Pocken – Impfung

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Die Pockenimpfung ist eine Schutzimpfung gegen das menschliche Pockenvirus „Variola“, an dem im Laufe der Jahrhunderte Millionen Menschen starben. Mit einer weltweiten Impfkampagne gelang es, die gefürchtete Krankheit auszurotten. Informieren Sie sich hier zu Wirkung, Risiken und Einsatz der Impfung sowie zur Pocken-Impfpflicht.

Afrikanischer Junge erhält Pocken-Impfung

Kurzübersicht

  • Beschreibung: Impfschutz vor dem menschlichen Pockenvirus Variola, aber auch vor den verwandten Affenpocken. Heute risikoärmerer Impfstoff aus nicht vermehrungsfähigen Lebendviren.
  • Pocken-Impfpflicht: Mitte des 20. Jahrhunderts Impfobligatorium in der Schweiz.
  • Nebenwirkungen und Folgeschäden: Impfstoff (in der Schweiz nicht zugelassen) gut verträglich, Nebenwirkungen v.a. Kopfschmerzen, Übelkeit, Muskel- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Reaktionen an der Injektionsstelle.
  • Verabreichung: Zwei Dosen im Abstand von 28 Tagen, für pockengeimpfte Personen über 50 Jahren 1 Dosis

Was ist die Pockenimpfung?

Eine Pockenimpfung ist eine Schutzimpfung gegen das hochgefährliche menschliche Pockenvirus Variola. Wegen der engen Verwandtschaft der Virenstämme wirkt sie auch gegen die Affenpocken.

Aufgrund einer solchen nahen Verwandtschaft konnte auch der britische Arzt Edward Jenner Ende des 18. Jahrhunderts den ersten Impfstoff von infizierten Kühen aber auch, wie neuere Untersuchungen ergaben, von Pferden gewinnen. Deren Erreger sind für den Menschen weitgehend ungefährlich. Inspiration für die medizinische Neuentdeckung waren wohl Melkerinnen, die an Kuhpocken erkrankten und anschliessend bei Variola-Ausbrüchen nicht erkrankten.

Den Wildtyp dieser tierischen Viren entwickelten Jenner und Kollegen sowie Nachfolger zu einem Lebendimpfstoff auf Basis des Vacciniavirus weiter. Von diesem stammt auch der heutige moderne Impfstoff namens Imvanex ab, der deutlich weniger Nebenwirkungen verursacht. Er enthält eine abgewandelte Form des Vacciniavirus: „Ankara“.

Dieses kann sich im menschlichen Körper nicht weitervermehren. Daher ist die Impfung besser verträglich als die früheren mit vermehrungsfähigen Virusvarianten. In den USA ist das Vakzin offiziell auch gegen Affenpocken zugelassen. Von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) wird eine entsprechende Zulassung geprüft. Innerhalb der EU wird bereits „off-label“ gegen Affenpocken verimpft. In der Schweiz ist der Impfstoff nicht zugelassen.

Mehr dazu lesen Sie im Beitrag Affenpockenimpfung.

Pocken-Impfpflicht

Zwischen 1944 und 1948 erklärte der Bundesrat die Pockenimpfung für die gesamte Schweiz für obligatorisch. 1972 stellte die Schweiz die Impfungen gegen Pocken wieder ein. Im Mai 1980 verkündete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die vollständige Ausrottung des Pockenvirus.

Keine erneute Pockenimpfpflicht in Sicht

Dass jetzt angesichts der vermehrt auftretenden Affenpockenfälle eine erneute Pockenimpfpflicht beschlossen werden könnte, scheint ausgeschlossen. Die Affenpocken sind weniger ansteckend und viel ungefährlicher als das an den Menschen angepasste Pockenvirus.

Alle seit Mai in Europa beobachteten Fälle sind bisher genesen, wenige mussten wegen Komplikationen ins Krankenhaus. Gestorben ist bislang kein Patient.

Wie wurden die Pocken ausgerottet?

Dank der weltweiten Impfkampagne gelten die Pocken seit 1979 offiziell als ausgerottet. 1977 trat der bislang weltweit letzte bekannte Fall einer Variola-Infektion in Somalia auf.

Die Ausrottung der Pocken war möglich, weil Variola-Viren nur in Menschen vorkommen. Dementsprechend bilden sich keine Virenreservoirs in tierischen Wirten, die immer wieder überspringen könnten. Offiziell halten weltweit lediglich zwei Hochsicherheitslabore noch Pockenviren in ihren Beständen.

Da nicht auszuschliessen ist, dass es in abgelegenen Regionen der Welt doch noch Reservoirs des Virus gibt oder dass es heimliche Bestände gibt, die zu Angriffszwecken genutzt werden könnten, werden weiterhin weltweit grössere Mengen an Pockenimpfstoff vorgehalten. Dabei handelt es sich allerdings vorwiegend um den alten Pockenimpfstoff.

