Polymyalgia rheumatica

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Die Polymyalgia rheumatica ist eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, die vor allem ältere Frauen trifft. Gängige Symptome sind Schmerzen im Schulter- und/oder Hüftbereich sowie allgemeine Beschwerden wie Abgeschlagenheit und Fieber. Eine frühzeitige Behandlung mit Kortison kann vielen Betroffenen helfen. Lesen Sie hier mehr über Ursachen und Symptome der Polymyalgia rheumatica sowie über die zugehörige Diagnostik, Behandlung und Prognose.

Ältere Dame mit Schulterschmerzen

Kurzübersicht

  • Was ist Polymyalgia rheumatica (PMR)? Entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankung (Immunsystem greift körpereigenes Gewebe an); umgangssprachlich entzündliches Weichteilrheuma oder Muskelrheuma genannt
  • Ursachen: Unbekannt. Möglicherweise sind genetische Faktoren und äussere Einflüsse (z.B. Infektionen) am Krankheitsausbruch beteiligt.
  • Symptome: Muskelschmerzen (vor allem im Schulter- und/oder Beckengürtelbereich), steife Muskeln und Gelenke am Morgen, allgemeine Beschwerden (z.B. Abgeschlagenheit, Fieber, Nachtschweiss, Gewichtsverlust, depressive Verstimmung)
  • Diagnose: Arzt-Patienten-Gespräch, körperliche Untersuchung, Blutuntersuchungen, Ultraschall (ACR-EULAR-Klassifikation der Polymyalgia rheumatica)
  • Therapie: Medikamente (Kortison, ggf. auch Methotrexat); bei Bedarf weitere Massnahmen zur Unterstützung (z.B. Physiotherapie, Ergotherapie).
  • Prognose: Frühzeitig erkannt ist Polymyalgia rheumatica meist gut behandelbar. Bei zu kurzer Kortisontherapie (< 1 Jahr) steigt das Risiko für einen Rückfall.

Polymyalgia rheumatica: Definition

Die Polymyalgia rheumatica (PMR) ist eine entzündliche Rheuma-Erkrankung. Im Volksmund verbreitet ist auch der Begriff Polymyalgie. Weil hierbei das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift, handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung.

Der Angriff des fehlgesteuerten Immunsystems bei PMR löst entzündliche Veränderungen etwa im Bereich der Schulter-, Oberarm-, Becken- und Oberschenkelmuskeln sowie des benachbarten Weichteilgewebes (wie Schleimbeutel) aus. Deshalb wird die Erkrankung umgangssprachlich auch entzündliches Weichteilrheuma oder Muskelrheuma genannt.

Weichteilrheuma und Muskelrheuma sind keine offiziellen Krankheitsnamen! Die Begriffe beschreiben vielmehr die schmerzhaften Beschwerden im jeweiligen Bereich.

Manche Menschen meinen mit "Weichteilrheuma" oder "Weichteilrheumatismus" das Fibromyalgie-Syndrom! Dabei handelt es sich aber nur um eine bestimmte Form von Weichteilrheuma (generalisiertes Weichteilrheuma).

Zusammenhang mit Riesenzellarteriitis

Die Polymyalgia rheumatica hängt eng mit einer weiteren Autoimmunerkrankung zusammen – der Riesenzellarteriitis, kurz RZA (früher auch Arteriitis temporalis, A. cranialis, A. capitis oder Morbus Horton genannt). In beiden Fällen kommt es zur autoimmun bedingten Gefässentzündung mittelgrosser und grosser Schlagadern (Arterien):

  • Polymyalgia rheumatica: Betroffen ist vorwiegend der Bereich von Schulter, Nacken und Oberarmen, meist erst später auch Beckengürtel und Oberschenkel. Entzündliche Veränderungen treten an der Schlagader unter dem Schlüsselbein (Arteria subclavia) auf. Diese Entzündung greift auf angrenzende Gelenke, Schleimbeutel und Sehnenscheiden über. Die Gefässentzündung selbst tritt eher in den Hintergrund (subklinische Vaskulitis).
  • Riesenzellarteriitis: Die Arterienentzündung steht stärker im Vordergrund und betrifft hauptsächlich Arterien des Schädels, meist die Schläfenarterie (A. temporalis). Entzündungszellen (Leukozyten) wandern in die Arterienwand ein. In der Folge bilden sich Riesenzellen – die Wand wird dicker und fester, die Durchblutung gestört.

