Schenkelhernie

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Dr. med. Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Eine Schenkelhernie (Schenkelbruch, Femoralhernie, Hernia femoralis) ist ein Eingeweidebruch, unterhalb des sogenannten Leistenbands. Die Schmerzen sind oft unspezifisch und strahlen in den Oberschenkel aus. Eine Schenkelhernie wird immer operiert. Lesen Sie hier mehr über die Schenkelhernie.

Schenkelhernien lösen unspezifische Schmerzen aus

Kurzübersicht

  • Symptome: Oft symptomlos; Schwellung im Bereich der Leiste, unspezifische Schmerzen in der Leistengegend, die in den Oberschenkel ausstrahlen, unter Umständen Harnverhalt oder blutiger Urin, Darmverschluss mit entsprechenden Symptomen möglich – dann besteht Lebensgefahr
  • Behandlung: Offene oder minimalinvasive geschlossene Operation je nach Ausprägung
  • Ursachen und Risikofaktoren: Schwaches Bindegewebe, vorangegangene Leistenbruch-OP, Risikofaktoren: mehrere Schwangerschaften, Übergewicht, Bindegewebs-Stoffwechsel-Störung; akuter Auslöser starker Husten, Pressen oder schweres Heben
  • Diagnose: Krankengeschichte, Tastuntersuchung, unter Umständen Ultraschalluntersuchung
  • Prognose: Mit Operation gut behandelbar, Wiederauftreten ist selten; unbehandelt ist eine lebensbedrohliche Situation durch einen Darmverschluss möglich
  • Vorbeugung: Keine konkrete Vorbeugung; bestimmte Tragetechniken beim Heben schwerer Lasten vermeiden Hernien allgemein

Was ist eine Schenkelhernie?

Bei der Schenkelhernie (Schenkelbruch, Hernia femoralis oder Femoralisbruch) stülpt sich ein sogenannter Bruchsack durch eine Schwachstelle im Gewebe heraus. Diesen ertastet und sieht der Arzt insbesondere bei erhöhtem Druck im Bauchraum. Ein Schenkelbruch besteht aus einer Bruchpforte, einem Bruchsack und dem Bruchinhalt. Die Bruchpforte ist bei der Schenkelhernie maximal einen Zentimeter weit und befindet sich unterhalb des Leistenbandes am Oberschenkel. Im Bruchsack sind häufig Darmanteile enthalten.

Etwa fünf Prozent aller Hernien sind Schenkelhernien. Die Schenkelhernie tritt dreimal häufiger bei der Frau als beim Mann auf und betrifft insbesondere Frauen im höheren Lebensalter. Bei etwa 40 Prozent der Schenkelhernien ist der Bruchsack bereits bei Diagnosestellung eingeklemmt. Neun Prozent der Frauen und 50 Prozent der Männer leiden gleichzeitig unter einer Leistenhernie (Leistenbruch).

Welche Symptome treten auf?

Schenkelhernien verursachen zu Beginn meist keine Beschwerden. Treten Schmerzen auf, sind diese häufig uncharakteristisch und in der Leistenregion gelegen. Insbesondere bei körperlicher Belastung strahlen die Schmerzen in den Oberschenkel aus, eine Schwellung in der Leiste entsteht.

Manchmal wird die Schwellung mit einem dort befindlichen Lymphknoten verwechselt. Ist der Bruchsack eingeklemmt, strahlen die Schmerzen oft in die Leiste, in den Bauch und in die Innenseite des Oberschenkels aus.

Wenn Anteile der Blase in dem Bruchsack eingeklemmt sind, kommt es in manchen Fällen zu einem Harnverhalt oder zu blutigem Urin. Sind Teile des Darms eingeklemmt, kommt es zu Rötungen und Schwellungen im Bereich des Bruchsacks, und es treten Symptome eines Darmverschlusses (Ileus) auf.

Bei Frauen ist es möglich, dass Teile der Eierstöcke in einem Schenkelbruch eingeklemmt sind, was sich durch unspezifische Schmerzen äussert.

Kommt es zu einem Darmverschluss (Ileus), ist das eine lebensbedrohliche Situation. Treten Symptome eines Darmverschlusses wie heftige Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Stuhlverhalt und insgesamt schlechtes Allgemeinbefinden auf, suchen Sie einen Arzt auf oder verständigen Sie im Zweifel den Rettungsdienst.

Wie kann eine Schenkelhernie behandelt werden?

Eine Schenkelhernie operieren die Ärzte immer, da sie sich nicht von alleine zurückbildet. Aufgrund der kleinen Bruchpforte klemmen Darmabschnitte leicht ein. Eine Operation ist dann unter Umständen notfallmässig erforderlich.

Je nachdem, ob eine Schenkelhernie alleine oder zusammen mit einer Leistenhernie auftritt, kommen verschiedene Operationstechniken zum Einsatz. Neben der klassischen, offenen Operation operieren Mediziner alternativ mittels Schlüssellochtechnik (minimalinvasiv). Dabei nimmt der Chirurg nur sehr kleine Bauchschnitte vor, über die er seine Instrumente einführt.

Offene Operation

Bei einer offenen Schenkelbruch-OP öffnet der Behandelnde den Bruchsack entweder vom Leistenbereich oder vom Oberschenkelbereich aus. Den Bruchsack trägt der Arzt dann ab, schiebt den Inhalt zurück und verschliesst den Bruch.

Isolierte Schenkelhernie

Bei einer isolierten Schenkelhernie operiert der Chirurg, ohne den Leistenkanal zu eröffnen. Den Hautschnitt setzt er dabei schräg unterhalb des Leistenbandes. Nachdem die Hernie zurückgeschoben ist, vernäht er die Bruchpforte.

