Paranoide Schizophrenie

Von , Masterstudium in Psychologie
Julia Dobmeier

Julia Dobmeier absolviert derzeit ihr Masterstudium in Klinischer Psychologie. Schon seit Beginn ihres Studiums interessiert sie sich besonders für die Behandlung und Erforschung psychischer Erkrankungen. Dabei motiviert sie insbesondere der Gedanke, Betroffenen durch leicht verständliche Wissensvermittlung eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen.

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Die paranoide Schizophrenie ist mit etwa 65 Prozent die häufigste Schizophrenieform. Die Hauptsymptome sind hier Wahnvorstellungen wie Verfolgungswahn und Halluzinationen wie das Hören von Stimmen. Die paranoide Schizophrenie wird daher auch als paranoid-halluzinatorische Schizophrenie bezeichnet. Lesen Sie hier alles Wichtige zu diesem Typ von Schizophrenie.

paranoide schizophrenie

Paranoide Schizophrenie: Diagnose

Ungefähr die Hälfte aller Schizophrenie-Patienten zeigen im Verlauf der Erkrankung Symptome einer paranoiden Schizophrenie. Diese entwickelt sich meistens später als die anderen Typen von Schizophrenie. Oft taucht sie erst bei Menschen im mittleren Lebensalter auf.

Nach der "Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme" (ICD-10) müssen folgende Kriterien für die Diagnose "Paranoide Schizophrenie" zutreffen:

  • Die allgemeinen Kriterien einer Schizophrenie liegen vor.
  • Die Betroffenen haben Wahnvorstellungen oder Halluzinationen (vorwiegend akustische Halluzinationen).
  • Unpassende Emotionen oder Ausdruckslosigkeit (sogenannter "flacher Affekt") treten nicht oder nur schwach auf.

Paranoide Schizophrenie: Wahnvorstellungen

Die Wahnvorstellungen bei paranoider Schizophrenie können ganz unterschiedlich ausfallen. Häufig leiden die Patienten unter Verfolgungswahn: Sie sind fest davon überzeugt, dass sie von anderen Menschen überwacht werden und diese ihnen Schaden zufügen wollen. Demzufolge entwickeln die Patienten anderen gegenüber grosses Misstrauen. Viele Patienten mit paranoider Schizophrenie glauben, dass sie in ihrer Wohnung beobachtet und abgehört werden. Manche fühlen sich auch von Ausserirdischen verfolgt.

Eine andere Form von Wahnvorstellungen ist der Beziehungswahn. Betroffene glauben, dass normale Gegebenheiten wie etwa das Wetter eine Botschaft oder Warnung für sie enthalten. Manchmal wird auch der Nachrichtensprecher im Fernseher oder Radio als Übermittler geheimer Botschaften betrachtet. Viele Patienten gehen auch davon aus, dass Menschen die sich unterhalten, über sie selbst reden. Das Misstrauen kann sich auch gegen die eigene Familie oder den Partner richten.

Hinweis: Angehörige sollten sich bewusst machen, dass dieses oft verletztende Verhalten eines Patienten seiner Krankheit entspringt. Professionelle Unterstützung etwa durch den behandelnden Arzt kann dabei helfen. Als Angehöriger sollten Sie auch nicht versuchen, mit dem Erkrankten hinsichtlich seiner Wahnvorstellungen zu streiten. Das könnte die Situation noch verschlimmern.

Paranoide Schizophrenie: Halluzinationen

Eine paranoide Schizophrenie erzeugt neben Wahnvorstellungen auch sehr oft Halluzinationen. Dabei handelt es sich um Sinnestäuschungen, bei denen etwas gehört, gesehen oder auch gerochen werden, das nicht existiert. Dennoch halten paranoide Schizophrenie-Patienten diese Wahrnehmungen für real. Am häufigsten sind akustische Halluzinationen, etwa das Hören von Stimmen. So "hören" manche Patienten ganze Dialoge zwischen verschiedenen Stimmen oder bekommen Befehle von einer Stimme.

