Ornithose

Von 
Dr. med. Fabian Dupont

Fabian Dupont ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Der Humanmediziner ist bereits für wissenschaftliche Arbeiten unter anderem Belgien, Spanien, Ruanda, die USA, Großbritannien, Südafrika, Neuseeland und die Schweiz. Schwerpunkt seiner Doktorarbeit war die Tropen-Neurologie, sein besonderes Interesse gilt aber der internationalen Gesundheitswissenschaft (Public Health) und der verständlichen Vermittlung medizinischer Sachverhalte.

Alle NetDoktor.ch-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Die Ornithose (Papageienkrankheit) ist eine Chlamydien-Infektion bei Vögeln, die auch den Menschen befallen kann. Die Übertragung erfolgt vor allem durch Papageien, Rabenvögel, Tauben und Truthähne. Die Ornithose führt beim Menschen zu grippalen Symptomen, die bis zu einer Lungenentzündung reichen. Sie ist in der Schweiz eher selten. Unbehandelt kann sie tödlich enden. Hier lesen Sie alles Wichtige zur Ornithose.

Ornithose

Ornithose: Beschreibung

Die Ornithose (Papageienkrankheit) wird von dem Bakterium Chlamydia psittaci (früher: Chlamydophila psittaci) ausgelöst. Ursprünglich ging man davon aus, dass die Papageienkrankheit ausschliesslich durch Papageien übertragen wird. Von dieser Annahme leitet sich der historische Name der Ornithose ab: Psittakose, nach dem griechischen Wort psittakos für Papagei. Inzwischen weiss man, dass auch andere Vögel die Erkrankung übertragen können. Daher wird sie heute als Ornithose verwendet (griech. ornis = Vogel).

Die Ornithose kommt weltweit vor. In den Industrienationen scheint sie über die letzten Jahrzehnte leicht zugenommen zu haben. Diese Veränderung wird dem vermehrten Import exotischer Vögel zugeschrieben. Hierzulande stellen Papageien und Wellensittiche - beide keine heimischen Tiere - die häufigste Infektionsquelle dar. An zweiter Stelle folgt die weitverbreitete Taube, die vor allem in Städten zu finden ist. Auch Enten und Truthähne können die Ornithose übertragen; dies passiert allerdings seltener.

Auch wenn eine Übertragung von Mensch zu Mensch generell möglich ist, kommt sie selten vor. Wird die Krankheit jedoch direkt auf diesem Weg übertragen, ist ein schwerwiegender Verlauf häufig - die Betroffenen werden sehr krank.

In der Schweiz besteht derzeit für die Ornithose bei Menschenkeine Meldepflicht, wohl aber bei infizierten Tieren.

Infektionsweg der Ornithose

Eine Ornithose kann man erkranken, wenn man infektiösen Staub einatmet - Staub, der Partikel von Vogelkot oder anderen Sekreten (Augen, Nase) enthält, die mit Chlamydia psittaci kontaminiert sind. Diese Bakterien sind sehr anspruchsvoll, was ihre Umgebung angeht. Sie können nur unter ganz bestimmten Bedingungen überleben. Diese Bedingungen finden sie etwa im menschlichen Atemtrakt vor. Hier dringen die Bakterien erfolgreich in die Zellen der Lungenoberfläche ein, vermehren sich und lösen eine Infektion aus. Dabei kommt es in den meisten Fällen zu einer Entzündungsreaktion, die bis zu einer Lungenentzündung reichen kann.

Die Tröpfcheninfektion ist der häufigste Weg, sich zu infizieren. Selten kommen auch Schmierinfektionen vor. In diesem Fall wird die Ornithose durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Kot übertragen.

Ornithose: Symptome

Nicht alle Menschen, die sich mit dem Ornithose-Bakterium infizieren, entwickeln auch Symptome. Wenn sie es aber tun, dann meist ein bis zwei Wochen nach der Ansteckung. Diese Zeitspanne zwischen Ansteckung und Krankheitsausbruch nennt man Inkubationszeit. In dieser Zeit vermehrt sich das Bakterium im menschlichen Körper, ohne dass der Betroffene etwas davon merkt.