Experten sind sich uneins, ob es sich bei Polymaylgia rheumatica und Riesenzellarteriitis tatsächlich um zwei unterschiedliche Erkrankungen handelt oder ob die PMR vielmehr eine mildere Form der RZA darstellt. Jedenfalls entwickeln manche Menschen mit Polymyalgia rheumatica auch eine Riesenzellarteriitis (etwa 20 Prozent). Umgekehrt weisen 40 bis 60 Prozent der Patienten mit RZA zusätzlich eine PMR auf. Grundsätzlich können beide Erkrankungen sowohl gleichzeitig auftreten als auch aufeinander folgen (zuerst PMR, dann RZA oder umgekehrt).

Polymyalgia rheumatica: Wer ist betroffen?

Die Polymyalgia rheumatica ist die zweithäufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung im höheren Lebensalter (nach der Rheumatoiden Arthritis). Am häufigsten erkranken Menschen zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr daran. Eine Erkrankung vor dem 50. Lebensjahr ist sehr selten.

Die meisten Patienten sind weiblich: Die Polymyalgia rheumatica kommt bei Frauen zwei- bis dreimal häufiger vor als bei Männern.

Unterschiede finden sich auch in der geographischen Verbreitung der Erkrankung: Innerhalb Europas kommt die Polymyalgia rheumatica im Norden häufiger vor als im Süden. Insgesamt ist die Erkrankung bei Europäern häufiger anzutreffen als bei Asiaten, Afroamerikanern und Latinos.

Polymyalgia rheumatica: Heilung & Prognose

Schnell überwunden ist eine Polymyalgia rheumatica nicht. Der Verlauf erstreckt sich im Allgemeinen über zwei bis vier Jahre. Manche Patienten leiden aber auch zehn Jahre oder noch länger daran. Wichtig ist deshalb, die Erkrankung möglichst früh zu erkennen und zu behandeln.

Die richtige medikamentöse Behandlung (Kortison) kann die Polymyalgia rheumatica unterdrücken, sodass der Patient keine Beschwerden mehr hat und die Laborwerte unauffällig sind. Im besten Fall bleibt das auch nach Absetzen der Medikamente so. Mediziner sprechen dann von "medikamentenfreier Remission".

Etwa 50 bis 70 Prozent aller Patienten mit Polymyalgia rheumatica sind nach Abschluss der Kortisontherapie beschwerdefrei. Dabei gilt: Die Chancen auf eine andauernde Beschwerdefreiheit lassen sich durch eine ausreichend lange Kortisontherapie erhöhen. Wer dagegen das Kortison weniger als zwölf Monate eingenommen hat, ist anfälliger für einen Rückfall.

Polymyalgia rheumatica: Ursachen

Die Ursache der Polymyalgia rheumatica ist bislang nicht bekannt. Experten vermuten, dass es eine genetische Veranlagung für die Erkrankung gibt. Vereinzelt tritt die Erkrankung nämlich familiär gehäuft auf. Es handelt sich jedoch nicht um eine klassische Erbkrankheit!

Neben Genen könnten zusätzlich äussere Faktoren am Ausbruch der Polymyalgia rheumatica beteiligt sein. Diskutiert werden beispielsweise Infektionen, etwa mit dem Parvovirus B19. Sie könnten die Fehlsteuerung des Immunsystems, die zu den beschriebenen entzündlichen Veränderungen führt, triggern.