Geschlossene Operation

Lässt sich eine Schenkelhernie zurückschieben, ist die Operation mit der sogenannten Schlüssellochtechnik möglich. Bei dieser schonenden Operationsmethode nimmt man nur sehr kleine Hautschnitte vor, über die der Chirurg das Operationsbesteck und ein optisches Gerät zu seiner Orientierung (Laparoskop) einführt. Zur Stabilisierung der Schenkelbruchpforte setzt der Arzt gegebenenfalls ein Kunststoffnetz ein.

Komplikationen

Wie bei jeder Operation sind Wundinfektionen oder Blutungen möglich. In seltenen Fällen kommt es zu Embolien (Gefässverschluss).

Ursachen und Risikofaktoren

Ursache der Schenkelhernie ist eine Schwachstelle im Gewebe der Bauchwand. Diese besteht aus Bauchmuskel und Bindegewebsstrukturen wie sogenannten Aponeurosen und Faszien, die eine optimale Stabilität gewährleisten. Es gibt jedoch "Lücken" in der Leistenregion, die weder von einer Aponeurose noch von Muskel gestützt werden und damit eine natürliche Schwachstelle darstellen.

Diese "Sollbruchstelle" befindet sich bei der Schenkelhernie hinter dem sogenannten Leistenband, wo die Gefässe des Oberschenkels verlaufen. Bei übermässigem Druck im Bauch und schwachem Bindegewebe ist dort eine Schenkelhernie möglich.

Warum die Schenkelhernie bei einigen Menschen entsteht, ist noch nicht geklärt. Es gibt jedoch mehrere Ursachen, die eine Schenkelhernie begünstigen.

Hierzu zählen insbesondere wiederholte Schwangerschaften, Übergewicht und eine mit dem Alter zunehmende Kollagenschwäche. Bei bestimmen Krankheitsbildern, wie dem Marfan-Syndrom oder dem Ehlers-Danlos-Syndrom, liegt eine angeborene Kollagenstoffwechselstörung vor.

Unter anderem der Einfluss des weiblichen Sexualhormons auf das Bindegewebe führt zu einem höheren Anteil von Schenkelhernie betroffener Frauen, meist in höherem Lebensalter.

Darüber hinaus entsteht eine Schenkelhernie häufig nach einer Leistenbruch-Operation – etwa durch die eingesetzte OP-Technik. Ein Grossteil der von einem Schenkelbruch betroffenen Männer hat zusätzlich einen Leistenbruch oder ist an einem Leistenbruch operiert worden.

Durch starkes Husten, Pressen oder schweres Heben erhöht sich der Druck im Bauchraum, sodass es möglich ist, dass Gewebe an Schwachstellen austritt.

Untersuchungen und Diagnose

Tritt eine Schenkelhernie auf, sollten Sie einen Facharzt für Chirurgie und Viszeralchirurgie aufsuchen. Der Arzt erhebt zunächst die Krankengeschichte und untersucht Sie dann genau. Mögliche Fragen des Arztes sind:

  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Wurden Sie schon einmal operiert?
  • Strahlen die Schmerzen aus?
  • Haben Sie eine Begleiterkrankung, die mit einer Kollagenstoffwechselstörung einhergeht?

Die Schenkelhernie untersucht der Arzt im Liegen und im Stehen. Dabei fordert er Sie auf, einmal kräftig zu pressen. Lässt sich ein Bruchsack unterhalb des Leistenbandes tasten, ist die Diagnose einfach zu stellen – bei Übergewichtigen ist der Tastbefund oft schwierig.

Mit einer Ultraschalluntersuchung (Sonografie) grenzt der Arzt bei grösseren Brüchen die Schenkelhernie von einer Leistenhernie ab. Auch eventuell angeschwollene Lymphknoten lassen sich so ausschliessen.

Krankheitsverlauf und Prognose

In der Regel lässt sich eine Schenkelhernie gut behandeln. Ein Wiederauftreten der Hernie ist nicht sehr häufig und liegt zwischen einem und zehn Prozent.

Bei einem akuten Darmverschluss ist eine notfallmässige OP notwendig, da Lebensgefahr besteht.

Vorbeugung

Eine konkrete Vorbeugung einer Schenkelhernie ist nicht möglich. Viele Faktoren begünstigen die Schwächung des Bindegewebes. Unter anderem bestimmte schonende Tragetechniken beim Heben schwerer Lasten helfen ganz allgemein, Hernien zu vermeiden.

Autoren- & Quelleninformationen

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Dr. med. Mira Seidel
Dr. med.  Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

ICD-Codes:
K41
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Deutsch, J. et Schnekenburger, F.: Pädiatrie und Kinderchirurgie. Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, 2017
  • Markus, B.: Leistenhernie, inklusive kindliche und erwachsene Leistenhernie, laparoskopisch versus offen, verschiedene Netze, in: Viszeralchirurgie. Georg Thieme Verlag, 6. Ausgabe 2007
  • Müller, M.: Chirurgie für Studium und Praxis. Medizinische Vlgs- u. Inform.-Dienste, 16. Auflage, 2022
  • Platzer, W.: Taschenatlas Anatomie, Band 1. Georg Thieme Verlag, 12. Auflage, 2018
  • Reutter, K.: Allgemein- und Viszeralchirurgie essentials. Georg Thieme Verlag, 8. Auflage, 2017
  • Schumpelick, V. et al.: Hernien. Georg Thieme Verlag, 5. Auflage, 2015
  • Schumpelick, V.: Kurzlehrbuch Chirurgie. Georg Thieme Verlag, 8. Auflage, 2010
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