In der Regel macht sich die Ornithose dann zuerst durch grippale Symptome bemerkbar - der Patient bekommt plötzlich Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Ein uncharakteristischer Hautausschlag (Exanthem) kann hinzukommen. Trockener Reizhusten, Kurzatmigkeit, Atemnot und Schmerzen beim Atmen deuten auf eine Lungenentzündung hin. Halsschmerzen sowie geschwollene Halslymphknoten sind ebenfalls häufig bei der Ornithose.

Mögliche Komplikationen

Bei schweren Verläufen breitet sich der Erreger auch auf andere Organe aus. Beispielsweise drohen bei Befall des Zentralen Nervensystems Bewusstseinsstörungen. Auch eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis), Herzbeutelentzündung (Perikarditis) und eine Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) sind möglich. Eine solche Ausbreitung der Ornithose-Erreger im Körper ist allerdings selten.

Ornithose: Ursachen und Risikofaktoren

Die Ornithose wird hauptsächlich von Vögeln auf den Menschen übertragen. Es sind allerdings auch andere Säugetiere (Schafe, Katzen, Rinder) als Infektionsquelle beschrieben. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist in Ausnahmefällen möglich, allerdings sehr selten.

Die Papageienkrankheit kommt weltweit vor, ist aber insgesamt selten.

Menschen, die täglich viel Kontakt mit exotischen Vögeln oder aber Tauben haben, tragen ein erhöhtes Risiko für die Papageienkrankheit. Der Kontakt zu kranken und neu importierten Vögeln stellt zusätzlich einen Risikofaktor dar. Die Ornithose tritt vermehrt bei Menschen mittleren Alters auf, da sie am häufigsten beruflich Kontakt zu den betroffenen Vögeln haben.

Wer in der Schweiz exotische Vögel züchtet oder zur Schau stellt, ist dazu verpflichtet, alle verendeten Tiere zur Abklärung der Todesursache an eine vom Kantonstierarzt bezeichnete Untersuchungsstelle zusenden.

Ornithose: Untersuchungen und Diagnose

Besteht der Verdacht auf eine Ornithose, führt der Weg zum Hausarzt beziehungsweise zum Lungenfacharzt. Im Gespräch erhebt dieser zuerst die Krankengeschichte des Patienten (Anamnese). Mögliche Fragen dabei sind:

  • Haben Sie beruflich mit Vögeln zu tun?
  • Hatten Sie Kontakt zu Papageien oder Wellensittichen?
  • Haben Sie Fieber?
  • Fühlen Sie Kopf- oder Muskelschmerzen?
  • Leiden Sie unter Reizhusten?
  • Tut Ihnen beim Husten die Brust weh?

Bei der anschliessenden körperlichen Untersuchung kann der Arzt bei einer Ornithose in den meisten Fällen eine vergrösserte Milz (Splenomegalie) ertasten. Auf einem Röntgenbild der Lunge sieht man häufig Anzeichen einer atypischen Lungenentzündung.

Um den Verdacht einer Ornithose zu erhärten, nimmt der Arzt eine Blutprobe. Im Labor wird sie auf spezifische Antikörper gegen den Erreger untersucht. Ausserdem sind bei einer Ornithose einige Blutwerte verändert (wie verminderte Anzahl an weissen Blutkörperchen, erhöhte Blutsenkung).

Ornithose: Behandlung

Die Papageienkrankheit wird hauptsächlich mit Antibiotika behandelt, die über zehn bis 21 Tage eingenommen werden müssen. Bei Erwachsenen wird für die Therapie hauptsächlich der Wirkstoff Doxycyclin eingesetzt - ausser bei schwangeren Frauen (wegen der möglichen Nebenwirkungen). Sie werden stattdessen meist mit einem anderen Antibiotikum behandelt wie Erythromycin. Das Gleiche gilt bei Kindern. In der Regel ist die antibiotische Behandlung sehr effizient und schlägt schnell an.

