungen der Niere ist sie dazu aber nur noch eingeschränkt in der Lage. Insbesondere kleine Proteine wie das Albumin werden dann ausgeschieden. Mediziner sprechen hierbei von einer “Albuminurie” (Albumin im Urin).

Auch Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes können der Grund sein, wenn der Körper viel Eiweiss verliert. Bei grossflächigen Entzündungen der Darmschleimhaut, wie bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, fliesst proteinreiches Exsudat in den Darm. Exsudat nennt man die milchig gelbe Flüssigkeit, die aus Wunden austritt. Gleichzeitig kann die entzündete Schleimhaut in das Darminnere ausgeschiedene Proteine schlecht resorbieren.

Verbrennungen erzeugen durch einen ähnlichen Mechanismus einen Proteinverlust. Zum einen wird für die Reparatur der geschädigten Haut eine grosse Menge Proteine benötigt, was einen Abbau der Plasmaproteine bedingt. Ausserdem tritt aus der verbrannten Hautoberfläche Exsudat aus, welches grosse Mengen an Plasmaproteinen enthält – zu wenig Eiweiss im Blut ist die Folge.

Verminderte Proteinsynthese

Die Leber produziert den Grossteil der Plasmaproteine mit Ausnahme der Immunglobuline (diese werden von spezialisierten weissen Blutkörperchen, den Plasmazellen, gebildet). Diese Produktion kann aus unterschiedlichen Gründen vermindert sein:

Manchmal fehlen Aminosäuren (die Grundbausteine der Proteine). Das kann passieren, wenn man mit der Nahrung zu wenig Eiweiss aufnimmt (bei Unter- oder Mangelernährung). Bei anderen Betroffenen ist die Ausnahme der Eiweissbausteine (und anderer Nährstoffe) im Darm beeinträchtigt (Malabsorption).

Die Produktion von Plasmaproteinen kann auch durch Schädigungen der Leber selbst beeinträchtigt sein. Allerdings ist nur bei sehr schlimmen Leberschäden die Produktion so stark vermindert, dass die Konzentration der Bluteiweisse abfällt. Dies ist zum Beispiel bei Leberentzündung (Hepatitis) oder einer Leberzirrhose der Fall.

Auch erblich bedingte Erkrankungen wie die Analbuminämie oder das Antikörpermangelsyndrom verändern die Plasmaproteinkonzentration.

Überwässerung des Blutes

Bei einer Pseudohypoproteinämie (Verdünnungshypoproteinämie) ist die Menge an Eiweiss in den Gefässen zwar normal. Doch eine unverhältnismässig grosse Menge an Flüssigkeit im Blut täuscht eine verminderte Konzentration vor – es handelt sich also um eine relative Erniedrigung des Gesamteiweisses im Blut.

Dies kann durch übermässige Flüssigkeitszufuhr (über Infusionen oder Getränke) oder während der Schwangerschaft passieren.

Symptome bei niedrigem Bluteiweiss

Da Albumin den grössten Anteil am Bluteiweiss hat, liegt es meist an niedrigen Albuminwerten, wenn das Gesamteiweiss zu niedrig ist. Typische Symptome sind dann Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme). Eine der Hauptaufgaben von Bluteiweissen ist nämlich die Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Drucks, welcher Wasser in den Gefässen hält.

Sinkt das Albumin beziehungsweise Gesamteiweiss zu sehr ab, tritt Wasser aus den Gefässen aus und lagert sich im umliegenden Gewebe ein. Ein typisches Bild dafür ist der Wasserbauch bei einem Alkoholiker mit starker Leberschädigung. Eine ähnliche Verteilung des Wassers findet man bei stark unterernährten Kindern, denen ausreichend Proteine zur Produktion von Albumin fehlen.

Wann ist das Eiweiss im Blut erhöht?

Die Konzentration der verschiedenen Plasmaproteinen ist im ständigen Wandel. Besonders beeinflusst wird sie von Entzündungszuständen. Proteine, die bei Entzündungen ansteigen, nennt man “Akute-Phase-Proteine”. Ihr Anstieg kann der Grund sein, wenn das Gesamteiweiss im Blut leicht erhöht ist.

