Porphyrie

Von 
Dr. med. Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Die Porphyrie ist eine Gruppe von seltenen Stoffwechselerkrankungen, die mit einer gestörten Bildung des roten Blutfarbstoffes Häm einhergehen. Typische Porphyrie-Symptome sind kolikartige Bauchschmerzen und starke Lichtempfindlichkeit der Haut. Die meisten Porphyrien sind erblich bedingt und deshalb nur symptomatisch behandelbar. Hier erfahren Sie mehr über die Porphyrie.

Rote Blutkörperchen

Kurzübersicht: Porphyrie

  • Symptome: Je nach Form starke Bauchschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Muskelschwäche und Lähmungen, Herz-Kreislaufprobleme, hohe Lichtempfindlichkeit der Haut, rötlicher Urin
  • Formen: Es gibt sieben verschiedene Formen, von denen vier akut verlaufen, also zu sehr plötzlichen Beschwerden führen.
  • Ursachen: Ursache der Porphyrie sind Veränderungen im Erbmaterial, zu den Auslösern zählen zum Beispiel Akohol, bestimmte Medikamente und Infektionen.
  • Diagnose: Nachweis von Porphyrinen in Blut, Urin oder Stuhl, je nach Form weitere Untersuchungen wie Test auf Urinverfärbung und Ultraschall oder Biopsie der Leber
  • Behandlung: Am wichtigsten ist es, die Auslöser (z.B. Alkohol, Medikamente) konsequent zu meiden, darüber hinaus helfen je nach Form verschiedene Medikamente und ein konsequenter Hautschutz.
  • Verlauf: Je nach Form unterschiedlich, meist ist aber ein weitgehend normales Leben möglich, wenn Betroffene bestimmte Vorsichtsmassnahmen konsequent einhalten und die Auslöser meiden
  • Vorbeugen: Da die Erkrankung genetisch bedingt ist, ist es nicht möglich ihr vorzubeugen. Oft lassen sich Krankheitsschübe aber mit einfachen Massnahmen verhindern.

Was ist Porphyrie?

Porphyrien sind eine Gruppe seltener, miteinander verwandter Stoffwechselerkrankungen. Sie äussern sich vor allem in Beschwerden an Haut und Nervensystem.

Der Begriff Stoffwechsel beschreibt die Summe aller biochemischen Vorgänge im Körper, bei denen Stoffe auf-, ab- und umgebaut werden. An diesen Prozessen sind Enzyme beteiligt. Das sind spezialisierte Proteine, die jeweils einen Schritt in der Reaktionskette bearbeiten.

Im menschlichen Körper laufen viele verschiedene Stoffwechselwege ab – einer davon ist der Aufbau des sogenannten Häms. Das ist eine chemische Verbindung, die der Körper unter anderem für die roten Blutkörperchen beziehungsweise den darin enthaltenen roten Blutfarbstoff benötigt.

Häm besteht aus einem sogenannten Porphyrin – einer organisch-chemischen Verbindung, von der es in der Natur verschiedene gibt. Bei der Stoffwechselerkrankung Porphyrie ist der Körper aufgrund eines Enzymdefekts nicht in der Lage, Häm regulär zu bilden. Die Folge ist, dass sich die Häm-Vorstufen aufstauen, da der Organismus nicht in der Lage ist, sie weiterzuverarbeiten.

Diese Vorstufen zählen aufgrund ihrer chemischen Struktur ebenfalls zu den Porphyrinen und haben den Porphyrien ihren Namen gegeben. Besonders sammeln sich die Porphyrine in der Haut und der Leber an.

Warum ist das Porphyrin Häm wichtig?

Häm ist ein wichtiger Bestandteil des Hämoglobins – des roten Blutfarbstoffes in den roten Blutkörperchen. Hämoglobin setzt sich aus einem Eiweisskomplex mit einer zentralen Häm-Gruppe zusammen. Das im Häm enthaltene Eisen-Ion bindet molekularen Sauerstoff. Dadurch ist es den roten Blutkörperchen möglich, den Organismus über das Blut mit Sauerstoff zu versorgen.