Ornithose: Krankheitsverlauf und Prognose

Nicht jeder, der sich mit der Psittakose infiziert, entwickelt zwangsläufig eine Lungenentzündung. Mögliche Verläufe reichen von keinen Symptomen bis hin zu schweren Lungenentzündungen. In manchen Fällen kommt es auch zu typhus-ähnlichen Magen-Darm-Beschwerden mit Erbrechen, Durchfall und Bauchkrämpfen.

Die Prognose der Ornithose ist bei rechtzeitiger, adäquater Therapie sehr gut. Die Sterblichkeit liegt unter einem Prozent. Vor dem Einsatz von Antibiotika lag die Sterblichkeit der Ornithose bei 15 bis 20 Prozent.

Es ist wichtig, dass die Antibiotika-Therapie bis zum Ende durchgeführt wird. Viele Patienten neigen dazu, die Medikamenteneinnahme vorzeitig abzubrechen, sobald sie sich besser fühlen. Dann besteht aber das Risiko eines Rückfalls. Eine konsequente Therapie ist für eine erfolgreiche Behandlung der Ornithose unbedingt zu empfehlen.

Autoren- & Quelleninformationen

Jetzt einblenden
Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Dr. med. Fabian Dupont
Dr. med.  Fabian Dupont

Fabian Dupont ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Der Humanmediziner ist bereits für wissenschaftliche Arbeiten unter anderem Belgien, Spanien, Ruanda, die USA, Großbritannien, Südafrika, Neuseeland und die Schweiz. Schwerpunkt seiner Doktorarbeit war die Tropen-Neurologie, sein besonderes Interesse gilt aber der internationalen Gesundheitswissenschaft (Public Health) und der verständlichen Vermittlung medizinischer Sachverhalte.

ICD-Codes:
J17A70
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Arastéh, K. et al.: Duale Reihe Innere Medizin, Thieme Verlag, 4. Auflage 2018
  • Balsamo. G. et al.: "Compendium of Measures to Control Chlamydophila psittaci Infection among Humans (Psittacosis) and Pet Birds (Avian Chlamydiosis), 2017" in: Journal of Avian Medicine and Surgery, 01 Sep 2017, 31(3):262-282
  • Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV): Chlamydiose der Vögel beim Tier und beim Menschen, unter: www.blv.admin.ch (Abrufdatum: 08.03.2022)
  • Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV): Chlamydiose der Vögel, unter: www.blv.admin.ch (Abrufdatum: 08.03.2022)
  • Bundesamt für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: Ornithose (Psittakose, Papageienkrankheit) - Informationen für medizinisches Fachpersonal, unter: www.sozialministerium.at (Abrufdatum: 08.03.2022)
  • Bundesamt für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: Ornithose (Psittakose, Papageienkrankheit), unter: www.sozialministerium.at (Abrufdatum: 08.03.2022)
  • Greten, H. et al.: Innere Medizin, Thieme Verlag, 13. Auflage 2010
  • Hof, H. & Schlüter, D.: Medizinische Mikrobiologie, Thieme Verlag, 7. Auflage 2019
  • Löscher, T. & Burchard, G.-D.: Tropenmedizin in Klinik und Praxis mit Reise- und Migrationsmedizin, Thieme Verlag, 4. Auflage, 2010
  • Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): Psittakose (Papageienkrankheit), unter: www.ages.at (Abrufdatum: 08.03.2022)
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 12.05.2021)
  • Publikationsplattform des Bundesrechts (Fedlex): Tierseuchenverordnung (TSV), unter: www.fedlex.admin.ch (Abrufdatum: 08.03.2022)
  • Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber "Chlamydiosen (Teil 2): Erkrankungen durch Chlamydia psittaci, Chlamydia pneumoniae und Simkania negevensis" (Stand: 2010), unter: www.rki.de
  • Smith, K. A. et al.: "Compendium of measures to control Chlamydophila psittaci (formerly Chlamydia psittaci) infection among humans (psittacosis) and pet birds" in: J Am Vet Med Assoc February 15, 2005, Vol. 226, No. 4 , Pages 532-539
Teilen Sie Ihre Meinung mit uns
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie NetDoktor einem Freund oder Kollegen empfehlen?
Mit einem Klick beantworten
  • 0
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
0 - sehr unwahrscheinlich
10 - sehr wahrscheinlich