Polymyalgia rheumatica: Symptome

Der Namensteil "Polymyalgie" kommt aus dem Griechischen und weist auf ein typisches Symptom der Erkrankung hin – viele Muskelschmerzen:

Die Betroffenen entwickeln innerhalb von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen starke und meist beidseitige (symmetrische) Schmerzen im Bereich der Schultern, des Nackens und der Oberarme. Die Beschwerden beruhen meist auf einer Schleimbeutelentzündung, seltener auf einer Entzündung der Bizepssehne oder der Gelenkschleimhaut (Synovitis). Auch die Bereiche von Hüfte, Oberschenkel und Lendenwirbelsäule können weh tun.

Die Schmerzen sind rund um die Uhr vorhanden – sowohl in Ruhe als auch bei Bewegung und Belastung. Oft verstärken sie sich nachts in der zweiten Nachthälfte und am Morgen. Nach einiger Zeit können die Schmerzen wellenförmig auftreten und sich verlagern.

Typisch bei Polymyalgia rheumatica ist auch eine ausgeprägte Morgensteifigkeit: Gelenke und Muskeln fühlen sich morgens über 45 Minuten lang steif an. Zusammen mit den Schmerzen fällt es Patienten deshalb schwer, aus dem Bett aufzustehen und sich anzuziehen.

Neben den Bewegungseinschränkungen leiden einige Patienten auch unter geschwollenen Gelenken. Davon können auch Gelenke betroffen sein, die entfernt von Schulter oder Becken liegen, meist der Hände und Knie. Entzündet sich die Gelenkschleimhaut der Handgelenke, entwickeln manche Patienten auch ein Karpaltunnelsyndrom.

Zusätzlich können bei Polymyalgia rheumatica allgemeine Symptome auftreten wie zum Beispiel:

  • Abgeschlagenheit, Müdigkeit
  • Antriebsschwäche
  • Fieber
  • Appetitmangel mit Gewichtsverlust, Übelkeit
  • Vermehrtes Schwitzen, insbesondere ausgeprägter Nachtschweiss
  • Depressive Verstimmung

Haben Patienten neben der Polymyalgia rheumatica auch eine Riesenzellarteriitis, kommen weitere Symptome hinzu wie etwa Kopfschmerzen (oft einseitig und im Schläfenbereich), Kauschmerzen sowie Sehstörungen. Weitere Symptome einer Riesenzellarteriitis finden Sie hier.

Der Verdacht auf eine Riesenzellarteriitis stellt einen Notfall dar, insbesondere bei Sehstörungen! Möglicherweise hat sich eine Entzündung der Augengefässe entwickelt. Ohne rasche ärztliche Therapie droht die Erblindung!

Polymyalgia rheumatica: Untersuchungen und Diagnose

Bei unklaren Beschwerden wie starken Schulter- und Nackenschmerzen mit Abgeschlagenheit und Fieber ist meist der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Vermutet dieser eine rheumatische Ursache, wird er Sie an einen Spezialisten überweisen. Das ist in der Regel ein Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, kurz Rheumatologe.

Es gibt keine einzelne, spezifische Untersuchung zum Nachweis einer Polymyalgia rheumatica. Die Diagnose stellt der Arzt auf Basis des Anamnesegesprächs, der Blut- und Ultraschalluntersuchungen. Dabei schliesst er andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen aus (wie Rheumatoide Arthritis, Polymyositis).

Anamnese

Der erste Schritt zur Abklärung Ihrer Beschwerden ist ein ausführliches Gespräch über Ihre Krankengeschichte (Anamnese). Der Arzt fragt Sie, welche Beschwerden Sie genau haben, seit wann diese bestehen und wie sie sich im Alltag bemerkbar machen (z.B. steife Gelenke am Morgen, vor allem nachts heftige Schulter- und Nackensschmerzen). Wichtig zu wissen ist für den Arzt auch, ob es Vor- oder Grunderkrankungen gibt und ob Sie bereits Medikamente einnehmen.

Körperliche Untersuchung

An das Gespräch schliesst sich eine allgemeine körperliche Untersuchung an. Sie gibt dem Arzt Hinweise auf Ihren allgemeinen Gesundheitszustand und trägt dazu bei, andere Erkrankungen als Ursache der Beschwerden auszuschliessen.

Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Arzt vor allem auf Ihre Gelenke. Hat sich durch die Polymyalgie die Gelenkinnenhaut entzündet (Synovitis), zeigen sich leicht geschwollene Gelenke (etwa an Händen oder Knie). Zudem testet der Arzt Ihre Beweglichkeit: Manche PMR-Patienten haben Schwierigkeiten, ihre Arme seitlich über 90 Grad anzuheben.

Blutuntersuchungen

Wie bei fast allen entzündlichen Erkrankungen lassen sich auch bei der Polymyalgia rheumatica auffällige Entzündungswerte im Blut feststellen: In der Regel sind bei einer PMR die Blutsenkungsgeschwindigkeit und/oder das C-reaktive Protein (CRP) angestiegen. Eventuell ist auch die Zahl der weissen Blutkörperchen (Leukozyten) erhöht. Zusätzlich finden Ärzte manchmal eine erhöhte Anzahl an Blutplättchen (Thrombozyten) und eine Verschiebung der Bluteiweisse.

Autoantikörper wie der Rheumafaktor, der bei Rheumatoider Arthritis und einigen anderen rheumatischen Erkrankungen meistens im Blut vorhanden ist, lassen sich bei Polymyalgia rheumatica typischerweise nicht nachweisen.

Ultraschall

Im Ultraschall können Ärzte die entzündlichen Veränderungen im Schulterbereich (z.B. Schleimbeutelentzündung) erkennen, die bei Polymyalgia rheumatica typischerweise auftreten. Röntgenbilder sind dagegen unauffällig. Sie zeigen höchstens alterstypische Veränderungen wie Gelenkverschleiss, aber keine Entzündungszeichen.

ACR-EULAR-Klassifikation der Polymyalgia rheumatica

Die Experten der Europäischen Liga gegen Rheuma (EULAR) und des American College of Rheumatology haben 2012 ein Punkteystem entwickelt, um die Diagnose einer Polymyalgia rheumatica zu unterstützen. Ärzte können diesen Score anwenden, wenn die Patienten

Die Kriterien selbst beziehen sich vor allem auf die Symptome einer Polymyalgia rheumatica, verschiedene Blutwerte und eine Ultraschalluntersuchung. Je nach Untersuchungsergebnissen sammelt der Betroffene Punkte, was ab einer entsprechenden Punktzahl für das Vorliegen einer Polymyalgia rheumatica spricht.

Weitere Untersuchungen bei Bedarf

Vermutet der Arzt zusätzlich oder alternativ eine Riesenzellarteriitis, kann eine Gewebeprobe (Biopsie) von Arterien aufschlussreich sein: Meist wird aus der Schläfenarterie ein Stück entnommen und mikroskopisch auf entzündliche Veränderungen untersucht. Bei Polymyalgia rheumatica liefert die Gefässbiopsie dagegen ein unauffälliges Ergebnis.

Manchmal sind weitere Untersuchungen zum Ausschluss anderer Erkrankungen notwendig. Ein Beispiel: Kommt als Ursache der Beschwerden neben der Polymyalgia rheumatica auch eine Polymyositis (eine Autoimmunerkrankung der Muskeln) in Betracht, kann eine Gewebeprobe der schmerzenden Muskeln weiterhelfen. Bei PMR ist eine solche Muskelbiopsie unauffällig. Bei Polymyositis finden sich in der Muskelprobe dagegen typische Veränderungen.

Im Unterschied zur Polymyositis sind zudem eine Elektromyografie (EMG), die die Muskelaktivität misst, und der Blutwert Creatinkinase üblicherweise unauffällig.

Steht die Diagnose Polymyalgia rheumatica fest, können weitere Untersuchungen zur Therapieplanung sinnvoll sein. Das kann zum Beispiel eine Knochendichtemessung sein. Die bei der Polymyalgia rheumatica notwendige Kortisontherapie kann nämlich Knochenschwund (Osteoporose) begünstigen beziehungsweise verstärken.