Paranoide Schizophrenie: Sonstige Symptome

Neben den Wahnvorstellungen und Halluzinationen entwickeln paranoide Schizophrenie-Patienten häufig auch Zorn und Angst. Sie sind oft unruhig und streitsüchtig. In sehr seltenen Fällen werden die Betroffenen auch gewalttätig. Das kann passieren, wenn sie sich stark bedroht fühlen.

Hinweis: In diesem Fall sollten Angehörige sofort Hilfe holen - am besten ruft man den Notarzt! Den Betroffenen mit Worten zur Vernunft zu bewegen, ist zwecklos. Besteht aufgrund der Schizophrenie eine akute Gefahr für den Betroffenen oder für andere Menschen, kann auch eine Zwangseinweisung gegen den Willen des Patienten notwendig werden.

Während einer Phase paranoider Schizophrenie treten in der Regel keine oder nur sehr schwache Sprachstörungen, motorische Störungen oder Antriebslosigkeit auf – Symptome, die für andere Schizophrenieformen typisch sind. Paranoide Schizophrenie-Patienten haben auch keine unpassenden oder verflachten Emotionen. Von einem flachen Affekt spricht man, wenn die Mimik und die Körperhaltung keine Rückschlüsse auf den inneren emotionalen Zustand zulassen.    

Paranoide Schizophrenie: Prognose

Viele Betroffene und Angehörige beschäftigt vor allem eine Frage: Ist eine paranoide Schizophrenie heilbar? Die Antwort darauf ist nicht ganz einfach. Manche Patienten erleben nur eine akute Krankheitsphase und werden danach wieder ganz gesund. Andere kehren nach mehreren akuten Phasen in die "Normalität" zurück. Eine Paranoide Schizophrenie kann aber auch chronisch verlaufen mit dauerhaften Defiziten und Beeinträchtigungen.

Generell gilt: Die paranoide Schizophrenie hat bei entsprechender Behandlung eine gute Prognose. Antipsychotische Medikamente (Neuroleptika) wirken in vielen Fällen gut. Vor allem bei frühzeitiger Behandlung können die Wahnvorstellungen und Halluzinationen schnell gestoppt werden. Zusätzlich sollten Patienten auch eine psychotherapeutische Behandlung erhalten und psychosoziale Massnahmen in Anspruch nehmen. Das verbessert den eigenen Umgang mit der Erkrankung und hilft, mögliche auslösende Stressfaktoren frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Das senkt zusätzlich das Risiko eines Rückfalls von paranoider Schizophrenie.

Autoren- & Quelleninformationen

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Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Werner Kissling
Autor:
Julia Dobmeier
Julia Dobmeier

Julia Dobmeier absolviert derzeit ihr Masterstudium in Klinischer Psychologie. Schon seit Beginn ihres Studiums interessiert sie sich besonders für die Behandlung und Erforschung psychischer Erkrankungen. Dabei motiviert sie insbesondere der Gedanke, Betroffenen durch leicht verständliche Wissensvermittlung eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen.

ICD-Codes:
F21F20
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Amberger, S. & Roll, S.: Psychiatriepflege und Psychotherapie, Thieme-Verlag, 1. Auflage 2010
  • Bondy, B.: Was ist Schizophrenie?, Beck-Verlag, 4. Auflage 2008
  • Butcher, J. et al.: Klinische Psychologie, Pearson-Studium, 13. Auflage 2009
  • Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012
  • Hahlweg, K. & Dose, M.: Ratgeber Schizophrenie. Information für Betroffene und Angehörige, Hogrefe-Verlag, 1. Aufl2005
  • Margraf, J. Schneider S.: Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Springer Verlag, 3. Auflage 2009
  • Möller, H. et al.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Thieme-Verlag, 5. Auflage 2013
  • Remschmidt, H. et al.: Kinder und Jugendpsychiatrie, Thieme Verlag, 6. Auflage 2011
  • S3-Leitlinie Schizophrenie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (Stand: 15.03.2019)
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