Nebenwirkungen und Folgeschäden der Pockenimpfung

Die aktuelle Impfstoff Imvanex (keine Zulassung in der Schweiz), der derzeit auch gegen die Affenpocken eingesetzt wird, gilt als gut verträglich. Häufige, typische vorübergehende Impfreaktionen äussern sich durch Kopfschmerzen, Übelkeit, Muskelschmerzen, Gliederschmerzen, Müdigkeit sowie Reaktionen an der Injektionsstelle.

Imvanex enthält zwar Lebendviren. Diese können sich allerdings im menschlichen Körper – anders als die Impfviren in früheren Pockenimpfungen – nicht vermehren.

Die Impfung, die bis in die 80er Jahre verabreicht wurden, ging im Gegensatz zum modernen Impfstoff noch mit vergleichsweise hohen Risiken einher. Etwa einer von 1.000 Geimpften musste anschliessende medizinisch behandelt werden, etwa 30 von einer Million Geimpfter erlitt dauerhafte Pockenimpfungs-Schäden, ein bis zwei Geimpfte pro eine Million starb.

Wie wird geimpft?

Der neuere Pockenimpfstoff wird über eine subkutane Injektion in den Oberarm verabreicht. Zugelassen ist er für Erwachsene ab einem Alter von 18 Jahren. Für die Immunisierung sind zwei Dosen im Abstand von 28 Tagen nötig.

Derzeit ist unklar, wie lange der Impfstoff wirkt. Genaue Angaben zu einer Auffrischungsimpfung gibt es daher nicht. Grund dafür ist, dass Imvamex nie „in freier Wildbahn“ getestet werden konnte, da es keine menschlichen Pockenfälle gab. Auch die Angaben zur Wirksamkeit beruhen auf Labortests – daher kann die Schutzwirkung in realen Situationen abweichen.

Der moderne Pockenimpfstoff wird vor allem zur Eindämmung der Affenpocken eingesetzt. Mehr dazu lesen Sie im Artikel Affenpocken-Impfung.

Pockenimpfungen bis in die 1970er Jahre

Im 18. Jahrhundert verwendeten die Impfärzte für die Impfung Flüssigkeit, die sie direkt aus den Pusteln erkrankter Patienten entnommen hatten. Das riskante Verfahren wurde später durch Impfungen mit Kuh- oder Pferdepocken abgelöst, die beim Menschen deutlich milder verlaufen – beziehungsweise deren Weiterzüchtungen.

Die Immunisierung erfolgte damals nicht mit einer Spritze. Stattdessen wurden den Kindern bis in die 1970er Jahre mithilfe einer Lanzette, die zuvor un Impflymphe getaucht wurde, kleine Schnitte am Oberarm beigebracht. Durch diese Technik liess sich eine deutlich solide Immunantwort erzielen.

An der Impfstelle entwickelte sich anschliessend eine Pustel, die verkrustete und dann die charakteristische kreisförmige Impfnarbe hinterliess.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

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Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

ICD-Codes:
B03
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Affenpocken, RKI, unter www.rki.de, Stand: 29.6.2022
  • Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Vom Erreger zur Pandemie, Stand: 18.06.2020, unter www.sozialministerium.at (Abrufdatum: 08.07.2022)
  • Dr. Sabine Schlegelmilch: Impfen II, Deutsches Medizinhistorisches Museum, 06.04.2020
  • Historisches: Die gesetzliche Impfpflicht in der DDR, Statistik/Berlin Brandenburg, Stand 28.04.2022
  • Imvanex (modifiziertes Vacciniavirus Ankara, lebend), EMA, unter www.ema.europa.eu, Stand Mai 2019
  • Informationsplattform für Impffragen (Infovac), Epidemien, Stand: 27.09.2021, unter: www.infovac.ch (Abrufdatum: 08.07.2022)
  • Livia Schrick et al.: An Early American Smallpox Vaccine Based on Horsepox N Engl J Med 2017; 377:1491-1492, 12. Okt 2017, DOI: 10.1056/NEJMc1707600
  • Smallpox: Prevention and Treatment, CDC, Stand 18. Okt 2021
  • Stefanie Grossmann: Staatlich verordneter Schutz: Impfpflicht damals und heute, NDR, unter www.ndr.de, Stand: 03.06.2022
  • Stephen R Walsh et al.: Vaccinia viruses: vaccines against smallpox and vectors against infectious diseases and tumors, National Library of Medicine, Expert Rev Vaccines. 2011 Aug; 10(8): 1221–1240, doi: 10.1586/erv.11.79
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