Häm ist ausserdem Bestandteil des roten Muskelfarbstoffs Myoglobin sowie der Cytochrome. Das sind Enzyme, die unter anderem entscheidende Bedeutung beim Abbau von Arzneimitteln haben.

Porphyrie: Häufigkeit

Insgesamt gibt es sieben verschiedene Porphyrie-Formen, aber nur zwei, die Porphyria cutanea tarda (PCT) und die akute intermittierende Porphyrie (AIP), kommen im Erwachsenenalter in nennenswerter Häufigkeit vor. Etwa zwei von 100.000 Menschen leiden an einer PCT, etwa einer von 1.000.000 Menschen an einer AIP.

Die erythropoetische Protoporphyrie ist insgesamt die dritthäufigste Porphyrie: Etwa einer von 200.000 Menschen ist betroffen. Alle anderen Formen sind sehr selten.

Was sind die Symptome einer Porphyrie?

Je nachdem, welches der acht an der Häm-Bildung beteiligten Enzyme defekt ist, manifestieren sich unterschiedliche Porphyrie-Symptome.

Symptome der akuten intermittierenden Porphyrie (AIP)

Die akute intermittierende Porphyrie ist die häufigste akute Porphyrie. Frauen sind davon dreimal häufiger betroffen als Männer. In der Regel macht sich diese Porphyrie-Form erst zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr bemerkbar. Die akute intermittierende Porphyrie ist durch vielgestaltige Symptome gekennzeichnet, weshalb es für den Arzt oft schwierig ist, die richtige Diagnose zu stellen.

Der Schweregrad der AIP variiert stark: Während 90 Prozent der Fälle asymptomatisch (also ohne Beschwerden) verlaufen, gibt es auch immer wieder Krankheitsfälle mit Lähmungen. Ist die Atemmuskulatur betroffen, führt dies unter Umständen bis zum Tod.

Die Krankheit ruft vor allem akute Bauchschmerzen sowie neurologische und psychiatrische Symptome hervor. Diese treten – wie der Begriff intermittierend andeutet – oft schubartig auf. Meist lösen Alkohol, Medikamente, hormonelle Veränderungen wie Schwangerschaft und Menstruation, Stress oder Kohlenhydratmangel durch Diäten oder Fasten solche akuten Schübe aus.

Ein akuter Schub dauert meist ein bis zwei Wochen an. Wenn Lähmungserscheinungen auftreten, verlängert sich diese Zeitspanne unter Umständen deutlich.

Typische Symptome eines akuten Schubs sind:

  • Heftige kolikartige Bauchschmerzen, vor allem im Unterbauch (sie signalisieren oft den Beginn eines Krankheitsschubs)
  • Fieber
  • Erbrechen und chronische Verstopfung, die nur schwer zu behandeln ist
  • Rötlicher Urin, der nach einiger Zeit dunkler wird (dunkle Flecken in der Unterwäsche!)
  • Neurologische Symptome wie unvollständige oder vollständige Lähmungen, Muskelschwäche sowie Störungen der Sinnesorgane und des Gleichgewichtssinns (sensorische Störungen)
  • Stimmungsschwankungen, Wahnvorstellungen, Koma und Verwirrtheitszustände (Delir)
  • Herz-Kreislaufprobleme wie Herzrasen (Tachykardie) und Bluthochdruck (Hypertonie)

Symptome der Porphyria cutanea tarda (PCT)

Die Porphyria cutanea tarda gehört zu den chronischen hepatischen Porphyrien und ist insgesamt die häufigste Form von Porphyrie. Sie tritt bei Männern etwa doppelt so häufig auf wie bei Frauen und macht sich meist ab dem 40. Lebensjahr bemerkbar.

Allerdings kommt es in der Regel nur zu Problemen, wenn die Leber stark beansprucht ist. Dann sammeln sich die Häm-Vorstufen (Porphyrine) in der Leber an, treten ins Blut über und gelangen so in die Haut. Die Folge ist eine starke Lichtempfindlichkeit: Durch die UV-Strahlen im Sonnenlicht bilden sich an den ungeschützten Hautstellen Bläschen, zum Beispiel an Händen, Gesicht und Hals.