Die Ursache stark erhöhter Plasmaproteinwerte ist dagegen immer eine krankhaft gesteigerte Synthese von Gamma-Globulinen (zu denen Antikörper zählen). Das kann bei Erkrankungen wie dem Multiplen Myelom (beziehungsweise Plasmozytom), Morbus Waldenström oder der Schwerkettenkrankheit der Fall sein.

Kein absolutes, sondern ein relatives Zuviel an Eiweiss im Blut ergibt sich, wenn das Verhältnis von Wasser zu anderen Blutbestandteilen vermindert ist. Mediziner sprechen dann von einer Pseudohyperproteinämie. Der Grund dafür kann sein, dass der Körper ausgetrocknet (dehydriert) ist - beispielsweise durch übermässiges Wasserlassen (Polyurie), Durchfall, Erbrechen oder Schwitzen. Auch eine verminderte Wasseraufnahme lässt den Wasseranteil im Blut sinken und so den Bluteiweisswert vermeintlich ansteigen.

Symptome bei erhöhtem Bluteiweiss

Ein absolutes Zuviel an Eiweiss im Blut löst nur selten Symptome aus. Ein starker Anstieg des Immunoglobulin M allerdings verdickt das Blut teilweise stark. Das beeinträchtigt die Durchblutung. Passieren kann das beispielsweise bei Morbus Waldenström.

Was tun bei veränderten Bluteiweiss-Werten?

Bei verringerten oder erhöhten Eiweisswerten im Blut suchen Mediziner zunächst nach ihrer Ursache. Dann können sie eine passende Behandlung einleiten.

Wenn zum Beispiel das Gesamteiweiss relativ erhöht ist (Pseudohyperproteinämie), kann eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr den Messwert wieder normalisieren: Der Betroffene sollte viel trinken beziehungsweise bekommt Infusionen, um den Wasserhaushalt des Körpers wieder in Balance zu bringen.

Ist die Gesamtproteinkonzentration absolut erhöht, ist eine starke Zunahme der Gammaglobuline dafür verantwortlich. Bei diesen handelt es sich hauptsächlich um Immunglobuline (Antikörper). Die starke Erhöhung kann etwa durch ein Multiples Myelom beziehungsweise Plasmozytom bedingt sein. Diese Form von Blutkrebs behandeln Mediziner unter anderem mit einer Chemotherapie.

Wenn etwa infolge einer Leberzirrhose das Gesamteiweiss im Blut erniedrigt ist, gilt es, deren Ursache zu behandeln. Das kann beispielsweise eine virusbedingte Leberentzündung (Virus-Hepatitis) sein. Mit virenhemmenden Medikamente (Virostatika) kann man die Entzündung bekämpfen und so das Eiweiss im Blut wieder erhöhen. Ist die Zirrhose allerdings schon zu weit fortgeschritten, braucht der Patient eine neue Leber (Lebertransplantation).

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Karlheinz Zeilberger
Autoren:
Lukas v. Kunhardt
Lukas von Kunhardt

Lukas v. Kunhardt studiert Humanmedizin an der LMU München. Seit 2022 ist er Teil der NetDoktor-Redaktion und verfasst dort unter anderem medizinische Fachtexte. Er interessiert sich sehr für die Belange von Patienten und möchte ihnen durch seine Artikel den Zugang zur Medizin erleichtern.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Quellen:
  • Dormann, A. et al.: Laborwerte, Urban & Fischer Verlag, 8. Ausgabe, 2021
  • Graf, N.A. & Gürkov, R.: BASICS Klinische Chemie - Laborwerte in der klinischen Praxis, Urban & Fischer Verlag, 2. Auflage, 2010
  • Hallbach, J.: Klinische Chemie und Hämatologie - Biomedizinische Analytik für MTLA und Studium, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2019
  • Kohse, K.P. et al.: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie, Georg Thieme Verlag, 9. Auflage, 2019
  • Niederau, C.M. & Böhm, B.O.: Klinikleitfaden Labordiagnostik, Urban & Fischer Verlag, 7. Ausgabe, 2021
  • Renz, H.: Praktische Labordiagnostik: Ein Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, Klinischen Chemie und Hämatologie, De Gruyter, 2009
  • Speckmann, E.-J. et al.: Physiologie – Das Lehrbuch, Urban & Fischer Verlag / Elsevier GmbH, 7. Auflage, 2019
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