Polymyalgia rheumatica: Therapie

Die Polymyalgia rheumatica behandeln Ärzte mit Medikamenten. Zusätzlich können im Einzelfall weitere Therapiemassnahmen als Unterstützung sinnvoll sein.

Medikamente

Die Basis der Behandlung einer Polymyalgia rheumatica bildet immer die Gabe von Glukokortikoiden ("Kortison") wie Prednison. Es sollte damit gleich nach der Diagnose und in ausreichender Dosierung begonnen werden, um die Erkrankung und die Beschwerden möglichst schnell in den Griff zu bekommen.

Kortison

Glukokortikoide wie Prednison hemmen das Immunsystem und wirken dadurch Entzündungen entgegen. Patienten mit Polymyalgia rheumatica nehmen einmal täglich eine Kortisontablette ein, und zwar morgens. Dabei sollte die Dosierung so hoch wie nötig, aber so niedrig wie möglich sein:

Der Arzt beginnt die Therapie meist mit 15 bis 25 Milligramm Prednison pro Tag (die genaue Dosis wird individuell angepasst). Anschliessend kontrolliert er die Wirkung der Behandlung und die Krankheitsaktivität regelmässig. Nach einigen Wochen kann dann die Kortisondosis meist schrittweise verringert werden. Kommt es zu einem Rückfall (Rezidiv) der Polymyalgia rheumatica, erhöht der Arzt die Dosierung wieder.

Wie lange das Kortison insgesamt eingenommen werden muss, ist individuell verschieden. In der Regel empfehlen Experten eine Einnahme über mindestens ein Jahr. Grundsätzlich verordnet der Arzt die Kortison-Einnahme so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich. Der Grund: Bei längerer Anwendung kann Kortison einige Nebenwirkungen wie Knochenschwund (Osteoporose) verursachen. Deshalb achtet der Arzt während der Behandlung auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und Kalzium (beides wichtig für starke Knochen). Falls nötig, verschreibt er entsprechende Präparate.

Bei (zusätzlicher) Riesenzellarteriitis erfolgt die Kortisontherapie umgehend und in höherer Dosierung, da sonst die Gefahr einer Erblindung besteht!

Methotrexat

Wenn bei Patienten mit Polymyalgia rheumatica ein Rückfall sehr wahrscheinlich und/oder eine hochdosierte und lange Kortisontherapie nötig ist, verordnet der Arzt oft zusätzlich Methotrexat. Dadurch kann die Kortisondosis in der Regel verringert und so deren Nebenwirkungen vorgebeugt werden.

Eine kombinierte Therapie mit Kortison und Methotrexat kommt auch dann in Betracht, wenn bei Polymyalgia rheumatica Schübe wiederholt auftreten. Das Gleiche gilt, wenn bereits Begleiterkrankungen (z.B. Osteoporose, Diabetes) bestehen oder Kortison nicht ausreichend wirkt.

Andere Medikamente bei Polymyalgie

Um die Dosis einer Kortisontherapie und damit mögliche Nebenwirkungen zu verringern, haben Wissenschaftler in verschiedenen Studien unter anderem den monoklonalen Antikörper Tocilizumab bei Polymyalgia rheumatica (und Riesenzellarteriitis) untersucht. Die bisherigen Ergebnisse deuten auf einen Nutzen in der PMR-Therapie hin. Tocilizumab könnte also vor allem Patienten helfen, die kein Methotrexat bekommen können oder auch unter einer Kombinationstherapie weiterhin Beschwerden haben.

Aufgrund der begrenzten Studienlage gibt es in den aktuell gültigen Leitlinien keine offizielle Empfehlung für den Einsatz von Tocilizumab!

TNF-alpha-Blocker, die zum Beispiel bei der Rheumatoiden Arthritis regelmässig angewendet werden, haben sich bei der Polymyalgia rheumatica in mehreren Studien als nicht wirksam erwiesen.