Da die Haut zudem sehr verletzlich ist, bilden sich solche flüssigkeitsgefüllten Bläschen auch bei kleinsten Verletzungen und Alltagsarbeiten. Die Bläschen platzen und bilden beim Abheilen helle, erhabene Narben. Ansonsten ist die Haut durch eingelagerte Porphyrine bräunlich gefärbt.

Zudem sind einige Betroffenen an Stirn, Wangen und rund um die Augen übermässig behaart (Hypertrichose). Der Harn ist durch die darüber ausgeschiedenen Porphyrine unter Umständen braun-rot gefärbt.

Symptome der erythropoetischen Protoporphyrie (EPP)

Die EPP beginnt bereits im Kindesalter. Die Haut ist bei dieser Porphyrie-Form extrem lichtempfindlich, da die sich ansammelnden Porphyrine unter dem Einfluss von Sonnenlicht Sauerstoffradikale in der Haut bilden. Das sind aggressive chemische Verbindungen, die zu verbrennungsähnlichen Erscheinungen mit Jucken und Schmerzen führen.

Oft reichen schon wenige Minuten Sonnenlicht, um die Hauterscheinungen auslösen. Auch indirektes Licht, wie beispielsweise von reflektierenden Oberflächen, führt zu Beschwerden. Die geschädigte Haut ist zwar in der Lage, sich vollständig zu regenerieren, allerdings dauert dies unter Umständen Stunden bis Tage.

Welche Porphyrie-Formen gibt es?

Die Häm-Bildung erfolgt über acht verschiedene Reaktionsschritte. Für jeden ist ein spezifisches Enzym erforderlich. Bei sieben dieser acht Enzyme führt ein Enzymefekt zu einer Porphyrie.

Insgesamt unterscheiden Fachleute deshalb sieben verschiedene Porphyrie-Formen. Vier davon verlaufen akut, bei den drei anderen handelt es sich um nicht-akute Varianten. Akut bedeutet, dass die für die Erkrankung typischen Beschwerden sehr plötzlich auftreten.

Die vier akuten Porphyrie-Formen sind:

  • die akute intermittierende Porphyrie,
  • die Porphyria variegata,
  • die hereditäre Koproporphyrie und
  • die sehr seltene Doss-Porphyrie.

Die drei nicht-akuten Porphyrie-Arten zeigen dagegen keine akuten Bauchschmerzen und betreffen hauptsächlich die Haut. Zu ihnen zählen:

  • die Porphyria cutanea tarda,
  • die erythropoetische Protoporphyrie und
  • die seltene kongenitale erythropoetische Porphyrie (Morbus Günther).

Die Häm-Bildung findet hauptsächlich im Knochenmark, zu einem geringeren Teil auch in der Leber statt. Daher lassen sich die sieben Porphyrie-Formen stattdessen auch danach einteilen, wo sich die Häm-Vorstufen aufgrund eines Enzymdefekts hauptsächlich ansammeln:

  • erythropoetische Porphyrien (Knochenmark): erythropoetische Protoporphyrie, kongenitale erythropoetische Porphyrie (Morbus Günther)
  • hepatische Porphyrien (Leber): akute intermittierende Porphyrie, Porphyria variegata, hereditäre Koproporphyrie, Doss-Porphyrie, Porphyria cutanea tarda

Ursachen und Risikofaktoren

Ursache aller Porphyrie-Formen ist eine Veränderung (Mutation) in dem Teil des Erbmaterials, das die Bauanleitung für eines der an der Häm-Bildung beteiligten Enzyme enthält. in den meisten Fällen vererbt ein Elternteil die Mutation an seine Nachkommen. Die Vererbung erfolgt in der Regel autosomal dominant.

Autosomal bedeutet, dass das betroffene Gen nicht auf den beiden Geschlechtschromosomen liegt. Ob das Kind eines betroffenen Elternteils erkrankt, ist also nicht von seinem Geschlecht abhängig. Dominant bedeutet, dass es ausreichend ist, wenn nur ein Elternteil dem Kind ein defektes Gen vererbt. Es müssen also nicht beide Genkopien betroffen sein, um die Erkrankung auszulösen.

Meist äussert sich die Porphyrie aber nur, wenn zusätzlich bestimmte äussere Einflüsse hinzukommen, wie zum Beispiel Alkoholkonsum, Nikotinkonsum, bestimmte Medikamente, hormonelle Verhütungsmittel, Stress oder Infektionen. Bei der Porphyria cutanea tarda spielen vor allem Infektionen mit dem Hepatitis-C-Virus sowie mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) eine Rolle.

In einigen Fällen führen auch Vergiftungen (wie zum Beispiel eine Bleivergiftung) zu einer Porphyrie.

Meist ist der Produktionsweg des Häms bei einer Porphyrie nur zum Teil blockiert, da bestimmte Regulationsmechanismen dafür sorgen, dass die Hämbildung wenigstens teilweise funktioniert. Dennoch häufen sich Häm-Vorstufen (Porphyrine) an und verursachen entsprechende Symptome.

Untersuchungen und Diagnose

Aufgrund der Komplexität der Erkrankung und der vielseitigen Symptome ist es manchmal auch für einen erfahrenen Arzt schwierig, die richtige Diagnose zu stellen. Wichtig sind vor allem die typischen Porphyrie-Symptome sowie Angaben über ähnliche Krankheitsbilder bei Verwandten.

Für eine genaue Porphyrie-Diagnostik kontrolliert der Arzt, ob das Blut, der Urin oder der Stuhl Porphyrine enthalten. Die Untersuchung sollte am besten dann erfolgen, wenn der Betroffene gerade Beschwerden hat, da sich die Werte im Krankheitsverlauf verändern und teilweise sogar auf einen normalen Wert abfallen.

Weitere wichtige Diagnoseschritte bei der Abklärung einer Porphyrie richten sich nach der jeweiligen Porphyrieform.

Akute intermittierende Porphyrie

Bei der akut intermittierenden Porphyrie färbt sich der Urin rot bis dunkelrot, wenn er längere Zeit steht. Dieser Nachweis gelingt allerdings nur bei zwei Drittel der Fälle.

Ein anderer Test ist die umgekehrte Ehrlich-Aldehydprobe. Dabei gibt der Arzt einen Tropfen Urin zu einem Milliliter einer speziellen Lösung, dem sogenannten Ehrlich-Reagenz. Liegt eine akute intermittierende Porphyrie vor, ergibt sich eine kirschrote Farbe.

Porphyria cutanea tarda

Kennzeichnend ist eine vergrösserte Leber, die in der Regel tastbar ist. Bei der Ultraschalluntersuchung ist meist eine Fettleber oder eine Leberzirrhose zu erkennen. Manchmal ist eine Leberbiopsie aufschlussreich. Dabei entnimmt der Arzt unter örtlicher Betäubung mit einer Hohlnadel eine kleine Gewebeprobe.

Unter einer UV-Lampe fluoresziert die Gewebeprobe bei Porphyria cutanea tarda rot. Bei der mikroskopischen Untersuchung sind manchmal eine erhöhte Ansammlung von Eisen (Eisenspeicherkrankheit = Siderose) oder Anzeichen einer Fettleber, einer chronischen Leberentzündung oder einer Leberzirrhose erkennbar. Bei einer Blutuntersuchung sind häufig die Leberwerte verändert.

Erythropoetische Protoporphyrie 

Die beschriebenen Beschwerden ergeben oft schon den Verdacht auf eine erythropoetische Protoporphyrie. Dieser Verdacht lässt sich durch eine Blutanalyse bestätigen. Dabei untersucht der Arzt das Blut auf freies Protoporphyrin, eine Vorstufe von Häm. Auch mittels einer Stuhlprobe lässt sich Protoporphyrin nachweisen.

Behandlung

Es ist wichtig, die verschiedenen Porphyrien zu unterscheiden, da die Behandlung unterschiedlich verläuft. Für alle gilt: Der jeweilige Enzymdefekt ist genetisch bedingt und ist somit nicht heilbar. Die Therapie erfolgt daher symptomatisch, das heisst, nur die Beschwerden lassen sich lindern. Ziel ist es zudem, auslösende Faktoren zu vermeiden (Expositionsprophylaxe).