Sonstige Massnahmen

Während der Behandlung der Polymyalgia rheumatica sind regelmässige Kontrolluntersuchungen sehr wichtig. Im ersten Jahr werden sie alle vier bis acht Wochen angesetzt. Im zweiten Jahr sind sie alle acht bis zwölf Wochen empfohlen. Auf diese Weise kann der behandelnde Arzt schnell auf Veränderungen reagieren.

Suchen Sie zeitnah Ihren Arzt auf, wenn Ihre Beschwerden zunehmen oder Nebenwirkungen der Behandlung auftreten.

Falls nötig, können Patienten mit Polymyalgia rheumatica psychosomatische oder psychotherapeutische Unterstützung erhalten – etwa wenn sie aufgrund der Erkrankung sehr unter einer depressiven Verstimmung leiden.

Vor allem bei älteren und gebrechlichen Menschen verordnet der behandelnde Arzt eine begleitende Physiotherapie und Ergotherapie. Damit will man verhindern, dass die Patienten im Laufe der schmerzhaften Erkrankung dauerhaft an Beweglichkeit einbüssen.

Weil die Patienten anfälliger für Infektion sind, ist ein ausreichender Impfschutz wichtig. Das erhöhte Infektionsrisiko ergibt sich zum einen durch die entzündlich-rheumatische Erkrankung selbst. Zum anderen unterdrückt die Kortisonbehandlung das Immunsystem. Holen Sie deshalb fehlende Impfungen nach, am besten noch vor Therapiebeginn. Manche dürfen nämlich nicht während einer hochdosierten Kortisonbehandlung verabreicht werden (Lebendimpfstoffe wie gegen Masern oder Röteln). Kein Problem ist dagegen die Verabreichung von Totimpfstoffen (etwa gegen Grippe oder Pneumokokken).

Tipps bei Polymyalgia rheumatica

  • Schliessen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an – der Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen, mit der schmerzhaften Erkrankung besser zurecht zu kommen.
  • Vermeiden Sie Übergewicht beziehungsweise Fettleibigkeit (Adipositas).
  • Achten Sie bei Polymyalgia rheumatica auf eine Ernährung, die abwechslungsreich und ausgewogen ist. Zu empfehlen ist etwa die Mittelmeerkost (mediterrane Ernährung), die reich an Gemüse, Obst und wertvollen Pflanzenfetten ist, während Fleisch nur in Massen auf den Tisch kommt.
  • Achten Sie darauf, dass ihr Körper ausreichend mit Kalzium und Vitamin D versorgt ist.
  • Rauchen Sie nicht bei Polymyalgia rheumatica und Alkohol sollten Sie höchstens in Massen konsumieren.
  • Machen Sie regelmässig Ausdauersport. Gehen Sie zum Beispiel dreimal in der Woche jeweils eine halbe Stunde laufen, radfahren oder schwimmen.
  • Nehmen Sie die regelmässigen Kontrolluntersuchungen wahr.

Mit diesen Tipps können Sie Ihre Lebensqualität trotz Polymyalgia rheumatica steigern und den Erfolg der medikamentösen Behandlung unterstützen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
M31M35
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • AMBOSS - Fachwissen für Mediziner: "Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis", unter: www.amboss.com (Abruf: 25.06.2020)
  • Berufsverband Deutscher Internisten e.V.: "Polymyalgia rheumatica: Was ist das?", unter: www.internisten-im-netz.de (Abruf: 25.06.2020)
  • Deutsche Rheuma-Liga: "Impfungen: Was Rheuma-Betroffene wissen müssen", unter: www.rheuma-liga.de (Abruf: 25.06.2020)
  • Deutsche Rheuma-Liga: Merkblatt "Polymyalgia rheumatica / Riesenzellarteriitis", 7. Auflage, 2016, unter: www.rheuma-liga.de
  • MSD Manual - Ausgabe für medizinische Fachkreise: "Polymyalgia rheumatica", unter: www.msdmanuals.com (Abruf: 25.06.2020)
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 25.06.2020)
  • S3-Leitlinie "Behandlung der Polymyalgia rheumatica" der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (Stand: 2017)
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