Akute intermittierende Porphyrie

Bei gesicherter Diagnose und schweren Schüben ist es oftmals notwendig, Betroffene intensivmedizinisch zu überwachen, da die Gefahr einer Atemlähmung besteht. Besonders wichtig ist es, Auslöser eines akuten Schubs auszuschalten, also zum Beispiel bestimmte Medikamente abzusetzen.

Zusätzlich verabreicht der Arzt Glukose oder Häm-Arginin über eine Infusion. Das bewirkt, dass der Körper die angereicherten Häm-Vorstufen ausscheidet. Bei Bauchkoliken erhalten Betroffene geeignete Medikamente wie Schmerzmittel und krampflösende Arzneimittel. Gegen Herzrasen und Bluthochdruck helfen beispielsweise Betablocker.

Seit 2020 steht zudem erstmals eine kausale Therapie zur Verfügung. Der Wirkstoff hemmt das Enzym, das den allerersten Schritt der Häm-Produktion ermöglicht. Dadurch verhindert es, dass sich die für die Porphyrie-Symptome verantwortlichen schädlichen Zwischenprodukte bilden und anhäufen.

Porphyria cutanea tarda

Bei Porphyria cutanea tarda hilft es oft schon, konsequent auf die auslösenden Faktoren wie Alkohol und Östrogen (wie in der Pille) zu verzichten. Zusätzlich sollten sich Betroffene mit Lichtschutzsalben und Kleidung vor der Sonne schützen.

Unter Umständen ist ein Aderlass hilfreich, bei dem der Arzt einmal pro Woche 500 Milliliter Blut ablässt. Ziel dabei ist es, das angesammelte Porphyrin aus der Leber auszuschwemmen. Bei einem Aderlass von insgesamt vier bis acht Litern normalisiert sich in den meisten Fällen der Zustand.

Bei schweren Verläufen empfiehlt sich eine Chloroquin-Therapie. Chloroquin, ursprünglich ein Medikament zur Behandlung der Malaria, bindet das Porphyrin. In dieser Form ist der Körper in der Lage, es über die Nieren ausscheiden.

Da Betroffene Sonnenlicht meiden sollten, entwickeln sie häufig einen Vitamin-D-Mangel, denn Vitamin D wird vor allem unter der Einwirkung von Sonnenlicht in der Haut gebildet. In diesem Fall verschreibt der Arzt zusätzlich ein Vitamin-D-Präparat.

Erythropoetische Protoporphyrie

Wichtige Massnahmen sind Lichtschutz durch Kleidung und spezielle Lichtschutzcremes bereits im Kindesalter. Ausserdem sollten Betroffene die auslösenden Faktoren (zum Beispiel Alkohol, Medikamente) so gut wie möglich meiden.

In seltenen Fällen lassen sich die Symptome der erythropoetischen Protoporphyrie durch die Einnahme von Beta-Carotin, einem orangefarbenen Naturfarbstoff, lindern. Es hilft, den durch Licht entstehenden reaktiven Sauerstoff in der Haut unschädlich zu machen und die Beschwerden zu bessern. Durch die Einnahme färbt sich die Haut meist leicht orange.

Der Wirkstoff Afamelanotid ermöglicht eine neue Therapie. Er regt die Bildung des Hautpigments Melatonin und damit die Hautbräunung an. Ein hoher Anteil an Melanin in der Haut verlängert häufig die Zeitspanne, die sich der Betroffene der Sonne aussetzen darf. Afamelanotid zeigt gute Ergebnisse und führt häufig zu einer deutlich verbesserten Lebensqualität.

Manche Menschen mit EPP leiden unter einer gestörten Leberfunktion. Betroffene erhalten dann Medikamente, die die Leber unterstüzten. In etwa zwei bis fünf Prozent der Fälle entwickelt sich eine Leberzirrhose, eine chronische Erkrankung der Leber. In diesem Fall ist unter Umständen eine Lebertransplantation nötig.

Auch bei der EPP kommt es häufig zu einem Vitamin-D-Mangel, der sich mit einem Vitamin-D-Präparat ausgleichen lässt.

Krankheitsverlauf und Prognose

Der Schweregrad der Porphyrie ist unterschiedlich. Für die meisten Betroffenen ist ein weitgehend normales Leben bei normaler Lebenserwartung möglich, wenn sie bestimmte Dinge beachten. Andere leiden unter starker, schmerzhafter Lichtempfindlichkeit und Leberfunktionsstörungen.

Akute intermittierende Porphyrie

Die meisten Betroffenen, die einen Schub oder mehrere Schübe erleiden, erholen sich wieder vollständig und müssen nur auf ein paar Vorsichtsmassnahmen achten. Bei weniger als zehn Prozent der Fälle treten sich häufig wiederholende Schübe auf. Kommt es zu Lähmungserscheinungen, dauert es oft mehrere Wochen bis viele Monate, bis sie sich zurückbilden.

Erythropoetische Protoporphyrie 

Patienten mit EPP sollten regelmässig (mindestens ein Mal im Jahr) zum Arzt gehen, um mittels Bluttest ihre Leber auf eine mögliche Schädigung durch angesammeltes Porphyrin untersuchen zu lassen. Dies ist unter anderem wichtig, da Betroffene ein erhöhtes Risiko für Leberkrebs haben. Auch Nierenschäden sind im späteren Krankheitsverlauf möglich.

Porphyria cutanea tarda

Der Verlauf dieser Porphyrie-Form ist in der Regel günstig, hängt jedoch davon ab, wie stark die Leber geschädigt ist und ob Betroffene bestimmte Medikamente als Auslöser konsequent meiden.

Vorbeugen

Einer Porphyrie lässt sich nicht vorbeugen, da die Erkrankung genetisch bedingt ist. Betroffene haben jedoch die Möglichkeit selbst einiges zu tun, um Porphyrie-Symptome zu vermeiden oder zu lindern.

Akute intermittierende Porphyrie

Die meisten akuten Schübe lassen sich durch konsequente Vorsichtsmassnahmen vermeiden.

Medikamente: Bestimmte Medikamente lösen akute Schübe aus. Betroffene sollten deshalb vor jeder Medikamenteneinnahme sowie bei der Anwendung von Hausmitteln oder Pflanzenstoffen vorher mit ihrem Arzt sprechen.

Alkohol: Für Betroffene ist es ratsam, Alkohol möglichst vollständig zu vermeiden.

Ernährung: Diäten oder Fasten führen manchmal zu einem akuten Schub. Es ist daher sehr wichtig, auf eine regelmässig Ernährung zu achten und sein Gewicht zu halten. Betroffene mit schwerer Porphyrie, die bereits mehrere Schübe erlitten haben, sollten sich von ihrem Arzt und einem Ernährungsberater unterstützen lassen.

Porphyria cutanea tarda und  erythropoetische Protoporphyrie

Wichtig bei beiden Porphyrie-Formen ist es, die Sonne möglichst zu meiden:

Kleidung: Eine einfache Sonnenschutzmassnahme besteht darin, langärmelige und dicht gewebte Kleidung, einen Hut, geschlossene Schuhe und Handschuhe zu tragen.

Sonnencreme: Normale Sonnencremes sind nicht geeignet, da sie zwar das Licht im UV-Bereich absorbieren, jedoch nicht den blauen Anteil des sichtbaren Lichts, der die Haut ebenfalls schädigt. Betroffene sollten daher ausschliesslich spezielle Lichtschutzcremes verwenden, die auf Titandioxid und Zinkoxid basieren, da diese vor UVA, UVB und sichtbarem Licht schützen.

Diese einfachen Massnahmen verringern das Risiko eines Porphyrie-Schubes. Die meisten Betroffenen haben nur ein bis zwei Schübe in ihrem Leben. Das Risiko, einen Schub zu erleiden, sinkt mit zunehmendem Alter – die Porphyrie verschwindet jedoch nie vollständig.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Dr. med. Mira Seidel
Dr. med.  Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

ICD-Codes:
E80
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